Akte X
nur noch wenige ziellose Schüsse ab. Als die Bäume in lodernden Flammen aufgingen und Explosionen das Unterholz zerfetzten, hörte Scully überall wilde Aufschreie, panische Rufe und Schmerzgeheul und hoffte sekundenlang auf einen schnellen Sieg.
Doch dann antwortete eine Maschinengewehrsalve aus der Deckung der Bäume heraus. Zwei von Major Jakes’ Soldaten wurden zu Boden geschleudert, zerrissen von großkalibrigen Geschossen.
»Bleibt in Deckung!« schrie Major Jakes, während er Scully mit fester Hand hinter dem erbärmlichen Schutz der Zelte am Boden hielt.
Der Dschungel brannte. Ein anderer Soldat nahm den Platz seines gefallenen Kameraden am Raketenwerfer ein und feuerte vier eher winzige Geschosse in die Mitte des verborgenen Gewehrfeuers – die Explosionen jedoch dröhnten lauter als die vulkanischen Erdstöße.
Wieder verebbte das Feuer der Heckenschützen. Über das Knistern der Flammen hinweg hörte Scully sich entfernende Rufe im Kletterpflanzengewirr des Urwalds. Die Leuchtkugeln am Himmel warfen verzerrte, wild tanzende Schatten auf die Plaza, als lauere der Feind noch immer am Rande der Lichtung.
Ein dreckverschmierter junger Soldat sprintete über die freie Fläche und brachte sich hastig neben Major Jakes in Deckung. Er hatte so weiche Gesichtszüge, daß Scully sich nicht vorstellen konnte, daß er älter als zwanzig war, doch seine Augen waren hart wie Feuersteine und verrieten ein Alter, das weit über seine Jahre hinausging.
»Der Feind scheint sich zurückzuziehen, Sir«, keuchte er. »Zumindest vorläufig.«
Der Major nickte. »Überlegene Feuerkraft reicht immer, um Rebellentruppen einzuschüchtern. Ich möchte, daß Sie loslaufen und eine Schätzung der Verluste vornehmen.«
»Ich kann Ihnen eine vorläufige Schätzung geben, Sir. Mindestens vier Mann sind getroffen, drei tödlich, einer... nun, es sieht immer noch ziemlich schlimm aus, Major.«
Jakes’ Miene verfiel, als sei ihm die Luft aus den Lungen geschlagen worden; dann atmete er tief durch, und die Flügel seiner Adlernase blähten sich weit auf. »Noch sechs«, knurrte er.
Ein anderer Soldat, der aus der rechten Brustseite blutete, kam heran, doch er ließ sich von der Verletzung nicht aufhalten. »Die Guerillagruppe hat sich in den Wald zurückgezogen, Sir«, meldete er zackig. »Wir vermuten, daß sie sich zu einem neuen Angriff formieren.«
»Sie wissen, daß sie uns nicht besiegen können«, sagte
Jakes sinnend. »Aber sie können uns aushungern.« »Wollen Sie, daß wir einen Ausfall machen und sie
jagen, Major?« fragte der Soldat und preßte sich geistesabwesend die Hand in die Seite, um den Blutfluß zu dämmen.
Major Jakes schüttelte den Kopf. »Irgendwelche Erkenntnisse über ihren Anführer? Den Mann, der die Befehle gegeben hat?«
»Nur vorläufige, Sir.« Der Soldat zog die Hand von seiner Wunde und krümmte die klebrigen Finger. Scully konnte eine aufgerissene Kerbe im Fleisch erkennen, versengt von der Hitze der Kugel. Gleichmütig betrachtete der Mann das feucht schimmernde Blut auf seiner Handfläche und wischte es dann an seiner Tarnhose ab.
»Der Anführer hat sich auch in Deckung gebracht, glauben wir. Leider müssen wir annehmen, daß er unverletzt ist. Er wurde zuletzt gesehen, als er einen Durchbruch zur Hauptzitadelle der Ruinenstadt versuchte... Dort drüben.« Der Soldat deutete auf die Pyramide des Kukulkan. »Vielleicht ist das so eine Art Festung der Rebellen oder ein zusätzliches Waffenlager. Jedenfalls eindeutig unser Hauptziel.«
»Dies ist eine archäologische Grabungsstätte, kein militärisches Ziel«, warf Scully ein, stemmte sich auf die Knie hoch und schob sich von Jakes weg. Es machte sie wütend, die Toten und Verwundeten zu sehen, die sinnlose Zerstörung, die sowohl Barreios Freiheitskämpfer als auch Major Jakes’ Soldaten angerichtet hatten. »Das ist nur eine antike Maya-Ruine, sehen Sie das nicht? Nicht mehr!«
»Alle Hinweise deuten auf das Gegenteil hin.« Major Jakes sah sie mit regungslosem Gesicht an. »Wenn Xitaclan lediglich eine Stätte von historischem Interesse ist, warum verteidigt diese Rebellenbande es dann so verbissen?« Er wandte sich an den verwundeten Mann, der auf weitere Befehle wartete. »Machen Sie mit der Durchführung dieser Mission weiter. Ich möchte innerhalb von zehn Minuten zwei Raketenmörser aufgestellt und feuerbereit haben.«
»Jawohl, Sir!« Der Soldat rannte trotz der Feuerpause hakenschlagend davon.
»Mit welchem Recht
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