Akte X
nichts Entspannenderes, als an nichts zu denken. Im Moment mußte er keine Pläne schmieden, keine Intrigen einfädeln. Er führte seine Mission Schritt für Schritt durch.
Und in diesem Moment konnte er den nächsten Schritt erst machen, wenn sie etwas von Agent Mulder gehört hatten.
Der Mann am Kommandopult fuhr plötzlich hoch. »Kontakt«, sagte er, rückte seinen Kopfhörer zurecht und fummelte an den Knöpfen seines Empfängers.
»Übertragungsnummer bestätigt, Frequenz bestätigt.« Er lächelte und drehte sich zu Lentz um; das Lächeln verschwand wieder hinter der steinernen Maske. »Stimmusterübereinstimmung bestätigt. Es ist Agent Mulder. Aufnahme läuft.«
Er reichte Lentz den Kopfhörer, und Lentz setzte ihn eilig auf. Der Techniker hantierte an den Kontrollen und dem Tonbandgerät.
Lentz verfolgte das von statischem Rauschen gestörte Gespräch zwischen Mulder und Scully. Trotz seiner Selbstbeherrschung weiteten sich seine Augen, schössen seine Brauen hoch.
Ja, Scully hatte den Jungen und den Hund in ihrem Gewahrsam - und der Junge hatte sich selbst von einer tödlichen Wunde geheilt... aber die verblüffendste Neuigkeit war, dass der Sündenbock der Organisation, Jeremy Dorman, nicht im DyMar-Feuer umgekommen war. Er war noch immer am Leben, stellte noch immer eine Gefahr dar... und jetzt war auch Dorman ein Träger der verbotenen Nanotechnologie.
Und der Junge auch! Die Bedrohung wuchs schneller als gedacht.
Dann, nach diversen Drohungen und Erklärungen, einigten sich Dorman und Agent Scully auf die
Zeit und den Ort für ein Treffen. Mulder und Scully, Dorman, Jody und der Hund würden ihm geradewegs in den Schoß fallen - vorausgesetzt, Lentz' Team gelang es, die Falle rechtzeitig aufzubauen.
Sobald das Handytelefonat endete, trieb Lentz sein Team zur Eile an. »Zurück zu den DyMar-Laboratorien«, befahl er. »Höchstgeschwindigkeit.«
Jedes Mitglied seines Teams kannte den Weg zu den ausgebrannten Ruinen des Labors. Schließlich hatten alle Söldner zu der angeblichen Demonstrantengruppe gehört, die das Krebsforschungsinstitut zerstört hatte. Sie hatten die Brandbomben selbst geworfen, überall Brandbeschleuniger ausgekippt und das Institut gesprengt, so dass nur noch sein einsturzgefährdetes Gerippe übriggeblieben war.
»Wir müssen zuerst dort eintreffen«, sagte Lentz.
Der Kastenwagen schoss wie ein Killerhai aus der unbefestigten Sackgasse auf den regenglatten Highway und raste mit einer halsbrecherischen Geschwindigkeit die Küste hinauf, die allen Verkehrsregeln Hohn sprach.
Aber ein simpler Unfall konnte Adam Lentz im Moment nicht schrecken.
42 DyMar-Laboratorien, Portland, Oregon Freitag, 20:45 Uhr
Die Rückkehr ins Spukhaus, dachte Scully, als sie die steile Straße zu den ausgebrannten, geschwärzten Ruinen der DyMar-Laboratorien hinauffuhr.
Hinter den Wolken verbreitete der Mond ein perlmuttfarbenes Leuchten, schimmernde Helligkeit am bedeckten Himmel. Der Wald auf den Bergen um DyMar war einst eine friedliche, schützende Barrikade gewesen —aber jetzt empfand Scully die Bäume als bedrohlich, die ideale Deckung für heranschleichende Feinde, weitere gewalttätige Demonstranten... oder jene anderen Männer, von denen Jody befürchtete, dass sie hinter ihm und seiner Mutter her waren.
»Du bleibst im Auto, Jody.« Sie ging zu dem durchhängenden Maschendrahtzaun, der errichtet worden war, um den Zugang zur gefährlichen Ruine zu versperren, aber jetzt nicht mehr bewacht wurde.
Das Kliff über Portland war erstklassiges Gewerbegebiet, aber jetzt sah sie nur die geschwärzten Ruinen, die im fahlen Mondlicht an das Gerippe eines Drachen erinnerten. Das Anwesen war menschenleer, gefährlich und dennoch einladend.
Als Scully das offene und viel zu einladende Maschendrahttor passierte, hörte sie eine Autotür ins Schloss fallen. Sie fuhr herum und erwartete, Mulder und seinen Kidnapper zu sehen, den großen Mann, der auf Jody geschossen hatte — aber statt dessen war es nur Jody. Er war ausgestiegen und sah sich neugierig um. Der schwarze Labrador sprang ausgelassen um ihn herum, froh, endlich wieder im Freien zu sein, und überglücklich, dass sein Junge gesund war.
»Sei vorsichtig, Jody«, rief sie.
»Ich folge Ihnen«, sagte er. Bevor sie ihn zurechtweisen konnte, fügte er hinzu: »Ich möchte nicht allein bleiben.«
Scully wollte nicht, dass er ihr in die Brandruine folgte, aber sie konnte ihm auch keine Vorwürfe machen. »Also gut, dann
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