Akte X
Interesse daran, dass ihnen das Militär bei der Arbeit über die Schulter sah. Jetzt konnten er und Scully die Untersuchung nach ihrem eigenen Ermessen fortführen.
Bald lag die Riesenmetropole Bangkok hinter ihnen und wich fruchtbarem grünem Land, dichten Wäldern und endlosen Reisfeldern, als der Zug auf seiner Fahrt zur Südostküste einen kurzen Abstecher ins Landesinnere machte. Auf ihrer gemächlich dahin ruckelnden Fahrt unterhielt sich Mulder - in einer Mischung aus Englisch und holperigem Französisch - mit einem Thai-Bauern, der nach einem dreiwöchigen Besuch in der Hauptstadt nach Hause zurückkehrte. Doch als Mulder dem ärmlich gekleideten Mann ihr Ziel nannte, reagierte er seltsam. Er wich vor ihm zurück und griff gleichzeitig nach einem kleinen Gegenstand, den er unter dem Hemd trug. Mulder sah genauer hin und erkannte, dass es eine Art Amulett war - nichts Ungewöhnliches in Thailand. Die Thai waren eines der abergläubischsten und religiösesten Völker der Welt, und die meisten thailändischen Männer trugen mindestens einen buddhistischen Glücksbringer.
Als Mulder den Bauern fragte, murmelte sein Gegenüber etwas von Mai Dee Phis, bösen Geistern, wie Mulder in seinem Wörterbuch nachschlug. Den Rest der Fahrt sah der Mann aus dem Fenster und vermied jedes weitere Gespräch.
Der Zug hatte die beiden Agenten bis Rayong gebracht, ein von weißen Sandstränden und Hotelanlagen im europäischen Stil umgebenes Städtchen am Golf. Ein Fischerdorf, das für sein nam plaa berühmt war - >Fischsoße<, das beliebteste Würzmittel in Thailand -, voller Straßencafes und Souvenirläden für die zahllosen Touristen aus den nahegelegenen Hotelanlagen.
Mulder und Scully mieteten den Jeep am Stadtrand, ließen die Touristenzentren hinter sich und fuhren tief in die unberührten südlichen Regionen des Landes hinein. Bald wichen die asphaltierten Straßen primitiven Lehmpisten, die palmengesäumten Strande mit ihren direkt am Meer gelegenen Hotels verwandelten sich in dichten Wald mit tückischen Felsklippen. Je näher sie Alkut kamen, desto schwieriger wurde ihre Reise, und manchmal hatte Mulder das Gefühl, die Zivilisation viel mehr als nur ein paar Dutzend Kilometer hinter sich gelassen zu haben.
»Der Ort muss hier irgendwo in der Nähe sein«, brach Scully ihr erschöpftes Schweigen, während sie eine Ecke der Karte glättete und auf eine Lücke zwischen den Bäumen zeigte. »Ich glaube, der Golf von Thailand liegt direkt hinter diesem Hang. Und diese Abzweigung rechts führt hinauf ins Gebirge See Dum Kao - die >schwarzen Berge<. Bis zu viertausend Meter hoch, und auf der anderen Seite liegt die Grenze zu Kambodscha. Der Karte zufolge erstreckt sich das See-Dum-Gebirge über eine Fläche von fast vierhundert Quadratkilometern. Das meiste davon ist unbewohnt und unerforscht . . . mit jeder Menge Erdrutsche, Lawinen, giftigen Tiere und ansteckenden Krankheiten.«
»Der Himmel für jeden Eremiten«, witzelte Mulder. »Man haust in irgendeiner Höhle, ißt zu Mittag ein paar Spinnen und sieht sich am Wochenende mit seinen Eremiten-Kumpels die Erdrutsche an . . .« »Mulder!«
Der Jeep neigte sich gefährlich nach vorn, als die Lehmstraße plötzlich steil abfiel und in einem Gewirr aus dichter Vegetation und massivem Geröll verschwand. Mulder riß das Lenkrad hart nach rechts und kämpfte verzweifelt, um die Scheinwerfer nach vorn gerichtet zu halten, während der Jeep unaufhaltsam den steilen Hang hinunterpolterte. Zweige peitschten gegen die Seitenfenster, und die durchdrehenden Reifen wirbelten Steine und Schotter durch die Luft. Für einen Augenblick herrschte tödliche Stille, als der Wagen über einen vermoderten Baumstamm schoß und einen Atemzug lang wie ein übergroßes Fluginsekt hilflos brummend in der Luft hing - dann ein Krachen, und der Wagen hatte wieder festen Boden unter den Rädern.
Mulder trat mit aller Kraft auf die Bremse. Der Jeep schleuderte nach links und kam mit quietschenden Reifen zum Stehen. Mit weit aufgerissenen Augen blickte sich Mulder um, die Hände noch immer um das Lenkrad verkrampft. Sie standen am Rand einer gepflasterten Straße, und vor ihnen erstreckte sich ein langes, flaches Tal, das an drei Seiten von bewaldeten Hängen begrenzt wurde. Linkerhand, nicht einmal dreihundert Meter entfernt, lag der Golf von Thailand, der von der Straße nur durch mächtige Granitblöcke und knorrige Bäume getrennt wurde. Für den Moment war Mulder wie verzaubert: Das klare
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