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Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen

Titel: Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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jeden Makel ihrer Haut. Niemand, nicht einmal Ellen O’Brien war auf dem OPTisch hübsch. „Seltsam”, murmelte sie, „ich habe keine Angst.
    Nicht ein bisschen …”
    „Das brauchst du auch nicht. Ich kümmere mich um alles.” „Ich weiß, ich weiß.” Ellen griff nach Kates Hand. Es war nur eine Berührung, ein kurzes ineinander Verschlingen der Finger. Doch Ellens Körperwärme machte Kate erneut bewusst, dass hier nicht nur ein Körper lag, sondern eine Frau, eine Freundin.
    Die Tür schwang auf, und der Chirurg kam herein. Dr. Guy Santini war ein Mann wie ein Bär und wirkte leicht lächerlich mit seiner geblümten Papierkappe. „Wie weit sind wir hier, Kate?”
    „Sie bekommt Pentothai.”
    Guy ging an den OP-Tisch und drückte der Patientin die Hand. „Immer noch bei uns, Ellen?”
    Sie lächelte. „Im Guten wie im Bösen. Aber eigentlich wäre ich lieber in Philadelphia.”
    Guy lachte: „Das werden Sie bald sein, aber ohne Ihre Gallenblase.”
    „Ich weiß nicht … ich habe mich … an das Ding … gewöhnt.”
    Ellens Lider schlossen sich. „Denken Sie daran, Guy”, flüsterte sie, „Sie haben mir versprochen, keine Narben …” „Habe ich das?”
    „Allerdings …”
    Guy zwinkerte Kate zu. „Was ich immer sage: Schwestern sind die schlimmsten Patienten, verlangen dauernd Extrabehandlung.”
    „Sehen Sie sich vor, Doc!” entgegnete eine der OP-Schwestern. „Eines Tages legen wir Sie auf den Tisch da.” „Welch schrecklicher Gedanke”, bemerkte er.
    Kate sah, wie das Kinn ihrer Patientin sich entspannte, und rief leise: „Ellen?” Dann ließ sie die Finger über Ellens Augenlider fahren. Keine Reaktion. Kate nickte Guy zu. „Sie ist weg.”
    „Oh, Kate, Darling, du leistest hervorragende Arbeit für eine …”
    „Für eine Frau, ja, ja, ich weiß.”
    „Also, dann sollte die Show beginnen.” Er ging hinaus, um sich die Hände zu schrubben. „Sind die Laborbefunde in Ordnung?”
    „Die Blutwerte sind ideal.”
    „Und das EKG?”
    „Habe ich gestern Abend gemacht, ist okay.”
    Guy salutierte bewundernd von der Türschwelle her. „Wenn du dabei bist, Kate, braucht man nicht einmal nachzudenken. Ach, Ladies”, wandte er sich an die beiden OP-Schwestern, die die Instrumente auslegten. „Noch eine Warnung. Unser Assistenzarzt ist Linkshänder.”
    Eine der beiden blickte interessiert auf. „Ist er süß?” Guy zwinkerte. „Ein Traummann, Cindy. Ich werde ihm sagen, dass Sie gefragt haben.” Lachend verschwand er aus der Tür.
    Cindy seufzte: „Wie hält seine Frau ihn nur aus?”
    Die Vorbereitungen während der nächsten zehn Minuten liefen mit der Präzision eines Uhrwerks ab. Kate erledigte ihre Aufgaben mit der üblichen Zuverlässigkeit. Sie führte den Tubus in den Rachen der Patientin ein und schloss ihn an den Narkoseapparat an. Dann regelte sie die Zufuhr von Atem- und Narkosegasen. Dabei behielt sie den Monitor, der Ellens Herztätigkeit anzeigte, im Auge. Jeder Schritt, obwohl er automatisch erfolgte, musste zwei- und dreimal überprüft werden. Und wenn der Patient jemand war, den sie kannte und mochte, war sie noch gewissenhafter. Die Tätigkeit eines Anästhesisten wurde oft mit neunundneunzig Prozent Langeweile und einem Prozent Entsetzen beschrieben. Und genau diesem einen Prozent galt Kates ständige Sorge. Wenn Komplikationen auftraten, entwickelten sie sich in Sekundenbruchteilen.
    Heute würde jedoch alles glatt laufen. Ellen O’Brien war erst einundvierzig, und abgesehen von einem Gallenstein war sie völlig gesund.
    Guy kehrte mit noch feuchten Armen in den OP zurück. Ihm folgte der angebliche Traum von einem linkshändigen Assistenzarzt, der mit seinen hochhackigen Schuhen mal gerade ein Meter achtundsechzig groß sein mochte. Die beiden begannen mit dem Ritual des Anziehens von steriler Kleidung und Handschuhen, das mit dem Klatschen des Latex beendet wurde. Während sich das Team um den OP-Tisch versammelte, wanderte Kates Blick über die maskierten Gesichter. Mit Ausnahme des Assistenzarztes waren sie ihr alle wohl vertraut. Da war Ann Richter mit dem aschblonden Haar, das sie sauber unter die blaue Chirurgenkappe gestopft hatte, eine äußerst professionell arbeitende Schwester, die niemals Arbeit und Vergnügen mischte. Machte jemand einen Scherz im OP, warf sie ihm höchstwahrscheinlich einen strafenden Blick zu. Daneben Guy, gemütlich und freundlich, die braunen Augen hinter dicken Brillengläsern verborgen. Es war kaum zu glauben,

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