Akte X
Vergrößerungen der Tätowierung.
„Richtig, das russische Alphabet", nickte Mulder. „Gute Arbeit, Scully. Aber wir müssen immer noch herausfinden, wer er war. Es muß mehr als eine Millionen Dmitris in Rußland geben."
„Sein vollständiger Name ist Dmitri Protemkin, und er war Mechaniker auf einem Frachter."
„Wie haben Sie denn das nun wieder rausbekommen? Haben die in Rußland neuerdings so wenig Papier, daß sie sich auch ihre Arbeitsverträge eintätowieren lassen?"
„Hier steht's drin", antwortete Scully. Sie zog die Boulevardzeitung aus der Tasche, schlug Seite fünf auf und überreichte sie Mulder.
Mulder überflog den Artikel und strahlte. „Scully, ich bin beeindruckt - erstklassig recherchiert! Und das von Ihnen. . . haben Sie mir nicht mal gesagt, Sie würden so eine Zeitung niemals lesen? Was war los? Haben Sie besonders lange im Supermarkt an der Kasse herumgetrödelt? Oder hat Ihre unbezähmbare Neugier schließlich doch noch gesiegt?"
„Absolut nicht." Scully hob abwehrend die Hände. „Jemand hat sie unter meiner Labortür durchgeschoben."
Sie bemerkte, wie sich Mulders Augen weiteten, und sie betrachtete ihn einen Moment lang sehr aufmerksam, bevor sie mit sanfter Stimme meinte: „Anscheinend haben Sie wirklich einen Freund beim FBI."
Mulder lächelte sie an, doch als er sich abwandte, wurden seine Züge grimmig.
„Ja, und ich habe auch schon einen Verdacht, wer das sein könnte", sagte er gepreßt. „Mit dieser Art Freund habe ich schon meine Erfahrungen gemacht. Diesen Typ kenne ich."
„Wieso, was war denn?" erkundigte sie sich, obwohl sie die Antwort eigentlich schon kannte.
„Bei dieser Art Freund braucht man keine Feinde mehr."
Behutsam legte sie die Hand auf seinen Arm. Es war nicht leicht, die richtigen Worte für das zu finden, was sie ihm erklären wollte. Doch sie mußte es ihm einfach sagen.
„Mulder, wenn Sie zu Skinner gehen und ihm Ihren Bericht vorlegen .. . und wenn Sie dann Ihre Situation zur Sprache bringen, dann hoffe ich..." begann Scully. Sie stockte. Dann holte sie tief Luft und fuhr fort: „Ich hoffe, Sie wissen, ich würde es mehr als einen rein beruflichen Verlust betrachten, wenn Sie den Dienst quittierten."
„Geht schon in Ordnung", erwiderte Mulder rauh. Doch nach einer kurzen Pause fügte er lächelnd hinzu: „Danke, Scully."
Es gab nichts weiter dazu zu sagen, und so drehte er sich um und schaute den langen, leeren Gang hinunter. Das war angenehmer als in Scullys besorgtes Gesicht zu sehen. Oder in seine eigene Zukunft.
15
Mulder war nicht sehr glücklich über diesen Fall was jedoch nichts daran änderte, daß er ihn mit gewohnter Professionalität anging. Seitdem er für das FBI arbeitete, hatte er seinen Job so gut erledigt, wie es ihm möglich war. Zehn Stunden lang arbeitete er an seinem Bericht über die Leiche, die in der Kanalisation gefunden worden war. Er schrieb eine Passage, dann änderte er sie wieder. Jedes noch so kleine Detail wurde erwähnt, alle Möglichkeiten wurden dargelegt, und am Ende lag der ganze Fall kristallklar vor ihm. Dann schickte er seinen Bericht per E-Mail an Skinner und wartete.
Und wartete.
Und wartete.
Einen Tag.
Zwei Tage.
Am dritten Tag wurde ihm klar: Es sprach einiges dafür, daß er niemals eine Antwort erhalten würde.
Abends ging er joggen, zehn schweißtreibende Meilen am Flußufer entlang, und als er in sein Appartement zurückkehrte, blinkte das Lämpchen an seinem Anrufbeantworter.
Er drückte die Abspieltaste und hörte Skinners Stimme: „Special Agent Mulder, bitte kommen Sie morgen früh um neun Uhr in mein Büro. Ich muß mit Ihnen sprechen."
Um neun Uhr am nächsten Morgen stand Agent Mulder im Büro des Assistant Directors.
Die Sekretärin musterte ihn unterkühlt.
Doch bevor sie ihn maßregeln konnte, kam Mulder ihr zuvor: „Ich habe einen Termin."
Ms. Jensen schaute ihn noch einen endlosen Moment lang an, dann öffnete sie mit aufreizend bedächtigen Bewegungen den Terminkalender auf ihrem Schreibtisch. Sie sah ihn genau durch, nahm betont langsam den Telefonhörer ab, drückte auf einen Knopf und sagte: „Sir, Special Agent Mulder ist hier und möchte Sie sprechen."
Mulder bedankte sich und betrat Skinners Privatbüro.
Skinner saß an seinem Schreibtisch und blätterte in einigen Papieren herum. Er blickte erst auf, als Mulder direkt vor ihm stand. „Ja?" Er blinzelte. „Agent Mulder, was liegt an?"
„Sie wollten mit mir sprechen", erinnerte ihn Mulder.
„Ach ja ..." Skinner fuhr
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