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Akte X Novel

Akte X Novel

Titel: Akte X Novel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heilige Asche
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    Die Waschräume im Park waren sehr spartanisch eingerichtet. Alles war aus rostfreiem Stahl und Beton, die Becken einfach an der Wand verschraubt und von Stahlpfosten gestützt. Maggie wischte die letzten Schokoladenreste aus Teddys Gesicht; dann befestigte sie seinen Haltegurt am Waschbeckenständer und überprüfte die Schnallen, um sicherzugehen, daß er sich nicht lösen würde.
    „Okay, Teddy. Ich bin gleich wieder da", sagte sie lächelnd zu ihm, bevor sie die Kabine gegenüber betrat und die Tür hinter sich schloß.
     
    Als der Riegel einrastete, ließ Teddy den Ballon los und sah fröhlich zu, wie er zur Decke schwebte und dort herumhüpfte, unfähig, in den freien Himmel zu entfliehen.
    Zwischen der Kabinentür und dem Boden befand sich eine Lücke, und als Maggie sich im Sitzen herabbückte, um darunter hindurchzuschauen, sah sie beruhigt Teddys kleine Beine in ihren ausgebeulten blauen Hosen. Sie sang ein Kinderlied, um ihn hören zu lassen, daß sie in seiner Nähe war.
    „Sie war'n zu sechst im Bett, und der Kleine rief: Rollt 'rüber ... rollt 'rüber ..."
    Aber Teddy hörte nicht auf ihr Singen. Er beobachtete begeistert den Ballon, der sich plötzlich, wie von einer unsichtbaren Kraft gezogen, in Bewegung gesetzt hatte. Immer tiefer sank er, dann glitt er zur Seite auf den Ausgang zu. Als er den Türrahmen erreichte, rauschte die Toilettenspülung.
    Maggie sang weiter, während sie ihre Bluse in die Jeans zurückstopfte.
„Sie war'n zu fünft im Bett, und der Kleine rief: Rollt 'rüber ..."
    Sie bückte sich noch einmal, um einen Blick auf Teddys Beine zu werfen, dann entriegelte sie, immer noch singend, die Tür.
     
    „Also rollten alle 'rüber, und einer fiel raus ..."
     
    Sie öffnete die Tür, und der Gesang blieb ihr bei offenem Mund im Halse stecken. Teddys Haltegurt hing vom Waschbecken herab. Leer. Keine Spur von ihrem geliebten Kind.
    Oder von dem Ballon.
Maggie stürzte in Panik zum Ausgang und rief laut seinen Namen, noch ehe sie ins Freie kam. „Teddy! Teddy!"
    Teddy war nicht weit weg, aber er hörte sie nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit galt dem Ballon, der vor ihm herschwebte, immer gerade so weit entfernt, daß er ihn nicht erreichen konnte. Er stolperte vorwärts, so schnell er konnte, und streckte seine kleinen Arme aus. Doch jedesmal, wenn er seine Finger schloß, sprang der silberne Ring davon, und der Ballon lockte ihn weiter. Den Wiesenhang hinab und durch das weiß gestrichene Tor, das gerade weit genug offen stand, daß er sich hindurchzwängen konnte. Endlich verharrte der Ballon in der Luft, und Teddy streckte lächelnd die Hand danach aus ...
    Nur Charlie sah den kleinen Jungen durch den Zaun gehen. Seine dunklen Augen standen weit offen und spähten durch die Menge, während sein Vater ahnungslos neben ihm stand. Aber Charlie sagte nichts, warnte seinen Bruder nicht. Er tat nichts von dem, was man von einem Jungen erwarten würde, der zusieht, wie sein kleiner Bruder geradewegs in eine tödliche Gefahr hineinstolpert.
    Oben auf dem Wiesenhang beugte sich ein Mann über seine Kamera und sah durch den Sucher seine Frau und seine Kinder an, die mit einem der menschengroßen Tiere des Vergnügungsparks posierten. Es war ein rosa Schwein, noch intensiver rosa als die gefärbte Zuckerwatte, mit der sich seine Kinder über und über bekleckerten. Nachdem er die richtige Einstellung gefunden und auf den Auslöser gedrückt hatte, hob er den Kopf, und sein Blick fiel auf ein kleines Kind mit einem rosa Ballon im Hintergrund.
    Eine Sekunde lang dachte er gar nicht darüber nach, wo das Kind war, dann ließ ihn das Pfeifen des Miniaturzuges, das plötzlich viel näher klang als noch vor wenigen Augenblicken, die Situation erfassen. „Da ist ein Kind auf den Schienen!" rief er.
    Als er das hörte, stand Steve Holvey nur wenige Meter entfernt mit Charlie am Ballonstand. Er drehte sich um und Angst durchbohrte seinen Leib wie eine Lanze, als er den blauen Anzug und den rosa Ballon erkannte. Es war Teddy, der auf den Schienen stand - und der Zug kam bereits um die letzte Biegung und raste unter Volldampf auf seinen Jungen zu.
    „Oh mein Gott!" stöhnte er, während er sich bereits in Bewegung setzte, und stieß im Laufen einen Schrei aus.
     
    „Haltet den Zug an!"
     
    Maggie, die auf Kniehöhe in der Menge nach ihrem Sohn suchte, hörte seinen Schrei und wußte sofort, daß Teddy in Gefahr war. Sie rannte in die Richtung, aus der die Stimme ihres Mannes gekommen

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