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Akte X

Akte X

Titel: Akte X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antikorper
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mit dem sterbenskranken, bis auf die Knochen abgemagerten Jungen auf den Fotos hatte.
Langsam, wie in Trance, setzte sich Scully wieder hinter das Lenkrad. Ihr Kopf dröhnte. Ihre Gelenke schmerzten, und sie versuchte sich einzureden, daß es nur an den streßreichen letzten Tagen lag, den Übernachtungen im Hotel, den langen Fahrten durch das Land, und es sich nicht um weitere Symptome ihres eigenen Krebses handelte, der wahrscheinlich eine Folge der unbekannten Versuche war, die man während ihrer Entführung mit ihr angestellt hatte... der Experimente.
    Scully legte den Sicherheitsgurt an und schloß die Tür, um die idiotische Glocke zum Verstummen zu bringen. Auf dem Rücksitz stieß Vader einen tiefen Seufzer aus und legte seinen Kopf in Jodys Schoß. Sein Schwanz trommelte gegen die gepolsterte Armlehne der hinteren Tür.
    Sie fuhr weiter, langsamer diesmal, ohne ein Ziel zu haben.
    David Kennessy hatte eine wundervolle, eine bahnbrechende Entdeckung gemacht — ihr war klar, wie bedeutend die Kräfte waren, die er in den DyMar-Laboratorien entfesselt hatte. Es war ein mit Bundesmitteln finanziertes Krebsforschungsinstitut gewesen, und diese Arbeit hatte eine profunde Bedeutung für die Millionen von Krebspatienten, die es jedes Jahr gab - Menschen wie sie.
    Es war abstoßend und unethisch, daß Dr. Kennessy seinen eigenen Sohn einer derart unerprobten und riskanten Therapie unterzogen hatte. Als Ärztin empörte sie allein der Gedanke, daß er alle Tests und Prüfungen, die Kontrollgruppen, die FDA-Analyse und andere unabhängige Studien übergangen hatte.
    Aber andererseits verstand sie auch seinen Kummer, den verzweifelten Wunsch, irgend etwas zu tun, verzweifelte Maßnahmen zu ergreifen, nachdem alles andere versagt hatte. Schließlich griffen viele unheilbar kranke Patienten nach Strohhalmen wie der Frischzellentherapie, Geistheilung, Kristallmeditation und ähnlichen Wundermitteln. War der Unterschied wirklich so groß? Sie hatte festgestellt, daß mit schwindender Hoffnung die Leichtgläubigkeit zunahm. Warum sollte man nicht alles versuchen, wenn man nichts mehr zu verlieren hatte? Und Jody Kennessy hatte tatsächlich im Sterben gelegen. Er hatte nichts mehr zu verlieren gehabt.
    Allerdings stellten Geistheilung oder Frischzellentherapie keine Gefahr für die Gesamtbevölkerung dar, und Scully dämmerte mit einem flauen Gefühl in der Magengegend, daß Kennessys Nanotechnologie-Experimente eine ungeheure Gefahr heraufbeschworen. Wenn er bei der Anpassung seiner »biologischen Polizisten« an die menschliche DNS auch nur den kleinsten Fehler gemacht hatte, konnten sie auf der zellularen Ebene unvorstellbare Zerstörungen anrichten. Die »Nanomaschinchen« konnten sich vermehren und von einem Wirt auf den anderen überspringen. Sie konnten in anderen Menschen, gesunden Menschen, das genetische Muster durcheinanderbringen und explosives Tumorwachstum auslösen.
    Das war die Gefahr, wenn die Nanomaschinchen nicht richtig funktionierten... und Kennessy hatte einfach darauf vertraut, daß er keine Fehler gemacht hatte.
    Scully kniff die Lippen zusammen und fuhr weiter. Die flackernden Schatten der Bäume, die in miteinander verwobenen Mustern über die Windschutzscheibe tanzten, störten ihre Sicht, und sie klappte die Sonnenblende herunter.
    Angesichts der Seuchenopfer, auf die sie und Mulder gestoßen waren, drängte sich der Eindruck auf, daß irgend etwas schiefgegangen war — und zwar ziemlich gründlich.

35 Blockhaus der Kennessys, Küstenregion, Oregon Freitag, 16:23 Uhr
    Die Wunde in Jeremy Dormans Kehle hatte sich vollständig geschlossen, und von ihm ging eine spürbare Hitze aus, eine pulsierende Wärme, die von seiner Haut und seinem Körper abgestrahlt wurde.
    Der vermeintlich tote Mann öffnete den Mund und formte Worte mit den Lippen, aber seine zerfetzten Stimmbänder brachten nur ein leises Gurgeln hervor. Er fuchtelte mit dem Revolver und zischte schließlich kaum verständlich: »Ihre Waffe - fallenlassen!«
    Mulder griff langsam unter seinen Mantel nach dem Schulterholster mit der Pistole. Er ließ die Waffe auf den Waldboden fallen. Sie landete mit einem dumpfen Laut im Dreck, rutschte ein Stück weiter und blieb vor einem Haufen getrockneter Kiefernadel liegen.
    »Nanotechnologie«, sagte Mulder mit kaum verhohlenem Staunen in der Stimme. »Sie heilen sich selbst.«
     
    »Sie sind einer von ihnen«, sagte Dorman heiser. Seine Kehle war noch immer wund. »Einer von diesen Männern.

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