Akte X
Raum?« Die ungewohnte Umgebung schien den Polizeichef mehr und mehr zu irritieren, und Mulder fragte sich, ob Cassandra ihm eine Gehirnerschütterung verpaßt hatte.
Barreio stolperte vorwärts, fuchtelte wild mit seinem Revolver und feuerte blindlings. Die Kugel traf die Kuppel aus metallischen Formen und Kristallen in der Mitte des Raumes, wo sie Funken und eine blaugrüne Stichflamme schlug, die in einem eiskalten Glimmen wieder erlosch.
In der Hoffnung, den Polizeichef täuschen zu können, hob Mulder ein kleines Kristallstück vom rauhen Boden auf und schleuderte es in Richtung von Barreios Kopf – doch er verfehlte ihn. Barreio bemerkte die rasche Bewegung dicht vor seinem Gesicht und wirbelte herum... hörte, wie das Steinchen gegen die Wand im Inneren des schmalen Alkovens schlug – jener Kammer, die Cassandra umfangen hatte. Mit erhobenem Revolver stürmte der Polizeichef auf das Geräusch zu.
Barreio feuerte und überschritt die Schwelle der Rettungskapsel.
Dann... ergoß sich eine Lichtflut über ihn, ein Wasserfall aus Blitzen.
Instinktiv schirmte Mulder seine Augen ab.
Zitternd streckte Barreio die Hände aus, die Kiefer zusammengebissen, die Augen weit aufgerissen. Seine Nasenflügel blähten sich noch einmal in fassungslosem Entsetzen – dann gefror er in genau dieser Position, festgehalten von dem automatischen Stasis-System der Rettungskapsel. Das ätherische Gel erstarrte.
Regungslos hing Barreio da, ein Ausstellungsstück in einem Bernsteinmuseum: mitten in einem halb vollendeten Atemzug, den Blick immer noch hitzig, wenn auch benommen, das Blut auf seiner Wange versteinert.
Mulder bemerkte, wie das dumpfe Pulsieren in seinen Kopf zurückkehrte, als das Signal aus dem Inneren des Wracks wieder zu strahlen begann – das Notsignal, das reaktivierte SOS einer außerirdischen Spezies.
Cassandra stemmte sich vom Boden hoch. Mit beiden Händen klopfte sie sich flüchtig ab und machte ein überraschend zufriedenes Gesicht. Sehr aufrecht ging sie zu der Wand aus schimmerndem Licht und kniff beinah genüßlich die Augen zusammen.
Mulder trat neben sie und starrte in die gallertartige, feste Masse.
Die junge Frau schüttelte den Kopf und musterte Barreio mit einem kühlen Lächeln. »Wenigstens bin ich diesmal auf der richtigen Seite der Wand«, murmelte sie. »So gefällt es mir besser.«
32
Ruinen von Xitaclan, Pyramide des Kukulkan Mittwoch, 3. 51 Uhr
Als es über ihnen donnerte, fuhr Mulder herum und sah die Decke des Kontrollraums schwanken. Als ein zweiter Schlag die Wände erschütterte, fürchtete er, daß Xitaclan von einem neuerlichen vulkanischen Ausbruch heimgesucht wurde – doch diesmal war er unter der Erde eingeschlossen, in einem zerfallenden Wrack, das nicht so aussah, als könne es ein weiteres Beben überstehen.
Beim nächsten röhrenden Schlag ging er in die Hocke. Staub rieselte von den Wänden.
»Klingt wie Explosionen«, sagte Cassandra, die sich neben ihn kauerte.
»Ja.« Mulder wurde klar, daß sie recht hatte. »Das sind Bomben. Ich glaube, Major Jakes hat das Tempo verschärft... und ich weiß nicht, ob die alte Ruine noch viele solcher Detonationen aushalten wird. Ich bin nicht allzu erpicht, bei lebendigem Leibe begraben zu werden, was meinen Sie?«
Cassandras Gesicht wurde bleich, und sie schüttelte den Kopf. »Es ist nicht gerade mein Lebensziel, zu einem Untersuchungsobjekt für spätere Archäologen zu werden.«
»Versuchen wir es noch einmal«, beschloß Mulder und führte sie auf den oberen Ausgang zu. »Wir gehen hoch zur Ebene der Pyramide. Wenn Barreio die Schuttbarriere überwinden konnte, muß der Weg noch frei sein.«
»Zumindest jetzt noch«, sagte Cassandra.
Gemeinsam hasteten sie die steile Rampe hinauf und ließen den Polizeichef in seinem Sarg aus Licht zurück. Wenn alles gut ging, konnte Mulder später zurückkehren und Barreio verhaften.
Mit wehenden Haaren rannte Cassandra voraus. Mulder richtete den Lampenstrahl nach vorn, als der Gang allmählich dunkler wurden und die skelettähnlichen Überreste des Wracks handbehauenen Kalksteinquadern wichen. Wie schon am Tag zuvor zuckte die Taschenlampe und verlosch sekundenweise völlig.
Geschmeidig schob sich Cassandra als erste über das Geröll, als sie die Stelle erreichten, wo die Steine in den Korridor herabgestürzt waren. Der breitschultrige Barreio hatte einen Durchlaß freigelegt, der weit genug war, um problemlos hindurchkriechen zu können.
In Sekundenschnelle war Cassandra oben und wand sich
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