Al Wheeler und das unheimliche Haus

was für Gedanken ich mir über einen Burschen mache, den ich seit über
dreißig Jahren nicht gesehen habe!«
    »Ich glaube, Ich habe mich
getäuscht«, sagte Ich. »Entschuldigung, daß ich Ihre Zeit verschwendet habe,
Parson.«
    Er ließ mich beinahe bis zur
Tür gehen, ehe er seine Stimme ertönen ließ. »Was ist also mit Eddie passiert?«
    »Es war wirklich ein
erstaunlicher Zufall«, sagte ich, während ich mich umdrehte und ihn ansah, »daß
er gestern nacht ermordet wurde — in der Garage Ihres alten Hauses.«
    »Kommen Sie zurück und setzen
Sie sich«, befahl er.
    »He, Parson«, sagte der
Rotschopf und zog eine Schippe. »Ich brauche was zu trinken.«
    »Dann hol dir was«, fuhr er sie
an. »Nimm die Flasche mit ins Schlafzimmer, damit du weich fällst, wenn du
hinfällst.«
    »Aber ich mag nicht —«
    »Hau ab! Ich habe mit diesem
Polypen hier ein kleines Geschäft abzuwickeln. Verschwinde!«
    »Aber ich möchte nicht —«
    Für einen Mann seines Alters bewegte
sich Parson Jones mit erstaunlicher Geschwindigkeit. Mit einem Ruck sprang er
von der Couch auf, packte das Ohr des Rotkopfs zwischen Daumen und Zeigefinger,
zerrte sie aus dem Sessel und schleifte sie durch den Raum zum Schlafzimmer,
ohne unterwegs auf ihr verzweifeltes Gequieke zu achten. Beide verschwanden,
und gleich darauf hörte ich das Geräusch zweier heftiger Schläge. Das Quieken
verstummte abrupt.
    Dann kam er aus dem
Schlafzimmer, schlug die Tür hinter sich zu und ging zur Couch zurück.
    »Dieses blöde Frauenzimmer!« Er
rollte die Zigarre zwischen den Fingern. »Aber eine gute Zigarre ist Goldes
wert. Was?«
    »Eddie hat übel ausgesehen«,
sagte ich leise. »Jemand hat sich große Mühe mit Ihrem alten Freund gegeben,
Parson.«
    »Klar—sie haben ihn umgebracht,
sagten Sie?«
    »Sie haben ihm ein
Dumdumgeschoß durch die Kehle gejagt.« Ich wartete zwei Herzschläge lang. »Ich
habe nicht gewußt, daß ein Mensch so bluten kann.«
    »Lindstrom, dieser dreckige
Schweinehund!« Der reine Haß schimmerte durch die wohlwollende Maske seines
Gesichts und verkehrte die füllige Politur seiner Stimme in ein urtümliches
Knurren. Für den Bruchteil einer Sekunde war der Chef der Alkoholschmuggler,
der sich durch methodische Ausmerzung seiner Rivalen seinen Weg nach oben
gebahnt hatte, eine völlige Realität.
    »Was haben Sie da gesagt?«
bohrte ich nach.
    »Nichts Wichtiges — eine
lausige Art, um die Ecke gebracht zu werden, das ist alles.« Sowohl Maske wie
Politur waren wieder unverrückbar da.
    »Ich brauche nicht darum
herumzureden, Parson.« Ich zuckte leicht die Schultern. »Ich kann offen
sprechen.«
    Er starrte mich flüchtig an,
dann hoben sich seine Schultern krampfhaft. Ich hörte mir eine Weile höflich
sein schallendes Gelächter an, dann fand ich, daß es reichte.
    »Habe ich vielleicht etwas
Komisches gesagt?«
    »Ich dachte nur gerade ...« Er kicherte. »In den alten Tagen wäre ein Kleinstadtpolyp wie Sie entweder von
mir geschmiert worden oder tot oder so überarbeitet gewesen, daß er in jedem
Fall seinen Dienst quittiert hätte! Die Zeiten haben sich geändert, was,
Lieutnant?«
    »In mancher Beziehung, ja, in
anderer auch wieder nicht«, sagte ich, als ob es sich hierbei um eine
tiefgründige Erkenntnis handelte. »Sie haben noch immer mit demselben Problem
zu kämpfen wie vor dreißig Jahren.«
    »Wieso?«
    »Ich denke an die fehlende
halbe Million, die die Steuerfahnder nie gefunden haben. Sie haben sie irgendwo
versteckt, wo sie außer Ihnen niemand finden wird. Als Sie damals von dem
Versteck weggingen, Parson, standen Sie vor demselben Problem wie heute — nämlich
sie zurückzubekommen.«
    »Das war nur ein Märchen, das
sich ein übereifriger Zeitungsbursche ausgedacht hat«, sagte er behaglich.
»Niemals ist irgendwo eine halbe Million versteckt worden.«
    »Sie haben dreißig Jahre lang
geschmort«, sagte ich. »Und das erste, was Sie unternehmen, als Sie
herauskommen, ist, nach Pine City zurückzukommen und zu versuchen, Ihr altes
Haus zurückzukaufen. Aber der jetzige Besitzer will es um keinen Preis mehr
hergeben. So bleibt Ihnen keine andere Wahl, als in das Haus einzubrechen. Es
selber zu tun, hätte ein zu großes Risiko und eine todsichere Preisgabe für Sie
bedeutet, wenn Sie dabei gesehen worden wären. Zu den gegenwärtig verfügbaren
Begabungen für derartige Unternehmungen haben Sie keinerlei Beziehungen, und so
bleibt als einzige Möglichkeit ein Kumpel aus der guten alten Zeit, wie