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Akunin, Boris - Pelagia 01

Akunin, Boris - Pelagia 01

Titel: Akunin, Boris - Pelagia 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pelagia und die weissen Hunde
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nämlichen, die angeblich dem Gott Schischiga zum Opfer dargebracht wurden? Ich habe allerdings nur einen Kopf gesehen, von einem Kind, außerdem noch eine abgehackte Hand. Wo kommt die her?«
    »Warte, warte, nicht alles auf einmal.« Mitrofani verschloss ihr den Mund mit der Hand. Seine Finger rochen anheimelnd nach Buchrücken und Weihrauch. »In der Grube war noch ein zweiter Kopf, du bist nicht ganz bis zu ihm vorgedrungen. Auch Kleidung lag in der Grube. Ja, die Köpfe gehören zu den Leichen, die im vorigen Monat vom Fluss angespült wurden. Die Identität des Mannes ist jetzt festgestellt, anhand des fehlenden Fingers. Erinnerst du dich, dass einer Leiche die Hand abgehackt war? Wahrscheinlich wurde sie abgehackt, um die Identifizierung zu erschweren, denn das ist ja ein auffälliges Merkmal.«
    »Ber bi bi?«, lallte Pelagia durch Mitrofanis Hand, sie meinte: Wer sind sie?
    Der Bischof verstand.
    »Der Kaufmann Awwakum Wonifatjew aus dem Landkreis Gluchow und sein neunjähriger Sohn Sawwa. Der Kaufmann war bei Donat Sytnikow gewesen und hatte ihm den Wald verkauft. Danach verschwand er. Zu Hause vermisste man ihn nicht, denn er hatte zu seiner Frau gesagt, dass er sie für immer verlasse und nicht zurückkehren werde. Die beiden kamen nicht gut miteinander aus, sie war bedeutend älter als er. Offensichtlich wollte sich Wonifatjew mit dem Erlös irgendwo ein neues Leben aufbauen. Daraus ist nichts geworden. Fest steht, dass Sytnikow den Wald für fünfunddreißigtausend gekauft und das Geld Wonifatjew sofort in bar gegeben hat, wonach dieser sogleich mit seinem Sohn aufgebrochen ist, obwohl es schon spät war. Sytnikow sagt, er habe ihm eine Kalesche angeboten, aber der Kaufmann habe abgelehnt. Er wollte sich im Ausspannhof im nahen Dorf Schelkowo eine Troika nehmen, aber dort ist er nie angekommen. Die Polizei hat Sytnikow natürlich zum Verhör mitgenommen, ich denke jedoch, er ist unschuldig. Er ist zu reich, um sich wegen fünfunddreißigtausend eine solche Sünde auf die Seele zu laden. Aber vielleicht hat ihn doch der Teufel der Habgier verwirrt – alles kann sein. Es geht jedoch um etwas anderes . . .« Mitrofanis Augen funkelten verwegen. »Wichtig ist, dass . . .«
    Er nahm die Hand von Pelagias Lippen, um den Finger triumphierend zu heben, und die Nonne nutzte umgehend die gewonnene Freiheit zu einem Zwischenruf: ». . . sich Inspektor Bubenzow in die Nesseln gesetzt hat.«
    Der Bischof schmunzelte.
    »Ich wollte sagen, dass die teuflischen Ränke entlarvt sind, aber du, meine Tochter, hast dich genauer ausgedrückt. Es hat sich herausgestellt, dass die Wonifatjews aus Geldgier umgebracht wurden, dass es kein Menschenopfer gab und auch keinen Götzentempel für Schischiga. Bubenzow hat die unglücklichen Syten umsonst drangsaliert. Seine ganze Untersuchung und seine Außerordentliche Kommission sind keinen Pfifferling wert. Dieses Geschenk haben wir von Gott erhalten. Deine Talente und dein Mut haben es zu uns gebracht. Unser kleiner Dämon hat jetzt das Nachsehen. Er muss unverrichteter Dinge abfahren und wird obendrein von seinem Gönner einen Rüffel bekommen für dieses Durcheinander.«
    »Er wird nicht abfahren«, erklärte Schwester Pelagia leise und bestimmt. »Und auch keinen Rüffel bekommen.«
    Mitrofani griff nach dem Kreuz auf seiner Brust.
    »Nicht abfahren? Keinen Rüffel? Wieso nicht? Was soll er denn jetzt noch hier?«
    »Im Gefängnis sitzen«, entgegnete Pelagia. »Mit einem Rüffel wird er nicht davonkommen. Darauf steht Katorga, Vater. Zwanzig Jahre. Für den Doppelmord aus Habgier wird das Gericht nicht weniger verhängen.«
    »Rachsucht ist eine schwere Sünde«, sprach der Bischof belehrend, »diesem Gefühl darf man nicht nachgeben. Bubenzow ist natürlich ein Schurke, aber ein solches Verbrechen wäre selbst für ihn zu ungeheuerlich: zwei unschuldige Menschen töten, davon ein Kind, ihnen den Kopf abschneiden, und alles nur, um seine Karriere voranzubringen? Das geht zu weit, meine Tochter. Auch ich habe mich anfangs an diesem Gedanken berauscht, aber dann habe ich mich besonnen. Nein, Pelagia, unser Aufschneider hat niemanden getötet, er hat sich dieses Ereignis nur zu Nutze gemacht. In der alten Chronik werden auch ein abgeschnittener Kopf und der Gott Schischiga erwähnt. Klingt doch glaubwürdig. Also, was wissen wir von dem Mord? Sehr wenig. Die beiden wurden unweit von Drosdowka getötet. Sind von Sytnikows Landhaus nicht weit gekommen. Der oder die Mörder haben

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