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Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen

Titel: Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Gesicht an. „Ja, Lily war eine wunderbare Frau, aber sie war nicht du. Als du und ich uns in jener Nacht geliebt haben, war es für mich, als wäre es das erste Mal. Nein, sogar besser, weil ich dich geliebt habe.”
    „Und ich habe dich geliebt”, flüsterte sie.
    Er zog sie in seine Arme und küsste sie. „Cathy, Cathy”, murmelte er. „Wir waren so damit beschäftigt, am Leben zu bleiben, dass wir keine Zeit hatten, alles das zu sagen, was wir hätten sagen sollen …”
    Seine Arme verkrampften sich, als Applaus über ihnen ertönte. Drei grinsende Gesichter spähten von einem Krankenhausbalkon.
    „Vorwärts, Jungs!” schrie Ollie. Eine Klarinette, ein Piccolo und ein Kamm kreischten nun los um die Wette. Dennoch glaubte Cathy, George Gershwin zu erkennen. „Someone to Watch Over Me.”
    Victor ergriff ihre Hand und zog sie zu einem Taxi am Straßenrand. „Nichts wie ab nach Mexiko!”
    „Aber Victor! Was ist mit unserem Gepäck? Meine Kleider …”
    Er brachte sie mit einem Kuss zum Schweigen.
    Sie stiegen in das Taxi. Die Band auf dem Hotelbalkon stimmte eine neue Melodie an, die Cathy zuerst nicht erkannte. Dann erhob sich aus den vermanschten Tönen der Kamm zu einem perfekten Solo. Sie spielten „Tannhäuser”. Hochzeitsmusik!
    „Was ist das für ein scheußlicher Lärm?” fragte der Taxifahrer.
    „Musik”, antwortete Victor und lächelte Cathy zu. „Die schönste Musik der Welt.”
    Sie fiel ihm in die Arme, und er hielt sie fest.
    Das Taxi fuhr los. Doch obwohl sie das Krankenhaus weit hinter sich ließen, dachten sie, in der Ferne noch Sam Polowskis Kamm zu hören, der eine letzte verklingende Note zum Abschied spielte.
    – ENDE –

Tess Gerritsen
    Tödliche Spritzen
    Roman
    Aus dem Amerikanischen
von Margret Krätzig

PROLOG
    G ütiger Himmel, wie einen die Vergangenheit belasten konnte!
    Dr. Henry Tanaka starrte aus seinem Bürofenster auf den regengepeitschten Parkplatz und fragte sich, warum ihn nach all den Jahren der Tod einer Patientin noch vernichten sollte.
    Draußen rannte eine Krankenschwester in regenfleckiger Uniform zum Auto. Noch jemand, den es ohne Regenschirm erwischt hat, dachte er. Der Morgen hatte, wie meistens in Honolulu, hell und sonnig begonnen. Gegen drei waren aus Richtung Koolau Wolken herangezogen, und als das letzte Klinikpersonal nach Hause fuhr, ging der Regen wolkenbruchartig nieder und überflutete die Straßen mit schmutzigem Wasser.
    Dr. Tanaka drehte sich mit seinem Sessel um und blickte auf den Brief auf seinem Schreibtisch, der vor einer Woche bereits aufgegeben worden war, jedoch zwischen gynäkologischen Fachzeitschriften und Ausstattungskatalogen verloren gegangen war. Als seine Sekretärin ihn heute auf das Schreiben aufmerksam gemacht hatte, hatte er den Absender voller Unruhe gelesen: Joseph Kahanu, Anwalt bei Gericht. Daraufhin hatte er den Brief sofort geöffnet.
    Dr. Tanaka sank in seinen Sessel zurück und las erneut.
    Sehr geehrter Herr Dr. Tanaka,
als Anwalt von Mr. Charles Decker verlange ich Einsicht in
alle gynäkologischen Unterlagen von Miss Jennifer Brook,
die zum Zeitpunkt ihres Todes Ihre Patientin war.
    Jennifer Brook. Er hatte gehofft, diesen Namen zu vergessen. Bleierne Müdigkeit befiel ihn, die Erschöpfung eines Mannes, der erkennen muss, dass er seinem Schatten nicht entfliehen kann. Er konnte sich nicht dazu aufraffen, nach Hause zu gehen. Er konnte nur dasitzen und die Bürowände betrachten. Er ließ den Blick über gerahmte Diplome, medizinische Zertifikate und Fotos schweifen. Überall hingen Schnappschüsse von runzeligen Neugeborenen und strahlenden Müttern und Vätern. Wie vielen Babys hatte er auf die Welt geholfen? Er hatte schon vor Jahren aufgehört zu zählen …
    Ein Geräusch aus dem Vorzimmer, das Klicken einer zuschnappenden Tür, veranlasste ihn schließlich, sich aus dem Sessel zu erheben. Er ging hinaus und sah am Empfang nach. „Peggy, sind Sie noch hier?”
    Der Warteraum war leer. Sein Blick glitt über die Couch, die Sessel und die säuberlich zum Stapel aufgeschichteten Magazine auf dem Kaffeetisch zur Außentür. Sie war unverschlossen.
    „Peggy?” Dr. Tanaka ging den Flur hinunter und blickte in den ersten Raum. Er schaltete das Licht ein und sah das stählerne Spülbecken, den gynäkologischen Stuhl und den Vorratsschrank. Er löschte das Licht wieder und begab sich in den nächsten Raum. Auch hier war alles, wie es sein sollte.
    Dr. Tanaka überquerte den Flur, um im dritten und letzten

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