Akte X
abrupt stehen und sah sie unsicher an. »Wie haben Sie das DyMar-Feuer überlebt? Wir hielten Sie für tot.«
»Ich sollte dort auch sterben«, sagte Dorman mit müder Stimme.
»Wie meinen Sie das, Sie sollten dort sterben? Am Telefon, bei seinem letzten Anruf, sagte David mir, daß die DyMar-Demonstration inszeniert war, daß gar keine Tierschützer dahintersteckten.« Dormans dunkle, tief in den Höhlen liegende Augen bohrten sich in ihre. »Ich wurde verraten, genau wie David.« Er trat zwei Schritte näher.
»Was sagen Sie da?« Nach allem, was sie durchgemacht hatte, hielt Patrice jetzt fast alles für möglich.
Dorman nickte. »Sie hatten Befehl, dafür zu sorgen, daß nichts übrigbleibt, keine Aufzeichnungen über unsere Nanotechnologie-Forschung. Nur Asche.«
Patrice versperrte ihm weiter den Weg, warnte ihn, nicht näherzukommen. »David sagte, daß die Regierung weit mehr in die Verschwörung verwickelt ist, als er gedacht hatte. Ich glaubte ihm nicht, bis ich mich zu unserem Haus zurück schlich—und es durchwühlt und verwüstet vorfand.«
Drei Meter vor der Veranda blieb Dorman im Gras der Wiese stehen. Dann überquerte er die Auffahrt und trat auf den Trampelpfad, der zur Tür des Blockhauses führte. »Sie sind jetzt auch hinter Ihnen her, Patrice. Wir können uns gegenseitig helfen. Aber ich brauche Vader. Er trägt die stabilen Prototypen in seinem Blut.«
»Prototypen? Wovon reden Sie?«
»Die Nanotechnologie-Prototypen. Ich mußte einige Exemplare von den fehlerhaften früheren Generationen benutzen, Proben von den kleinen Labortieren, aber viele davon zeigten schockierende... Fehlfunktionen. Doch ich hatte keine Wahl. Das Labor stand in Flammen, alles brannte. Nur so konnte ich entkommen, nur so konnte ich überleben.« Er sah sie flehend an und senkte dann die Stimme. »Aber sie arbeiten nicht so, wie sie sollten. Mit Vaders Blut besteht die Chance, daß ich sie in mir umprogrammieren kann.«
In ihrem Kopf drehte sich alles. Sie wußte, woran David gearbeitet hatte, und sie hatte schon vermutet, daß mit ihrem schwarzen Labrador irgend etwas nicht stimmte.
»Wo ist Jody?« fragte Dorman. Er blickte an ihr vorbei und versuchte, etwas durch die Vorhänge oder die halb geschlossene Tür zu erkennen. »He, Jody! Komm raus! Ich bin's, Jeremy! Es ist alles in Ordnung.«
Jody hatte in Dorman immer einen Freund seines Vaters gesehen, einen Ersatzonkel - vor allem, seit Darin verschwunden war. Beide liebten Videospiele; Jeremy war vermutlich der einzige Erwachsene, der genauso viele Nintendo-64-Tricks kannte wie Jody. Sie tauschten Tips und Techniken zu Wave Race, Mortal Kombat Trilogy und Shadows of the Empire aus.
Bevor Patrice ihre Gedanken sammeln konnte und begriff, was eigentlich vorging, riß Jody die Blockhaustür auf. Sein schwarzer Hund war an seiner Seite. »Jeremy!«
Überglücklich und erleichtert sah Dorman Vader an, aber der Hund zog die schwarzen Lippen zurück und fletschte die Zähne. Sein tiefes Knurren klang, als hätte der Hund eine Kettensäge in der Kehle, als würde Vader einen Groll gegen Dorman hegen.
Aber Dorman achtete nicht mehr auf ihn. Er starrte Jody - den gesunden Jody - verblüfft an. Die Haut von Dormans Gesicht kräuselte und wellte sich. Er zuckte zusammen und schaffte es irgendwie, die Bewegungen zu stoppen. »Jody, du bist... du bist vom Krebs geheilt.«
»Es ist ein Wunder«, sagte Patrice steif. »Eine Art Spontanheilung.«
Der plötzliche räuberische Ausdruck auf Dormans seltsam glänzendem Gesicht zog ihr den Magen zusammen. »Nein, es war keine Spontanheilung. Nicht wahr, Jody? Mein Gott, du hast sie auch.« Der Junge erbleichte und wich zurück.
»Ich weiß, was dein Dad mit dir gemacht hat.« Aus irgendeinem unerklärlichen Grund hielt Dorman die Augen wie gebannt auf Jody und den Hund gerichtet.
Patrice sah Jody verwirrt an, und im nächsten Moment dämmerte ihr entsetzt, was David wirklich getan hatte, welches Risiko er eingegangen war und warum die Forschung seinem Bruder solche Angst eingeflößt hatte. Jodys Gesundheit war nicht das Ergebnis einer natürlichen Besserung. Davids harte Arbeit und seine besessene Hingabe hatten sich schließlich doch ausgezahlt. Er hatte ein Mittel gegen den Krebs entdeckt, ohne Patrice etwas davon zu sagen.
Aber binnen eines Atemzugs wich ihre unendliche Freude und Erleichterung und Rührung der Furcht vor Jeremy Dorman. Furcht vor der räuberischen Art, mit der er Jody ansah, vor
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