Akte X
nicht besonders amüsant finden. „Schön. Und er ist vor zweieinhalb Monaten verschwunden. Was interessiert Sie nur an diesem Fall?“
Mulder dachte über ihre Frage nach, wobei er den Kopf in einer Weise schief hielt, als würde er sich selbst über sein Interesse an diesem Fall wundern.
„Da gibt es einige Gründe“, sagte er dann langsam. „Haben Sie den Absatz gelesen, in dem es heißt, dass eine Frau in der Nacht, in der George Kearns verschwand, von der 1-10 aus ein seltsames Licht auf einem der angrenzenden Felder gesehen haben will?“
„Ja, das habe ich gelesen. Sie sprach von einem Irrlicht, aber was hat das zu bedeuten?“
„Irrlichter... Sie werden in vielen indianischen Legenden des neunzehnten Jahrhunderts erwähnt.“ Mulder lehnte sich zurück, und Scully sah jenes typische Glitzern in seinen Augen, das den Geschichtenerzähler verriet. Jetzt fehlte nur noch ein Lagerfeuer. „Viele Menschen haben behauptet - manche haben es sogar vor Gericht beschworen -, dass sie gesehen hätten, wie ihre Angehörigen von Feuerbällen entführt worden seien. Ihre Leichen wurden nie gefunden.
Die Leute haben diese Feuerbälle als Irrlichter bezeichnet, und sie glaubten, es seien die rachsüchtigen Geister massakrierter Indianer.“
Also doch ein Hauch des Übernatürlichen, wenn auch ein äußerst schwacher. Scully schob die Lippen vor.
„Mulder, haben Sie sich eigentlich erkundigt, ob diese Frau nicht gleich, nachdem sie ihre Aussage gemacht hat, bei einer gewissen Oprah angerufen hat?“
Mulder nahm ihr den Ordner ab und blätterte darin, bis er die Fotografie eines Feldes fand. Ein Staatspolizist kauerte am Boden. In der Hand hielt er ein Maßband, das über einen großen, kreisrunden schwarzen Fleck am Boden gespannt war.
„Die meisten Legenden hinterlassen keine kreisrunden Brandflecken“, erklärte er trocken. „Das ist das Feld, auf dem die Frau das Irrlicht gesehen haben will. Dieses Bild wurde am nächsten Tag aufgenommen.“
„Dann hat sie eben ein Feuer gesehen, Mulder. Das könnte doch alles mögliche gewesen sein, ein Lagerfeuer zum Beispiel...“
Mulder nickte zustimmend. „Das habe ich zuerst auch gedacht. Aber dann habe ich mich an etwas erinnert...“
Behende erhob er sich und ging zu dem Metallständer in der Ecke, in dem Fernsehgerät und Videorekorder standen. „Ich habe einmal eine Dokumentation über eine Irrenanstalt gesehen.“ Er schaltete das Fernsehgerät ein und startete das Videoband im Rekorder. „Ich habe Alpträume davon bekommen.“
Scully, die noch immer neben Mulders Schreibtisch lehnte, verschränkte die Arme vor der Brust und wartete. „Ich hätte nicht gedacht, dass Sie von irgend etwas Alpträume bekommen“, murmelte sie.
„Ich war zwölf Jahre alt“, erklärte Mulder achselzuckend.
Das Videoband lief an, und der schwarze Bildschirm des Fernsehgeräts erwachte plötzlich zum Leben.
Der Schwarzweißfilm zeigte ein erschütterndes Bild. Ein Mann mit einem ausgemergelten Gesicht, einem Dreitagebart und extrem kurzem weißen Haar erschien auf dem Bildschirm. Seine Wangen waren eingefallen, seine Haut erschlafft, und seine Lippen hatten sich zu einem wahnsinnigen Grinsen verzogen.
Doch das Schlimmste waren seine Augen. Tief in den Höhlen liegend, um die herum das Fleisch dunkel und eingesunken war, offenbarten sie den ganzen ungeschminkten Irrsinn dieses Mannes.
Sein Blick war von Bildern traumatisiert worden, mit denen der menschliche Geist nicht umzugehen versteht, seine Augen waren Zeuge geheimnisvoller Vorgänge geworden, die ein Normalsterblicher niemals zu Gesicht bekommen sollte.
Auf eine sonderbare Weise schienen sie noch immer an dem Ort dieser Geschehnisse zu verweilen, schienen noch immer in jene andere Welt zu blicken. Sie starrten vor sich hin. Dann wieder huschten sie gehetzt durch den Raum, um im nächsten Moment erneut zu erstarren. Dabei wirkte der Vorgang so unwillkürlich, als hätten sie sich zu selbständigen Organen mit eigener Intelligenz entwickelt.
Als der Mann zu sprechen begann, musste sich Scully gewaltsam von dem furchtbaren Anblick losreißen, um seinen genuschelten Worten folgen zu können.
„Sie haben mich fortgebracht... die Feuerdämonen. Die Feuerdämonen wollten ihre Fleischration...“
Die Kamera fuhr zurück und zeigte mehr von der Umgebung. Der Mann lag angeschnallt auf einer Liege, dem einzigen Möbelstück in dem kleinen Raum. Die Leinengurte an den Ecken der Liege, die seine Hand- und Fußgelenke fixierten, waren
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