Akte X
Eckleman, während er auf die Tür zuging. »Cavanaugh, der Verwaltungschef, wird meinen Arsch zum Frühstück verspeisen, aber ich sage Ihnen, das war nicht mein Fehler. Ich habe verdammt nochmal nicht dem falschen Leichnam die Haut abgezogen.«
Mulder sah zu, wie der Mann aus dem Kühlraum hinaustrottete. Dann drehte er sich wieder zu Scully um, die sich gerade in den Ordner von John Doe vertieft hatte. »Das ist eine gewaltige Institution, mit der wir es hier zu tun haben, und es ist schon sehr spät. Um drei Uhr morgens geht leicht etwas verloren. Um acht Uhr morgens ist es meistens wieder da. In der Zwischenzeit sollten wir mit diesen beiden Medizinstudenten sprechen. Wenn irgend etwas von diesem John Doe weitergegeben worden ist, sind sie ganz offensichtlich diejenigen, die uns etwas darüber sagen können.«
Da John Does Leiche verschwunden und Perry Stanton noch immer auf der Flucht war, waren die beiden Medizinstudenten auch die einzigen, die ihnen etwas über diese Sache erzählen konnten. Mulder fühlte, wie sich sein Pulsschlag erhöhte, als sein Blick erneut zu der leeren Schublade wanderte. Irgendwie kam ihm das rechteckige, stählerne Fach ohne eine Leiche weit aussagekräftiger vor. Es war, als würden sie ein Grab ausheben und einen leeren Sarg vorfinden.
Entgegen Scullys Worten glaubte Mulder nicht, dass das Verschwinden des Leichnams ein Zufall war. Er war überzeugt, dass der Schlüssel zu der Tragödie im Krankenzimmer in John Does Haut zu suchen war. Und er war nicht bereit, irgendeine Erklärung anzuerkennen, die nicht aufdecken konnte, was tatsächlich mit Perry Stanton geschehen war - ganz gleich wie vernünftig sie auch klingen mochte.
Kapitel 5
Wie ein Teppich aus Smaragden glitzerte das zerborstene Glas in dem hellen Dreieck; scharfkantige, grüne Glasscherben verteilten sich in der Form eines aufgedunsenen Julimondes über dem schwarzen Asphalt. Perry Stanton stand unter einer
Straßenlaterne am Rinnstein, und seine schmalen Schultern hoben und senkten sich unter dem zerrissenen Krankenhauskittel. Vor sich erkannte er die Flaschenhälse, die aus den Scherben herausragten wie phallische Eisberge, Spuren eines alkoholumwölkten Zornausbruchs oder einer Studentenparty, deren buntes Treiben sich über die dunklen Straßen von Brooklyn ergossen hatte. Stanton schwirrte der Kopf, als die Scherben unter seinen Augen zu wachsen schienen, mächtige grüne Dornen verspotteten ihn, forderten ihn heraus und lockten ihn, näher zukommen.
Plötzlich öffnete sich sein Mund, und ein dumpfes Stöhnen ertönte in der nächtlichen Luft. Seine nackten Füße verkrampften sich auf dem Gehweg, und seine Wirbelsäule bog sich zurück. Die Muskeln in seinen Hüften spannten sich, und er warf sich nach vorn, tauchte Hals über Kopf in die dunkle Straße ein. Sein Körper schlug auf den Glasscherben auf, und er rollte sich auf den Splittern hin und her, während er mit beiden Armen wild um sich schlug.
Er hörte, wie der Krankenhauskittel riß, hörte das Glas unter seinem Gewicht bersten. Doch er empfand keine Erleichterung. Das Glas konnte das grauenhafte Stechen nicht lindern. Die Scherben hätten ebenso leicht durch seine Haut dringen sollen, wie sie den dünnen Kittel aufgeschlitzt hatten, und doch hielt das schreckliche Krib-beln unvermindert an. Es fühlte sich an, als würde jeder Zentimeter seines Körpers von winzigen, hungrigen Maden heimgesucht. Es war so furchtbar, dass er nicht einen einzigen klaren Gedanken fassen konnte, so entsetzlich, dass jeder Befehl aus seinem Gehirn scheinbar tausendmal zurückhallte, ehe er den Weg zu seinen Muskeln fand.
Während er flach auf dem Rücken in dem zerbrochenen Glas lag, schlug er die Handflächen vor die Augen, und ein gequältes Wimmern stieg aus seinen Lungen empor. Was zum Teufel ging nur vor? Was zum Teufel stimmte nicht mit ihm?
Er fühlte etwas Warmes, Flüssiges an seinen geschlossenen Lidern und zog hastig die Hände fort. Als er die Augen wieder öffnete, starrte er auf seine blutroten Handflächen. Rasch mühte er sich auf die Knie, und neue Tränen brannten in seinen Augen.
Trotz des entsetzlichen Stechens erinnerte er sich noch immer an den Kopf der Frau zwischen seinen Händen. Noch immer konnte er hören, wie die Knochen geborsten waren, als er zugedrückt hatte. Noch immer konnte er sehen, wie ihre Augen aus den Höhlen traten, wie Blut aus ihren Ohren sprudelte, wie ihre Wangen einfielen - noch immer fühlte er sie zwischen seinen
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