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Akte X

Akte X

Titel: Akte X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skin
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zähflüssigen Luft fiel ihm jeder Atemzug schwer.
    Die Straße vor ihnen wirkte wie ein Lebewesen: Serpentinen aus dunklem Schlamm schlängelten sich durch sattgrüne Bäume, verschwanden in dämmrigen Senkungen, um dann überraschend emporzuschnellen. Schon vor langer Zeit war der Himmel hinter einer düsteren Decke aus Regenwolken verschwunden, und die Lichtkegel der Nebelscheinwerfer vollführten einen wilden Tanz, während Mulder mit dem Lenkrad kämpfte, damit der Jeep nicht in die undurchdringliche Wildnis zu beiden Seiten der Straße rutschte.
    Die zwölf Stunden nach ihrer Landung in Bangkok waren auch ohne das Unwetter anstrengend genug gewesen. Am Terminal hatte sie ihr militärischer Verbindungsoffizier erwartet, ein Army-Corporal in Galauniform und mit einem durch nichts zu erschütternden spöttischen Grinsen. Timothy Van Epps war ein Berufssoldat mit wenig Zeit und noch weniger Respekt vor FBI-Agenten, die so weit von ihrem Zuständigkeitsbereich entfernt waren - es war offensichtlich, dass er erst im letzten Moment und gegen seinen Willen die Order erhalten hatte, sich um die Neuankömmlinge zu kümmern. Nachdem er die Agenten in ein kleines Büro hinter der Zollabfertigung geführt hatte, wo er sie in eine kurze Diskussion über den derzeitigen Stand der Beziehungen zwischen den USA und der Thai-Monarchie verstrickte, drückte er ihnen einen Zettel mit der Beschreibung des Weges nach Alkut sowie eine Karte des winzigen Fischerdorfes und seiner Umgebung in die Hand. Dann wurde sein Grinsen noch breiter. »Wahrscheinlich sieht die Wirklichkeit mittlerweile ganz anders aus als auf diesem Stück Toilettenpapier. Seit Vietnam haben wir für dieses Gebiet nicht viel Verwendung gehabt
- die meisten Eintragungen sind also im besten Fall zwanzig Jahre alt. Wenn Sie wollen, können Sie mir ja nach Ihrem kleinen Ausflug ein Update der Karte faxen.«
    Mulder bezweifelte, dass die US-Army FBI-Agenten benötigte, um ihre Informationen aufzufrischen und das in einer Region Südostasiens, in der sie früher massive militärische Präsenz gezeigt hatte. Viel wahrscheinlicher war, dass Van Epps den Befehl bekommen hatte, ihnen Steine in den Weg zu legen. Dabei glaubte Mulder nicht an eine gezielte Sabotage, sondern hielt Van Epps Spielchen eher für eine jener Maßnahmen, die der Army zur zweiten Natur geworden waren: Das Militär sah das FBI als einen unberechenbaren kleinen Bruder, der toleriert, aber keinesfalls ermuntert werden durfte. Vor allem, wenn der kleine Bruder plötzlich sogar in Übersee auftauchte.
    Nachdem er ihnen die Karte und die Wegbeschreibung gegeben hatte, führte sie Van Epps zu einer Regierungslimousine mit Diplomatenkennzeichen und brachte sie vom Flughafen nach Hua Lamphong, Bangkoks Hauptbahnhof. Die Fahrt war nach dem langweiligen Flug ein Fest für die Sinne. Die thailändische Hauptstadt definierte den Begriff urbaner Dschungel neu: schmale, lückenlos von Häusern gesäumte Straßen voller Kleinwagen, offener Busse, Fahrräder und Motorrikschas - und auf jedem freien Fleck liefen, standen, saßen Menschen, Millionen von Menschen. Thailändische Männer in weißen Hemden und Frauen in Seidenkleidern, Kinder in dunklen Schuluniformen und Mönche in leuchtend orangenen Roben; ein endloses Menschenmeer, das sich in ungleichmäßigen Schüben durch die Häuserschluchten wälzte. Die überfüllten Bürgersteige wurden von Gebäuden überragt, die geradewegs dem Traum eines Schizophrenen zu entstammen schienen. Bürohochhäuser aus Glas und Stahl türmten sich neben uralten Tempeln mit goldenen Dächern, Appartementkomplexe wuchsen an allen Straßenecken in die Höhe, jeder eine Mischung aus einem halben Dutzend verschiedener Baustile: himmelstürmende Turmspitzen, kubische Balkone, gerundete weiße Ecken, Stockwerke aus Holz, Gips, Stein und Stahl. Die Gebäude schienen in einen ewigen Krieg zwischen dem Althergebrachten und der kompromißlosen Erneuerung verstrickt zu sein, und die einzige Konstante war das Wachstum - unaufhörlich, pulsierend, unaufhaltsam.
Mulderund Scully bekamen keine Chance, diese kakophonischen Eindrücke zu verarbeiten. Van Epps begleitete sie schnurstracks in den überfüllten Bahnhof, einem recht modernen Komplex in der Nähe des Stadtzentrums, zeigte ihnen den richtigen Bahnsteig und verabschiedete sich dann mit einem knappen Nicken. Als der Corporal fort war, atmete Mulder erleichtert auf. Er konnte Männern wie Van Epps nicht trauen, und er hatte auch kein

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