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Akunin, Boris - Pelagia 01

Akunin, Boris - Pelagia 01

Titel: Akunin, Boris - Pelagia 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pelagia und die weissen Hunde
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nach dem Anwalt Korsch schickte? Jetzt wird er nicht mehr loslassen und sich sein Teil abreißen. Dieses verdrehte Mädchen hat ihm seine Aufgabe erleichtert – eine Erbin weniger. Pelagia, ich möchte dich um etwas bitten. Bringe es der Hausfrau schonend bei, damit es sie nicht wieder umwirft. Es ist ja nicht leicht, so etwas über die eigene Enkelin zu erfahren. Und bleibe noch eine Zeit lang hier.«
    »Es wird sie nicht umwerfen. Ich glaube, Vater, Marja Afanassjewna interessiert sich viel weniger für die Men-sehen als für die Hunde. Ich will natürlich gern bei ihr sitzen und ihr möglichst Trost spenden, aber für den Fall wäre es besser, ich gehe in die Stadt.«
    »Was für ein Fall?«, fragte der Bischof verwundert. »Der Fall ist abgeschlossen. Und du wolltest herausfinden, weshalb Naina die Hunde getötet hat.«
    »Das beschäftigt mich ja, Vater. Hier geht etwas Ungewöhnliches vor, wovon es mir kalt den Rücken herunterläuft. Ihr habt vorhin scharfsichtig gesagt: vom Teufel besessen.«
    »Aberglauben ist das.« Der Bischof war noch mehr verwundert. »Glaubst du etwa an die satanische Besessenheit? Ich habe das doch bildlich gemeint. Es gibt keinen Dämon, es gibt das allgegenwärtige Böse, das die Seelen versucht.«
    Pelagia blickte mit blitzender Brille zum Bischof auf.
    »Es gibt keinen Dämon? Wer hat denn heute den ganzen Abend grinsend die Zähne gebleckt über die menschliche Niedertracht?«
    »Du meinst Bubenzow?«
    »Wen sonst? Er ist ein Dämon mit allem, was dazugehört. Er ist bösartig, giftig und verführerisch. Ich bin sicher, dass er hinter der ganzen Sache steckt. Habt Ihr gesehen, Vater, was für Blicke Naina ihm zugeworfen hat? Als ob sie Lob von ihm erwartete. Das ganze Theater mit Geschrei und Zähneknirschen hat sie doch für ihn aufgeführt. Wir übrigen sind für sie gar nichts, nur Kulisse.«
    Der Bischof schwieg, er hatte solche Blicke nicht wahrgenommen, aber er vertraute Pelagias Beobachtungsgabe mehr als seiner eigenen.
    Sie gelangten durch das Parktor auf eine freie Stelle. Die Allee mündete in die Straße, die zur Astrachaner Chaussee führte. Der Bischof blieb stehen, damit die Kutsche herankäme.
    »Was willst du in der Stadt? Naina bleibt nicht dort. Sobald sich die Kunde von ihren Streichen herumgesprochen hat, wird niemand mehr sie kennen wollen. Und wo soll sie dort leben? Sie wird bestimmt wegfahren, nach Moskau oder Petersburg oder gar ins Ausland.«
    »Um nichts auf der Welt. Sie wird immer da sein, wo Bubenzow ist«, sagte die Nonne überzeugt. »Und ich muss auch in der Nähe sein. Was das vernichtende Urteil der Leute betrifft, so ist es für Naina in ihrem derzeitigen Zustand nur eine Wonne. Und sie weiß auch, wo sie dort leben soll. Ich habe vom Zimmermädchen gehört, dass Naina in Sawolshsk ein eigenes Haus besitzt, das sie von einer Verwandten geerbt hat. Klein, aber schön gelegen und mit Garten.«
    »Du meinst also, dass Bubenzow in die Sache verwickelt ist?« Der Bischof setzte einen Fuß auf das Trittbrett der Kutsche, beeilte sich aber nicht mit dem Einsteigen. »Das käme sehr zupass. Wenn man ihn einer offenkundigen Lumperei überführen könnte, würde er im Synod an Glaubwürdigkeit verlieren. Ich fürchte sonst, ich komme mit seiner Umtriebigkeit nicht mit. Aller Wahrscheinlichkeit nach stehen uns die schlimmsten Prüfungen noch bevor. Hör zu, komm morgen zurück auf den Klosterhof. Wir werden gemeinsam überlegen, wie unserem Kummer abzuhelfen wäre. Ohne Frau Lissizyna wird es wohl nicht gehen.«
    Diese rätselhaften Worte hatten eine seltsame Wirkung auf die Nonne: Sie schien sich zu freuen und gleichzeitig zu erschrecken.
    »Es ist doch Sünde, Vater. Und wir hatten gelobt . . .«
    »Macht nichts, der Fall ist wichtig, viel wichtiger als die früheren«, sagte der Bischof seufzend und nahm Platz auf dem Sitz, gegenüber dem Vater Subdiakon. »Es ist mein Entschluss, ich bin dafür verantwortlich vor Gott und den Menschen. Nun, ich segne dich, meine Tochter. Leb wohl.«
    Die Kutsche rollte fast lautlos die staubige Straße entlang, und Schwester Pelagia kehrte in den Park zurück.
    Sie ging die Allee entlang, oben war es zwar hell, aber die Bäume zu beiden Seiten bildeten zwei dunkle Wände, und es sah aus, als bewegte sich die Nonne auf dem Grund einer sonderbaren erleuchteten Schlucht.
    Vor ihr schimmerte mitten auf der Allee ein helles Viereck, darauf war ein kleines dunkles Rechteck. Als sie und der Bischof vor fünf oder zehn

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