Akte X
Hände an den Hosen ab. »Wir sind erst vor ein paar Tagen hierhergekommen.« Sie schnüffelte an ihrem nassen Hemd. »Was ist das für ein Zeug?«
Mulder schüttelte den Kopf. »Ihr Vater hat uns am Dienstag vergangener Woche kontaktiert. Meine Partnerin und ich sind mit ihm hergekommen, um hier in Xitaclan nach Ihnen zu suchen.« Er zögerte einen Moment, doch sie mußte es erfahren. Es war besser, ihr alles und ohne Beschönigung zu sagen – auch wenn er es noch nicht über sich brachte, von ihrem Vater zu erzählen. »Ich fürchte, wir haben die anderen vier Mitglieder Ihres Teams tot aufgefunden – erschossen und in der Cenote versenkt.«
Cassandra sah sich zwinkernd um und räusperte sich. Ihre Stimme war jetzt wieder kräftig und volltönend, mehr von Zorn als von Furcht erfüllt. »Diese Männer, diese Bewaffneten... Verdammte Bastarde. Was wollten die? Wer waren sie?«
»Ich glaube, sie gehören zu einer militanten revolutionären Gruppe. Sie haben uns heute abend da draußen Gesellschaft geleistet.«
Cassandra senkte den Kopf und blinzelte erneut, hatte aber offenbar immer noch räumliche und zeitliche Orientierungsprobleme. Der damalige Überfall der Guerilla hatte sich aus ihrer Sicht erst vor wenigen Augenblicken abgespielt. »Und wie... wie bin ich dann entkommen?«
»Wir fanden die anderen vier, aber Sie waren immer noch vermißt. Ich habe Sie gerade zufällig hier entdeckt. Sie waren eingehüllt in... und ich habe Sie herausgeholt aus... dem Zeug, in dem Sie gesteckt haben.«
Mit fahrigen Bewegungen wischte sich Cassandra immer wieder über die Augen. »Dieses Zeug brennt... ich kann kaum etwas sehen.«
Mulder benutzte seinen Ärmel, um ihr das Gesicht zu säubern. Sie redete weiter. »Ich bin in die Pyramide gerannt, um mich in Sicherheit zu bringen... dann habe ich mich verirrt... und bin hier hereingestolpert. Danach weiß ich nichts mehr. Licht stürzte auf mich herab und überspülte mich, es brannte... aber es war gleichzeitig eiskalt.« Zutiefst verwirrt lehnte sie sich einen Moment gegen ihn. »Habe ich Sie verletzt?«
Mulder schüttelte den Kopf. »Nur gut, daß Sie nicht Karate können«, lächelte er und rieb sich den angeschlagenen Arm.
Dann bemerkte er, daß das pulsierende Notsignal aufgehört hatte – offensichtlich seit jenem Augenblick, als er Cassandra aus der Kammer befreit hatte. In der ganzen Hauptkammer begann das schimmernde Licht zu verblassen. Das Signal war verstummt, und nun schien das verlassene Schiff zu... warten und wieder in den Schlaf zurückzusinken.
Endlich strömten Tränen aus Cassandras geröteten Augen.
Mulder wischte ihr noch einmal das Gesicht ab und kam zu dem Schluß, daß es zuviel für sie wäre, mit der Tatsache konfrontiert zu werden, daß sie sich in einem verlassenen Schiff befanden, einem außerirdischen Raumfahrzeug, das unter der Pyramide von Xitaclan begraben lag. Oder daß sie wahrscheinlich in eine Rettungskapsel geraten war, die ihr automatisches System aktivierte und Cassandra in einen Tiefschlaf versetzte.
Mulder stand auf und half ihr auf die Beine. Cassandra streckte sich und bewegte versuchsweise die Arme. Das kalte, feuchte Gel begann in einer dünnen Schicht auf ihrer Haut und Kleidung einzutrocknen. Einen Moment lang schwankte sie unsicher, dann holte sie tief Atem.
Noch einmal sah sich Mulder um, doch das pulsierende Signal hatte nicht wieder angefangen. Wieder fragte er sich, ob Cassandras Auftauchen ein Notsignal ausgelöst hatte, eine Art SOS an die Sterne. Vielleicht hatte der tote Pilot vor über tausend Jahren dasselbe versucht, aber keinen Erfolg gehabt, weil seine Rettungskapsel beschädigt war.
Mulder entschied, daß es Zeit war zu verschwinden. »Dank Ihrer Nachforschungen wissen wir, daß es einen Gang hinauf zum Ausgang der Pyramide gibt... ich habe auch keine Lust, noch einmal in der Cenote herumzukraxeln.«
»Ich kann immer noch nicht sehr gut sehen.« Cassandra blieb dicht an seiner Seite, während sie die Hauptkammer verließen, und fragte dann mit zögernder Stimme: »Mein Vater... ist er mit Ihnen gekommen?«
Mulder schluckte, und sein Herz wurde schwer. Das Licht in den Gängen um sie her nahm immer mehr ab. »Ja, er ist mit uns gekommen. Wir haben versucht, ihn zu überreden, daheim in den Staaten auf uns zu warten, aber er wollte nichts davon hören. Er wollte unbedingt bei der Suche nach Ihnen und Ihrem Team helfen.« Er holte tief Luft. »Aber Dr. Rubicon... er wurde auch ein Opfer der Leute, die versucht haben,
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