Akte X
muß, aber Agent Mulder besteht darauf, mit Ihnen zu sprechen."
Durch den Spalt in der Tür konnte Mulder Skinner sehen, der groß, kahlköpfig, mit verkniffenem Mund und blitzenden Brillengläsern an seinem Schreibtisch stand.
Skinner erwiderte Mulders kalten Blick ohne ein Blinzeln. Dann kam er zur Tür und sagte mit staubtrokkener Stimme: „Gibt es ein Problem, Agent Mulder?" „Oh ja, das gibt es", schnappte Mulder.
„Dann lassen Sie sich einen Termin geben", entgegnete Skinner und machte Anstalten, sich gleich wieder abzuwenden. Doch Mulders Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: „Es ist ziemlich hart, den korrekten Weg einzuhalten, wenn man bis zu den Knien im Dreck waten muß und von einem unmöglichen Job zum nächsten geschickt wird."
„Tut mir leid, aber ich verstehe nicht, was Sie von mir wollen ..."
„Was für einen. .. miesen Job soll ich denn als nächstes für Sie erledigen?" giftete Mulder. „Soll ich vielleicht den Waschraum mit einer Zahnbürste schrubben?"
„Mäßigen Sie sich, Agent Mulder!"
„Aber warum denn? Das machen Sie doch alles nur, damit ich Ihnen nicht lästig werde ... damit ich Ihnen nicht mehr in die Quere komme."
Mulder redete sich zunehmend in Rage.
Skinners Nacken nahm eine rote Färbung an. „Kommen Sie in mein Büro, Agent Mulder!" fauchte er. „Wenn ich bitten darf!"
Mulder ging um Mrs. Jensen herum, die vor der Tür stehen geblieben war. Kaum war Mulder eingetreten, als Skinner auch schon die Tür hinter ihm schloß. Erst jetzt konnte Mulder die Leute sehen, die rund um den großen Konferenztisch saßen. Er erkannte einige hochrangige FBI-Beamte. Die anderen sahen noch wichtiger aus.
„Agent Mulder, bitte erklären Sie uns, warum Sie Ihre Arbeit an dem Fall in New Jersey als Dreck bezeichnet haben."
„Naja, vielleicht wäre sinnlos die bessere Bezeichnung . . ."
„So, dann betrachten Sie also die Arbeit an einem Mordfall als sinnlos!"
„Es..." Mulder machte eine Pause und schluckte. Er hatte das Gefühl, daß alle Augen auf ihm ruhten. Die Anwesenden schienen sich über ihn lustig zu machen - offenbar warteten sie nur darauf, was er als nächstes sagen würde. Er wurde vorsichtig. „Für mich sah es wie ein ganz normaler Fall aus. Möglicherweise waren Drogen im Spiel. Trotzdem nichts, wofür man die Zeit und die Arbeitskraft des FBI verschwenden müßte."
„Agent Mulder, bedenken Sie bitte, welche berufliche Vergangenheit Sie haben. Wie oft hatten Sie für Ihre Fälle kein befriedigendes Ergebnis vorzuweisen . . . beziehungsweise überhaupt auch nur irgendein Ergebnis?"
„Aber.. .", begann Mulder.
Skinner ging gar nicht darauf ein. „Bei Ihrem Ruf sollten Sie sich wirklich nicht anmaßen, selbst entscheiden zu können, welcher Fall wichtig ist oder nicht und wofür wir unsere Leute einsetzen."
Mulder suchte nach einem weiteren Einwand. Er versuchte, seinen anfänglichen Elan wiederzufinden. „Sir, meine Arbeit an den X-Akten war wichtig ..."
Doch Skinner unterbrach ihn wieder. „Die XAkten sind geschlossen, Agent Mulder, und zwar aus den Gründen, die ich eben genannt habe. Sie werden Ihre neuen Aufgaben übernehmen, ohne zu meutern. Und Sie werden Ihr Bestes geben, haben Sie mich verstanden?"
„Ja", antwortete Mulder kleinlaut.
„Ich erwarte dann Ihren Bericht über den Fall in Newark. Also .. . wenn Sie nichts mehr dazu zu sagen haben, dann sollten Sie sich wieder an Ihre Arbeit machen."
Wortlos drehte sich Mulder um und verließ den Raum. Er hatte keine Lust, sich noch mehr zum Narren zu machen.
Mulder saß an der Uferpromenade des Potomac auf einer Bank. Die Wellen des Flusses reflektierten die Lichter am Ufer, und auf der anderen Flußseite sah man das hell erleuchtete Washington Monument. Wie ein riesiger Finger ragte es in den nächtlichen Himmel.
Mulder achtete nicht auf die Lichter und auch nicht auf die blinkenden Sterne über ihm. Mit hängenden Schultern saß er bewegungslos da und stierte auf den Boden - doch dort war nichts zu sehen. Keine Gegenwart, und auch keine Zukunft.
Plötzlich hörte er hinter sich eine Stimme. „Verzeihung, ist dieser Platz besetzt?"
Er brauchte gar nicht aufzusehen, um zu wissen, wer da gesprochen hatte. Nachdem er so lange und so eng mit Special Agent Dana Scully zusammengearbeitet hatte, kannte er ihre Stimme so gut wie seine eigene. Immer noch auf den Boden starrend, erwiderte Mulder: „Dieser Platz ist nicht besetzt. Aber ich sollte Sie warnen, ich habe eine ziemlich miese Laune."
„Nun, das macht mir
Weitere Kostenlose Bücher