Al Wheeler und das Callgirl
Orleans antreffen kann.
Unterschätzen Sie nicht, wozu ein Mann mit einer solchen fixen Idee fähig ist.
Daß er Shirley Lucas mit nach Pine City gebracht hat, sollte die Kampagne
vollends erfolgreich beenden .« Ich sah Kingsley an.
»Er forderte Sie auf, zu geschäftlichen Gesprächen zu Ihnen zu kommen, überfiel
Sie mit seiner großen Überraschung Shirley und lenkte ihre Aufmerksamkeit damit
für ungefähr eine Stunde ab, damit Sie nicht allzu schnell in Ihr eigenes Haus
zurückkehrten.«
»Es tut mir leid, Lieutenant .« Kingsley seufzte leise. »Ich sehe nicht, wie uns das
weiterbringen soll. Nehmen wir mal für einen Augenblick an, Ihre Theorie von
Hals Leidenschaft für meine Frau stimmt — was soll es ihm dann genützt haben,
Shirley nach Pine City mitzunehmen?«
»Der Plan ist nur deshalb mißlungen , weil sie ermordet wurde .« Ich drückte meinen Zigarettenstummel im nächsten Aschenbecher aus. »Sie haben
doch sicher von Anfang an nicht daran geglaubt, daß Shirley Lucas wirklich ein
Callgirl war, Mr. Kingsley, oder? Niemand hat jemals von zwei Callgirls gehört,
die eine gemeinsame Wohnung haben. Es wäre zu peinlich für die Kunden. Niemals
wären sie davor sicher, auf irgend jemanden zu stoßen,
der sie kennt! Shirley Lucas muß Cordains Freundin gewesen sein, die vorgab,
ein Callgirl für eben diesen einen Kunden zu sein; und sie tat das aus Liebe,
aus Geldgründen oder aus beidem heraus.«
Schwache Röte stieg in
Kingsleys Gesicht, und ich tat so, als bemerkte ich es nicht. »Ich wette, sie
war die beste Zuhörerin, die Sie je in Ihrem ganzen Leben kennengelernt haben,
Mr. Kingsley, und restlos fasziniert von Ihrer juristischen Arbeit! Es muß sehr
tröstlich gewesen sein, sich jemandem während der bedrückenden Wochen, die zu
Ihrem Ausschluß aus der Anwaltskammer führten,
anvertrauen zu können .«
»Sie war nichts weiter als eine
teure Hure«, sagte er wütend.
»Lassen Sie uns auf die Nacht
zurückkommen, in der sie ermordet wurde«, sagte ich. »Cordain und der Blair
zufolge bekam sie zwischen zehn und elf Uhr abends einen Telefonanruf, und
danach teilte sie den beiden mit, sie müsse weggehen. Beide nahmen an, Sie
hätten sie angerufen und ein Treffen vereinbart .«
»Das ist eine Lüge !« zischte er.
»Da pflichte ich Ihnen bei«,
sagte ich, aber auch das schien ihn nicht glücklicher zu machen. »In dem
Augenblick, nachdem Sie die Wohnung verlassen hatten, erreichte Cordains Plan,
Ihre Frau für sich zu gewinnen, seinen maßgeblichen Höhepunkt. Er wies Shirley
an, Mrs. Kingsley anzurufen und ihr alles über ihre Beziehung zu ihrem Ehemann
mitzuteilen, angefangen von dem monatelang zurückliegenden Zeitpunkt damals in
San Francisco, als sich beide kennenlernten. Sie erwähnte auch, daß sie nach
Pine City gebracht worden sei, um Mrs. Kingsleys Ehemann zur Verfügung zu
stehen, wann immer er das wünschte. Cordain nahm an, Mrs. Kingsley würde sich
daraufhin so gedemütigt fühlen, daß sie ihren Mann noch in derselben Nacht
verließe .«
Ich sah zu Adele hinüber, die
aufrecht und auf eine barbarische Weise eindrucksvoll dasaß und lächelte. »Aber
Sie legten die beiden herein .« Sie antwortete nicht,
und das war bezeichnend. Aber nun war ich an dem kritischen Punkt der ganzen
Angelegenheit angelangt, wo ich mir meinen Weg sozusagen selbst ertasten mußte.
Ich konnte mich täuschen und meine Theorie würde trotzdem hieb- und stichfest
bleiben, aber wenn ich mich allzu sehr irrte, dann löste sich vor meinen Augen
alles in seine Bestandteile auf.
»Mr. Tyler?« Ich wandte mich
der Bar zu. »Ich wäre Ihnen sehr verpflichtet, wenn Sie mir noch was zu trinken
gäben .«
»Natürlich, Lieutenant.« Seine
vergrößerten Augen verloren ihren versonnenen Ausdruck, und er griff nach der Scotchflasche .
»Ich habe die beiden
hereingelegt ?« wiederholte Adele in einem Ton, der
verriet, daß sie den armen Irren bei guter Laune halten wollte. Sie schüttelte
bedächtig den Kopf und blickte zur Decke, als suche sie dort etwas wie eine
Erleuchtung. »Wie denn?«
»Sie packten keineswegs Ihre
Koffer und stürmten in Cordains Arme«, sagte ich. »Sie verloren nicht einmal
die Geduld mit Shirley Lucas. Statt dessen schlugen Sie vor, sie sollte sie
hier besuchen, jetzt gleich, damit Sie beide sich über das Thema unterhalten
könnten .«
»Er ist völlig irre«, teilte
sie der Rücklehne der Couch mit und brachte eine grandiose Geste zustande, die
ihre Brüste beinahe bewog, den Stoff
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