Akte X
«
Dann löste er seine Hand von Mulders Mantel und hinterließ einen Handabdruck aus Schleim, der in den Stoff einsickerte und sich wie eine Amöbe ausbreitete.
»Kann ich meinen Mantel ausziehen?« fragte Mulder,
wobei es ihm kaum gelang, die Furcht aus seiner Stimme zu verbannen.
»Machen Sie schon.« Dorman kam mühsam auf die Beine und hielt weiter den Revolver im Anschlag. Mulder schlüpfte eilig aus dem Mantel.
»Wie haben Sie mich gefunden?« fragte Dorman. »Wer sind Sie?«
»Ich bin vom FBI. Mein Name ist Mulder. Ich habe Patrice und Jody Kennessy gesucht. Ich bin hinter den beiden her, nicht hinter Ihnen ... obwohl ich sehr gern erfahren würde, wie Sie das DyMar-Feuer überlebt haben, Mr. Dorman.«
Der Mann schnaubte. »FBI. Ich dachte mir schon, daß Sie in die Verschwörung verwickelt sind. Sie haben versucht, Informationen zu unterdrücken, unsere Forschungsergebnisse zu vernichten. Sie hielten mich für tot. Sie dachten, Sie hätten mich umgebracht.«
Unter anderen Umständen hätte Mulder gelacht. »Niemand hat mich je beschuldigt, Teil einer Verschwörung zu sein. Ich versichere Ihnen, ich habe vor der Zerstörung des Instituts noch nie etwas von Ihnen oder David Kennessy oder den DyMar-Laboratorien gehört.« Er schwieg einen Moment. »Sie sind durch Kennessys Forschungen infiziert worden, nicht wahr?«
»Ich bin die Forschung!« sagte Dorman mit erhobener Stimme, die noch immer rauh und raspelnd klang.
Irgend etwas bewegte sich in seiner Brust unter dem zerfetzten Hemd. Dorman zuckte zusammen und kippte fast vornüber. Mulder sah Wucherungen, die sich wie Schlangen wanden, Tumore von einer seltsam öligen Farbe, die unter seiner Haut pulsierten, dann wieder zur Ruhe kamen und sich in das Muskelgewebe zurückzogen.
»Wie es aussieht, ist die Forschung noch nicht ganz abgeschlossen«, bemerkte Mulder. Dorman fuchtelte mit dem Revolver und bedeutete Mulder, sich umzudrehen. »Haben Sie ein Auto?« Mulder nickte und dachte an den klapperigen Lieferwagen. »Sozusagen.«
»Wir werden jetzt von hier verschwinden. Sie müssen mir helfen, Jody zu finden, oder wenigstens den Hund. Sie sind bei der anderen ... der Frau. Sie hielt mich für tot.«
»Angesichts des Zustands Ihrer Kehle war dies eine vernünftige Annahme«, meinte Mulder. Er verbarg seine Erleichterung darüber, daß Scully hier gewesen und noch am Leben war. »Sie werden mir helfen, Agent Mulder.« Dormans Stimme klang jetzt hart. »Sie werden mich zu ihnen führen.«
»Damit Sie beide umbringen können? So wie Sie Patrice Kennessy und den Trucker und den Nachtwächter umgebracht haben?« fragte Mulder.
Dorman krümmte sich erneut zusammen, als weitere Krämpfe seinen Körper schüttelten. »Ich habe es nicht gewollt. Ich mußte es tun.« Dann richtete er seine Augen wieder auf Mulder. »Aber wenn Sie mir nicht helfen, werde ich dasselbe mit Ihnen tun. Versuchen Sie ja nicht, mich anzufassen.«
»Glauben Sie mir, Mr. Dorman« - er musterte die schleimverkrusteten Wunden des Mannes - »Sie anzufassen ist so ziemlich das letzte, was ich tun würde.«
»Ich wollte niemand etwas zuleide tun«, sagte Dorman mit zerquältem Gesicht. »Ich wollte es nicht. Ich wollte nicht, daß all das passiert ... aber inzwischen ist es fast unmöglich für mich, anderen Menschen nichts anzutun. Wenn ich nur ein paar Tropfen frisches Blut bekomme - am besten von dem Jungen, aber vielleicht genügt auch das Blut des Hundes - dann passiert niemand etwas, und ich werde wieder gesund. Es ist alles so einfach. Jeder profitiert.«
Zum erstenmal zeigte Mulder seine Skepsis. Er wußte, daß der Hund als Versuchstier mißbraucht worden war - aber was hatte der Junge damit zu tun? »Was hätten Sie davon? Ich verstehe das nicht.« Dorman warf ihm einen verächtlichen Blick zu. »Natürlich verstehen Sie nicht, Agent Mulder.« »Dann erklären Sie es mir«, sagte Mulder. »Sie haben diese Nanotechnologie-Maschinen in Ihrem Körper, nicht wahr?«
»David nannte sie >Nanomaschinchen< - sehr putzig.«
»Sie befinden sich auch im Blut des Hundes«, vermutete Mulder. »Von David und Darin Kennessy entwickelt, um Jodys Krebs zu heilen.«
»Und offenbar arbeiten Jodys Nanomaschinchen einwandfrei.« Dormans dunkle Augen blitzten. »Er ist bereits von der Leukämie geheilt.«
Mulder blieb abrupt unter dem verfilzten, schattenspendenden Geäst des Waldes stehen und mußte die Neuigkeit erst einmal verdauen. »Aber wenn... wenn der Hund
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