Akte X
Raumes.
Mulder hatte den Eindruck, als beobachte er einen wandelnden Toten.
7 Scharfschützenstellung über dem Halliday Square
Das scheinbar endlose Warten begann dem Scharfschützen zuzusetzen. Seine Aufmerksamkeit war weiterhin unverwandt auf die Vorderseite des Reisebüros gerichtet, aber er bemerkte immer wieder, wie die Dinge am Rande seines Blickfeldes verschwammen. Dann blinzelte er, bis sich seine Sicht wieder klärte. Und er mußte immer häufiger den Griff um das schwere Gewehr lockern, die Finger strecken und beugen, damit das Gefühl in sie zurückkehrte und sie geschmeidig blieben.
Er war dem allgemeinen Funkverkehr zugeschaltet worden und wußte daher, daß es den Agenten irgendwie gelungen war, eine Kamera im Inneren des Reisebüros zu installieren. Als nun eine Stimme in seinen Kopfhörern ertönte, war er schlagartig wieder hellwach. Er schob sich etwas weiter über die Brüstung, schmiegte die Wange an den kühlen Gewehrkolben und wartete.
Da! Plötzlich schwang die Tür auf. Sein Zeigefinger berührte beinahe zärtlich den Abzug. Zwei Frauen stolperten ins Freie, aufeinander gestützt. Sie wankten auf den Platz hinaus, wo sie sofort von einigen Gestalten umringt wurden.
»Sie sind in Sicherheit«, sagte der Scharfschütze in das kleine Mikrophon direkt vor seinen Lippen. Er sah zu, wie die Geiseln eilig fortgebracht wurden. Dann tauchten von allen Seiten weitere Gestalten auf, huschten durch die Schatten und nahmen den Eingang des Reisebüros in die Zange.
Bleiben nur noch zwei Geiseln und der Kidnapper selbst übrig, dachte der Scharfschütze. Und eine der Geiseln ist einer von uns. Er sah, wie die Tür wieder zuschwang.
Keine Gelegenheit, einen gezielten Schuß anzubringen. Verdammt!
8 Einsatzquartier des FBI-Geiselbefreiungskommandos
Scully saß vor der Kommunikationsanlage, einen Kopfhörer über die Ohren gestülpt. Sie war direkt mit Mulder verbunden. Über die Lautsprecher, die überall aufgehängt waren, konnte sie die von Störungen überlagerten laufenden Meldungen der Eingreifkräfte hören: Ich hab' ihn... steht in der Mitte des Raumes... bewegt sich...
Das mußte die Überwachungseinheit sein. Endlich hatten sie Duanes Position ausgemacht. Scully konnte sich vorstellen, wie die Eingreiftruppe draußen auf dem Platz vorrückte, in Quantico ausgebildete FBI-Agenten, die besten Spezialisten der Welt. Wie sie sich dem Gebäude näherten, sich auf den Angriff vorbereiteten...
»Der Countdown läuft, Mulder. Halten Sie sich bereit.«
Während sie sprach, hörte sie die Bestätigungen über die Außenlautsprecher: Position eins. Bereit. »Alles klar, Position eins«, antwortete Agent Brem, der den Einsatz koordinierte.
Scully erschauderte, obwohl in der Operationszentrale eine brütende Hitze herrschte. So viel stand auf dem Spiel. Mulder...
9 Travel Time-Reisebüro
Mulder beobachtete Duane. Der ehemalige FBI-Agent wirkte geistesabwesend, hielt sich aber außerhalb der Schußlinie. Die Blenden der Jalousie an der Tür waren geöffnet, seit Duane die Schnur abgerissen hatte, um Mulder zu fesseln. Das Licht, das von außen hereindrang, war mittlerweile stärker geworden. Wenn die Eingreiftruppen nahe genug herankamen, würden sie das Innere des Reisebüros überblicken können...
... und ein Ziel haben...
Duane zuckte zusammen, als hätte ihn irgend etwas gestochen. Er wandte sich Mulder zu. »Wir brauchen ein Transportmittel.«
»Was wollen Sie, Duane? Ein Auto?«
»Ich weiß nicht...«
»Wissen Sie, wohin Sie wollen, Duane?«
Ein verwirrter und träumerischer Ausdruck breitete sich langsam auf Duanes Gesicht aus. Er hob den Kopf, als habe er das Gefühl, daß irgend jemand ihrem Gespräch zuhören würde, zögerte kurz und sagte dann leise: »Sie werden es mir sagen.«
»Sie können nicht von hier verschwinden, Duane, wenn Sie nicht wissen, wohin Sie wollen.«
Die Verträumtheit ließ Duanes gequälte Züge noch immer sanft erscheinen. Als er sich Mulder näherte, trat er in den Lichtfächer, der von draußen durch die Schlitze in der Jalousie fiel, und fast augenblicklich erschien ein hellroter Fleck auf seinem Nacken, der langsam zu seinem Hinterkopf hinaufkroch.
Zur Medulla oblongata, dachte Mulder.
»Duane!« rief er scharf.
Duane fuhr zusammen, ging auf ihn zu, und sein Gesicht verhärtete sich, wurde wachsamer. »Was?«
Der rote Fleck verschwand. Mulder stieß einen heimlichen erleichterten Seufzer aus, aber in seine Erleichterung mischten sich sofort
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