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Akte X

Akte X

Titel: Akte X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antikorper
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kauerte er unter der Burnside Brücke auf dem feuchten, abfallübersäten Ufer des Willamette River. Die schlammigen, grünblauen Fluten wälzten sich gemächlich an ihm vorbei.
    Vor Jahren hatte man den River Park im Zentrum Portlands saniert und ihn in ein attraktives, hell erleuchtetes, malerisches Erholungsgebiet verwandelt, wo die Yuppies joggen, die Touristen auf kalten Betonbänken sitzen und über das Wasser schauen und junge Liebespärchen den Straßenmusikern zuhören konnten, während sie ihre aromatisierten Gourmetkaffees schlürften.
    Aber zu dieser späten Stunde war der Park menschenleer. Jetzt saßen die meisten Leute in ihren warmen Häusern und dachten nicht an die kalte und einsame Nacht hier draußen. Dorman lauschte dem leisen Gurgeln, mit dem die trägen Fluten an den Felsen rings um die Brückenpfeiler vorbeiflossen. Das Wasser roch warm und würzig und lebendig, aber der kühle Nebel fügte eine frostige, metallische Note hinzu. Dorman fröstelte.
    Über ihm, in den Nischen und Winkeln der Brückenkonstruktion, nisteten gurrende, scharrende Tauben. In einiger Entfernung durchwühlte ein anderer Obdachloser die Mülleimer auf der Suche nach Pfandflaschen und recyclebaren Getränkedosen. Neben den grüngestrichenen Abfallkörben lagen ein paar braune Papiertüten mit leeren Schnaps- und Weinflaschen.
Dorman kauerte in den Schatten, von Schmerzen gepeinigt, völlig verzweifelt. Ein Krampf schüttelte seinen Körper, und er fiel rücklings in eine Schlammpfütze... aber er bemerkte es nicht einmal.
    Ein schwerer Laster dröhnte über die Brücke. Es klang wie eine gedämpfte Explosion. Wie die DyMar-Explosion.
    Er erinnerte sich lebhaft an jene Nacht, die letzte Nacht - an die Dunkelheit voll Feuer und Geschrei und Explosionen. Mörderische Gestalten, auf Zerstörung aus, gesichtslos, namenlos, Marionetten, an deren Fäden jemand zog, der unsichtbar im Schatten lauerte. Und sie waren bösartig, zerstörerisch.
    Er mußte eingeschlafen sein... oder er war irgendwie zurück in die Vergangenheit gereist. Sein Erinnerungsvermögen hatte sich verbessert, eine zusätzliche grausame und ungewöhnliche Strafe, die er vielleicht seinen ziel- und ruhelosen Aktionen der letzten Zeit zu verdanken hatte.
    »Ein Maschendrahtzaun und ein paar Wachleute tragen nicht gerade dazu bei, daß ich mich sicherer fühle«, hatte Dorman zu David Kennessy gesagt. Sie arbeiteten schließlich nicht in einer Hochsicherheitseinrichtung — immerhin hatte David seinen verdammten Hund und eine Pistole hereinschmuggeln können. »Langsam denke ich, daß mein Bruder eigentlich recht hatte, als er vor einem halben Jahr weggegangen ist.«
    DyMar hatte die Staatspolizei um Unterstützung gebeten, aber die Bitte war abgelehnt worden. Der vorgeschobene Grund war irgendein verstaubtes Gesetz, das es der Polizei erlaubte, »Firmeninterne Auseinandersetzungen« privaten Sicherheitsdiensten zu überlassen. David marschierte zornbebend im Kellerlabor auf und ab und wollte wissen, wie die Polizei dazu kam, eine aufgebrachte Demonstrantenmenge für eine firmeninterne Auseinandersetzung zu halten. Ihm war immer noch nicht der Gedanke gekommen, daß irgend jemand das Labor ohne Schutz sehen wollte.
    Trotz seiner genialen Fähigkeiten als Biochemiker und Mikroingenieur war David Kennessy ziemlich naiv. Was die Politik betraf, war sein Bruder Darin keineswegs so leichtgläubig, weswegen er auch Fersengeld gegeben hatte -gerade noch rechtzeitig. David war geblieben - seines Sohnes wegen. Keiner von beiden hatte aber wirklich verstanden, um wieviel es bei den Forschungen ging.
    Als das Zerstörungswerk dann begann, hatte Dorman gesehen, wie David in rasender Eile seine Aufzeichnungen und Proben zusammenraffte, wie in all diesen alten Filmen, in denen der verrückte Wissenschaftler verzweifelt versucht, ein einzelnes Notizbuch vor den Flammen zu retten. David wirkte jetzt mehr wütend als verängstigt. Er trat gegen ein paar herumliegende Kugelschreiber und sprach mit seiner »Seien-wir-doch-vernünftig« -Stimme. »Irgendein verbohrter Fanatiker versucht immer, den Fortschritt aufzuhalten - aber es funktioniert nie. Niemand kann die Entdeckung einer neuen Technologie rückgängig machen.« Er schnalzte verächtlich mit der Zunge.
    In der Tat hatte die Bio- und Nanotechnik in den letzten
    Jahren rasante Fortschritte gemacht. Geningenieure benutzten die DNS-Maschinerie bestimmter Bakterien für die Herstellung von künstlichem Insulin. Eine Firma in

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