Akte Atlantis
ein ebenmäßiges Gesicht mit einem spitzen Kinn und dunkelblaue Augen, die ständig in Bewegung waren.
Er traf sich zu einer Besprechung mit Colonel Wittenberg und General Bill Guerro, der von Washington zur Okuma Bay geschickt worden war, um Wittenberg abzulösen und die zunehmend schwieriger werdenden Aufgaben vor Ort zu übernehmen. Cunningham erklärte sich nach Rücksprache mit dem Oberkommando der Marine bereit, ihm das Schiff mitsamt der Besatzung zur Verfügung zu stellen.
Cunningham, der sich Pitt von Wittenberg hatte beschreiben lassen, entdeckte den Mann von der NUMA. Er ging zu ihm und stellte sich vor. »Mr. Pitt, wir haben uns über Funk unterhalten, aber kennen gelernt haben wir uns noch nicht. Ich bin Evan Cunningham, Kommandeur der
Tucson
.«
»Es ist mir eine Ehre, Commander. Endlich kann ich mich bei Ihnen persönlich für die Rettung der
Polar Storm
und ihrer Besatzung bedanken.«
»Reine Glückssache. Wir waren zufällig zur rechten Zeit am rechten Ort.« Er grinste breit. »Dürfte heutzutage nicht mehr allzu viele Kommandeure in der Navy geben, die von sich sagen können, dass sie ein deutsches U-Boot versenkt haben.«
»Bestimmt nicht, und wenn, dann sind sie längst im Altersheim.«
»Apropos U-Boote. Haben Sie gewusst, dass in dem Eisbunker noch vier weitere liegen?«
Pitt nickte. »Ich habe sie mir heute Morgen kurz angeschaut.
Die sehen aus wie neu, als wären sie gerade vom Stapel gelaufen.«
»Meine Maschinenraumcrew ist an Bord gegangen und hat sich umgesehen. Die waren mächtig beeindruckt von den technischen Fähigkeiten der damaligen Ingenieure, die das alles zu einer Zeit gebaut haben, als ihre Großeltern noch zur Schule gingen.«
»Den Jungs geht’s so wie unseren Eltern mit dem Bürgerkrieg. Wenn man nach 1980 geboren is t, muss es einem so vorkommen, als wäre der Zweite Weltkrieg eine Ewigkeit her.«
Pitt entschuldigte sich und musterte die Passagiere, die gerade aus einer Boeing 737 stiegen, die vor dem Hangar ausgerollt war. Eine Frau mit einer Strickmütze, unter der eine wallende rote Haarmähne hervorquoll wie ein feurig funkelnder Wasserfall, blieb einen Moment stehen und betrachtete verwundert das hektische Treiben rundum.
Dann entdeckte sie ihn und strahlte plötzlich.
Pitt ging auf sie zu, doch er wurde von Giordino überholt, der an ihm vorbeirannte, Pat O’Connell in die Arme schloss, sie mühelos hochhob, als wäre sie ein Daunenkissen, und wild herumschleuderte. Dann küssten sie sich leidenschaftlich.
Pitt sah ihnen verdutzt zu. Als Giordino Pat wieder absetzte, blickte sie zu ihm und winkte. Pitt küsste sie kurz auf die Wange und trat zurück. »Ist mir da irgendwas entgangen, oder habt ihr zwei was miteinander?«
Pat lachte fröhlich. »Al und ich haben einander in die Augen geschaut, als wir in Buenos Aires waren, und uns ist etwas Wunderbares widerfahren.«
Er schaute Giordino an. »Und zwar?«
Pitt wirkte nicht mehr verdutzt. Er war wie vom Donner gerührt. »Du hast dich verliebt?«
Giordino zuckte die Achseln und lächelte. »Ich kann’s nicht erklären. Ich habe so was noch nie erlebt.«
»Heißt das, dass du aussteigst?«
»Mein Lieber, wir zwei haben allerhand durchgemacht, lauter wilde Sachen, an die ich mich größtenteils gar nicht mehr erinnern mag. Es ist das reinste Wunder, dass wir überhaupt noch am Leben sind, und wir beide haben dabei unsere Narben davongetragen. Wir müssen den Tatsachen ins Auge blicken.
Wir werden nicht jünger. Mir tun allmählich die Knochen weh, wenn ich morgens aufstehe. Wir müssen langsamer treten.« Er hielt inne und grinste. »Und außerdem muss ich natürlich auch an Mama Giordino denken.«
»Du hast eine Mutter?«, neckte Pat ihn.
»Mit Mama wirst du prima klarkommen«, sagte Giordino.
»Mama hat gesagt, ich darf nicht ewig Junggeselle bleiben.
Schließlich soll ich ihr irgendwann mal kleine Giordinos bescheren, damit sie sie mit ihrer berühmten Lasagne aufpäppeln kann.«
»Dann müssen wir uns aber ranhalten.« Pat lachte. »Ich bin fünfunddreißig. Da bleibt nicht mehr viel Zeit, wenn wir noch Nachwuchs haben wollen.«
»Du hast doch Megan«, sagte Pitt.
»Ja, und sie ve rehrt Al.«
Pitt schüttelte verwundert den Kopf. »Megan mag diesen aberwitzigen Kerl?«
»Wieso auch nicht?«, sagte Pat. »Er hat ihr das Leben gerettet.«
Pitt wies nicht darauf hin, dass er ebenfalls an der Rettungsaktion beteiligt gewesen war. Er verlor auch kein Wort darüber, dass er für Pat mehr
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