Akte X
eiskalte Hybris eines Mannes gedacht, der einen Mythos für ein reales Wunder genutzt hatte. Eines Mannes, der sein Leben dem Versuch gewidmet hat, dem Tod seinen Stachel zu nehmen.
»Zweitausend unversiegbare Quellen der Unsterblichkeit«, sagte Mulder mit belegter Stimme. »Ihren eigenen Bruder eingeschlossen.«
Ein leises Husten drang an seine Ohren, und Mulders Schultern begannen zu zittern. Er hatte sich nicht geirrt. Der Mann hinter der Chirurgenmaske war Emile Paladin. Mulder musste sich an den Operationstisch lehnen, da die Wunde in der Schulter Wellen der Ohnmacht durch seinen Körper sandte. Paladins Überzeugung war unerschütterlich, und seine Leistung unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten überwältigend. Zweitausend unverwundbare Soldaten, ein jeder eine selbstregenerierende Produktionsstätte jener Haut, die diese Veränderung einzuleiten vermochte . . . Doch wozu das alles? Vermutlich für den gigantischen Deal, das Produkt an mächtige Männer des Verteidigungsministeriums zu verkaufen, deren Identität im dunkeln bleiben würde, Männer, die Paladins Forschung bis heute finanziert hatten. Basteleien an der menschlichen Rasse, Experimente mit der Evolution - das alles war letzten Endes verabscheuenswert.
Und doch gab es nichts, was Mulder tun konnte. Er spürte, wie die Kraft ihn verließ, registrierte, dass sein Kopf immer weiter nach vorn sank - als er plötzlich das runde Pedal nur wenige Zentimeter neben seinem rechten Fuß bemerkte. Er folgte der Verkabelung zu ihrem zylindrischen Ursprung und erkannte, dass er sich ganz in der Nähe des Laserskalpells befand.
Heftig schlug das Herz in seiner Brust, und Hoffnung ließ ihn die letzten Reserven mobilisieren. Als er hörte, wie Paladin um das Kopfende des Tischs herumging, schloß er die Augen. Nur noch kraft seiner Vorstellung ortete er den Mann. Gleichzeitig rief er sich das Bild des künstlichen Arms mit dem angeschlossenen Laser ins Gedächtnis, der in flachem Winkel nach oben zeigte. Er biss die Zähne zusammen, spannte die schmerzenden Muskeln an und zwang seinen Körper, sich zusammenzukauern. Dann zählte er die Sekunden und lauschte den Schritten, die immer näher und näher kamen...
Plötzlich schoß Mulder unter dem Tisch hervor und richtete sich zu voller Größe auf. Verblüfft zuckte der Chirurg zurück und riß die Waffe hoch, doch bevor er den Abzug drücken konnte, ergriff Mulder den stählernen Läserarm mit der rechten Hand. Das auf Federgelenken gelagerte Instrument sprang vor und drehte sich von dem zylindrischen Gehäuse fort. Im gleichen Augenblick trat Mulder mit aller Kraft auf das Pedal, und das elektrische Schnappen zerriß die Luft wie ein überlauter Peitschenknall. . . aber das rote Führungslicht zielte um wenige Zentimeter an Paladins Schulter vorbei. Mulders Augen weiteten sich vor Entsetzen, als er erkannte, dass der Laser direkt auf die Gummimanschette einer der Sauerstoffflaschen fiel.
Nicht noch eine Fehleinschätzung. Für einen Augenblick schien die Zeit stillzustehen - dann flammte ein alles verschlingender Blitz auf, eine heranrasende Sturmwelle aus grellweißem Licht.
Als die Sauerstoffflasche explodierte, wurde Mulder zurückgeschleudert. Sengende Hitze leckte über sein Gesicht, während die Feuersbrunst den Raum flutete und Paladin von hinten erfaßte. Immer weiter breiteten sich die Flammen aus, umhüllten den Operationstisch, fraßen sich über die Behälter mit dem Anästhetikum. Mulder krachte rücklings an die Wand und bedeckte seinen Kopf mit den Händen, als eine weitere Explosion den unterirdischen Raum erschütterte. Metallteile flogen durch die Luft, Splitter aus Gestein und Stahl bohrten sich in die Wände. Etwas schlug auf Mulders Leib und trieb ihm gewaltsam die Luft aus den Lungen. Auf keuchend klappte er zusammen, und die Hitze versengte seine Nackenhaare.
Als der Sauerstoff verglüht war, verschwand die Hitze so schnell, wie sie gekommen war. Taumelnd kam Mulder auf die Beine und blickte sich in dem verwüsteten Raum um. Medizinische Gerätschaften lagen auf dem Boden - die meisten waren so verkohlt, dass es unmöglich war, ihren ursprünglichen Zweck zu erkennen. Die Videokameras waren verschmort, und ihre geschmolzenen Linsen hatten kleine kristalline Flecken auf dem Boden hinterlassen. Der Operationstisch war zur Seite geschleudert worden; Andrew Paladin war nur noch ein zusammengeschrumpftes, verkohltes Etwas. Offenbar hatte sich das Betäubungsgas in seinen Lungen
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