Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen
dunklen Wellen auf ihre Schultern. Der Duft von Seife und Shampoo durchdrang die Schatten. Es erinnerte ihn an seine Frau, an die Düfte und die feminine Sanftheit. Er stand da und wurde von einem Verlangen gepackt, das er seit sehr langer Zeit nicht gefühlt hatte, von dem Verlangen nach Wärme und Liebe einer Frau. Nicht irgendeiner Frau. Er war nicht wie Jack, dem ein weicher Körper mit der richtigen Ausstattung genügte. Victor wollte Herz und Seele. Die Verpackung war nur von untergeordneter Bedeutung.
Seine Frau Lily war nicht schön gewesen, aber auch nicht unattraktiv. Selbst gegen Ende, als die Krankheit sie gezeichnet hatte, hatte in ihren Augen ein Leuchten gestanden, das Schimmern eines sanften Geistes.
Das gleiche Schimmern hatte er in Catherine Weavers Augen in der Nacht gesehen, in der sie ihm das Leben rettete. Das gleiche Schimmern sah er jetzt.
Sie saß mit dem Rücken gegen die Kissen gelehnt. Ihr Blick war stumm erwartungsvoll, vielleicht ein wenig ängstlich. In der Hand hielt sie ein paar Papiertaschentücher. Warum hatte sie geweint?
Er kam nicht näher, sondern blieb an der Tür stehen. Ihre Blicke trafen in der Dunkelheit aufeinander. „Ich habe gerade mit Jack gesprochen.”
Sie nickte, sagte jedoch nichts.
„Wir sind uns einig. Es ist besser, ich gehe so bald wie möglich. Ich verschwinde morgen früh.”
„Was ist mit dem Film?”
„Ich hole ihn. Ich brauche nur Hickeys Adresse.”
„Ja, natürlich.” Sie blickte auf die Papiertaschentücher in ihrer Faust.
Er erkannte, dass sie etwas sagen wollte. Er ging zu dem Bett und setzte sich. Diese süßen femininen Düfte wurden berauschend. Der Ausschnitt ihres übergroßen Shirts reichte tief genug, um einen verlockenden Schatten zu enthüllen. Er zwang sich, in ihr Gesicht zu sehen.
„Cathy, es wird dir gut gehen. Jack sagte, dass er auf dich aufpassen wird. Dass er dich aus der Stadt schaffen wird.”
„Jack?” Ein Lachen entrang sich ihrer Kehle.
„Du wirst bei ihm sicherer sein. Ich weiß nicht einmal, wohin ich gehen werde, ich will dich nicht hineinziehen in …”
„Aber das hast du schon. Bis über beide Ohren, Victor. Was soll ich jetzt machen? Ich kann nicht einfach … einfach herumsitzen und warten, dass du alles in Ordnung bringst. Das schulde ich Sarah …”
„Und ich schulde es dir, dass du nicht verletzt wirst.”
„Du denkst, du kannst mich Jack übergeben, und alles ist wieder fein? Nun, nichts wird fein sein. Sarah ist tot. Ihr Baby ist tot. Und irgendwie ist es nicht nur deine Schuld. Es ist auch meine.”
„Nein, das ist es nicht, Cathy …”
„Es ist meine Schuld! Hast du gewusst, dass sie die ganze Nacht in der Einfahrt gelegen hat? In dem Regen. In der Kälte. Sie ist gestorben, und ich habe alles verschlafen …” Sie verbarg ihr Gesicht in ihren Händen. Die Schuld, die sie seit Sarahs Tod gequält hatte, brach endlich durch. Sie begann zu weinen, stumm, verschämt, unfähig, die Tränen noch länger zurückzuhalten.
Victors Reaktion war instinktiv männlich. Er zog sie an sich und bot ihr einen warmen, sicheren Platz zum Weinen. Sobald er fühlte, wie sie sich in seine Arme schmiegte, wusste er, dass es ein Fehler war. Es war zu perfekt. Sie fühlte sich an, als würde sie dorthin gehören, als würde sie ein klaffendes Loch hinterlassen, wenn sie sich jemals zurückzog.
Er presste seine Lippen auf ihr feuchtes Haar und atmete den Duft von Seife und warmer Haut ein. Dieser sanfte Wohlgeruch reichte aus, um einen Mann in Sehnsucht ertrinken zu lassen. Ebenso die Sanftheit ihres Gesichts, der seidige Schimmer dieser Schulter, die unter dem Shirt hervorspähte. Und die ganze Zeit streichelte er ihr Haar, murmelte tröstende Worte und dachte: Ich muss sie verlassen. Um ihretwillen muss ich diese Frau verlassen. Sonst bringe ich noch uns beide um.
„Cathy.” Er brauchte seine ganze Willenskraft, um sich zurückzuziehen. „Wir müssen über morgen reden.”
Sie nickte und wischte Tränen von den Wangen.
„Ich will, dass du gleich morgen früh die Stadt verlässt. Geh mit Jack nach Mexiko. Irgendwohin.”
„Was wirst du machen?”
„Ich werde mir den Film ansehen. Vielleicht bringe ich ihn zu einer Zeitung. Das FBI scheidet eindeutig aus.”
„Woher soll ich wissen, wie es dir geht? Wie erreiche ich dich?”
„Ich werde jeden zweiten Sonntag eine Annonce unter ,Persönliches’ aufgeben. Los Angeles Times. An, sagen wir, Cora. Da wird alles stehen, was ich dir mitteilen
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