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Akunin, Boris - Pelagia 01

Akunin, Boris - Pelagia 01

Titel: Akunin, Boris - Pelagia 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pelagia und die weissen Hunde
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nichts aus Titeln. Das kommt, weil du dich deines Namens schämst. Fürst Telianow, das klingt irgendwie zweifelhaft. Was sind denn das für Fürsten, deren Namen man noch nie gehört hat? Wenn du Obolenski oder Wolkonski hießest, würdest du Durchlaucht nicht verschmähen. Du solltest heiraten, heirate deine Tanja. Die ist die richtige Fürstin für dich. Bloß was wirst du mit ihr machen, Pjotr, na? Kluge Bücher lesen? Einer Frau genügt das nicht, ganz und gar nicht. Doch zu anderem bist du nicht fähig. Schon dreißig und noch immer Knabe. Sie wird dir weglaufen und zu einem handfesten Kerl gehen.«
    »Verdammt, was soll das!«, rief der Adelsmarschall entrüstet. »So was Unanständiges, und das in Gegenwart des Bischofs und uns allen! Die ist ja hysterisch, richtig hysterisch!«
    Schirjajew zog die junge Frau zur Tür.
    »Komm, Naina. Ich muss mit dir sprechen.«
    Sie lachte böse.
    »Natürlich, mit mir sprechen und reine Tränen vergießen. Wie ihr mir alle zum Halse heraushängt mit euren herzlichen Gesprächen! Bu-bu-bu, ssu-ssu-ssu«, äffte sie nach, »Pflicht gegenüber der Menschheit, Verschmelzung der Seelen, binnen hundert Jahren die Welt in eine blühende Landschaft verwandeln! Anstatt das Mädel einfach in den Arm zu nehmen und zu küssen! Idiot! Mit leeren Händen wirst du dastehen!«
    Auch Sytnikow wollte etwas sagen, er machte schon den Mund auf, aber nach dem Strafgewitter, das auf seine Vorredner niedergegangen war, zog er es vor zu schweigen. Gleichwohl bekam auch er sein Fett ab.
    »Und Sie, Donat Abramowitsch, was gucken Sie mich an wie ein Uhu? Sie können das nicht gutheißen? Oder tun Ihnen die Hundchen Leid? Ist es wahr, dass Sie Ihre Zwei-Zentner-Gattin mit Pilzen vergiftet haben? Um für die Neue Platz zu schaffen? Vielleicht für mich? Ich bin zwar damals noch im kurzen Röckchen rumgelaufen, aber Sie sind ja ein Mensch, der weit vorausschaut!«
    Naina verschluckte ein kurzes, gepresstes Schluchzen und stürzte zur Tür, und alle traten verstört auseinander, um ihr Platz zu machen. Auf der Schwelle blieb sie stehen, ließ den Blick durch den Raum gleiten und für einen Moment auf Bubenzow verweilen (der vergnügt lächelte und den Skandal sichtlich genoss) und verkündete:
    »Ich ziehe weg, ich werde in der Stadt leben. Denken Sie von mir, was Sie wollen, das ist mir schnuppe. Und Sie alle, eingeschlossen die gerissene Nonne und den ehrenwertesten Mitrofani, belege ich mit dem Kirchenbann.«
    Nach diesem hässlichen Scherz lief sie hinaus und warf die Tür krachend ins Schloss.
    »In alten Zeiten hätte man gesagt: Sie ist vom Teufel besessen«, schloss der Bischof traurig.
    Sytnikow knurrte beleidigt: »Bei uns in der Kaufmannschaft würde man sie mit Ruten peitschen, dann würde der Teufel im Nu aus ihr herausfahren.«
    »Wie bringen wir das bloß der Großmutter bei?«, sagte Pjotr und fasste sich an den Kopf.
    Bubenzow fuhr zusammen.
    »Tantchen darf es nicht erfahren! Das würde sie umbringen. Später, nicht jetzt. Soll sie sich erst ein wenig erholen.«
    Der Adelsmarschall sorgte sich um etwas anderes.
    »Aber was ist das für ein sonderbarer Hundehass? Wohl wirklich eine Form von Irresein. Es gibt so eine psychische Krankheit – die Kynophobie.«
    »Das ist kein Irresein.« Pelagia besah ihr Taschentuch – blutete der Kratzer noch? Gut, dass die Brille nicht zerbrochen war. »Da waltet irgendein Geheimnis. Das muss man herausfinden.«
    »Gibt es denn einen Anhaltspunkt?«, fragte der Bischof.
    »Der findet sich, wenn man sucht. Eines lässt mir keine Ruhe . . .«
    Aber Schirjajew ließ die Nonne nicht ausreden.
    »Was ist bloß mit mir los, ich bin wie betäubt!« Er schüttelte den Kopf, wie um ein Trugbild zu verscheuchen. »Man muss sie aufhalten! Sie legt Hand an sich! Das ist ein Fieber!«
    Er lief hinaus in den Korridor. Pjotr folgte ihm. Poggio zögerte kurz und ging dann auch.
    »Die reinste Hundehochzeit«, konstatierte Sytnikow.
    Der Mond war zwar am Abnehmen, sah aber noch schön rund aus und strahlte nicht weniger als ein Kristalllüster, und auch die Sterne beschienen wie kleine Lampions das tiefblaue Firmament, so dass die Nacht nur wenig dunkler war als der Tag.
    Der Bischof und Pelagia schlenderten durch die Hauptallee des Parks. Hinter ihnen her zogen die Pferde die Kutsche, die fast mit den Bäumen und Büschen verschmolz, sie setzten schläfrig die Hufe und klirrten mit dem Zaumzeug.
    »Dieser elende Rabe«, sagte Mitrofani. »Hast du gesehen, wie er

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