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Al Wheeler und das unheimliche Haus

Al Wheeler und das unheimliche Haus

Titel: Al Wheeler und das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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ein
bißchen zu geschmeidig — eine Spur zu glatt —, und deshalb sind Sie eben noch
kein erstklassiger Lügner.«
    Ich tätschelte tröstend seine
Schulter. »Aber ich bin überzeugt, Bruno, daß Sie mit zunehmender Praxis
Fortschritte machen werden, und Praxis ist etwas, das Sie heute abend in reichem
Maß erworben haben. Stimmt’s?«
    Für den Bruchteil einer Sekunde
wurde mir die seltene Erfahrung zuteil, in den Augen eines Mannes zu sehen, was
in Wirklichkeit in dessen Gehirn vorging. Die kalte Bösartigkeit seines Hasses
traf mich mit beinahe physischer Gewalt. Dann, gleich darauf, war alles
verschwunden, und seine Augen hatten die gewohnte lehmartige Färbung.
    »Sie sind heute abend wirklich
schrecklich ungezogen, Lieutnant!« Bruno kreischte schrill vor Entzücken. »Ich
wette, jedesmal wenn Sie irgendeinen harmlosen Burschen wegen eines kleinen
Delikts festnehmen, gehen Sie erst mal in eine stille Hinterstraße mit ihm,
bevor Sie ihn ins Büro des Sheriffs bringen.«
    Bevor ich Gelegenheit hatte zu
antworten, brach ein höllischer Lärm los, und ich brauchte gut zwanzig
Sekunden, bevor ich begriff, daß dieser wahnsinnige Krach von einem eisernen
Löffel herrührte, mit dem gegen einen eisernen Topf geschlagen wurde. Erst als
ich das Eßzimmer erreichte, entdeckte ich, daß es sich um Antonia handelte, die
auf den Essensgong schlug. Das hätte ich nur natürlich denken können. Für ein
Mädchen, dem es durch einen einzigen Atemzug gelang, mich in die Lüfte zu
heben, war es selbstverständlich ein Kinderspiel, mein Trommelfell zum Platzen
zu bringen.

7
     
    Ich saß in einsamer Pracht an
der Riesenbar im Wohnzimmer und nippte genügsam an meinem Glas, während ich
mühsam vermied, mein eigenes Bild in dem bernsteinfarbenen Spiegel auf der
anderen Seite zu betrachten. Auf meiner Uhr war es kurz nach elf, und im ganzen
Haus war es totenstill. Ich ertappte mich plötzlich bei der andeutungsweisen
Hoffnung, Sebastian würde plötzlich unter meinen Füßen eine
maschinengewehrähnliche Schießerei veranstalten — selbst ein Brunftschrei aus
dem tiefsten Dschungel wäre mir annehmbar erschienen.
    Eine Zigarette bedeutet
kurzfristig Beschäftigung, überlegte ich, während ich sie anzündete, aber sie
trug nichts dazu bei, die Monotonie zu unterbrechen. Nach dem Abendessen schien
sich der gesamte Haushalt einfach aufgelöst zu haben. Celeste hatte den Tisch
verlassen und war geradewegs in ihr Zimmer gegangen; Antonia hatte sich in der
Küche mit dem Geschirr zu schaffen gemacht; Bruno hatte sich mit Kopfweh
entschuldigt, und Sebastian war gar nicht erst zum Essen erschienen.
    Der leise klingelnde Laut, als
jemand durch den Perlenvorhang trat, veranlaßte mich, einen heimlichen Blick in
den bernsteinfarbenen Spiegel zu werfen. Pop Livvys leicht verzerrtes Bild
vergrößerte sich zunehmend, als er durch das Zimmer auf mich zukam.
    »Ich dachte, ich könnte Ihnen eigentlich
bei einem Nachttrunk Gesellschaft leisten«, sagte er freundlich.
    »Großartig!« sagte ich.
    »Ich glaube, wir haben Sie
heute abend nicht allzugut unterhalten.« Er schenkte sich ein Glas ein. »Das
ist ungewöhnlich in diesem Haus — in den meisten Nächten pflegt hier immer
jemand bis in die frühen Morgenstunden mit etwas beschäftigt zu sein.«
    »Vielleicht sind sie müde«,
bemerkte ich. »Gestern nacht ging es ja auch wild her.«
    »Das habe ich fast vergessen«,
gab Pop zu. »Man sollte es nicht für möglich halten. Nicht wahr? Wie ein Mensch
vergessen kann, daß er vor erst vierundzwanzig Stunden eine Leiche gefunden
hat!«
    »Vielleicht rutscht alles ins
Unterbewußtsein ab«, sagte ich vage. »Es gibt da eine Art mechanische
Sicherheitsvorrichtung. Wenn ein Erlebnis zu sehr das Gefühlsleben belastet, so
wird es von diesem Mechanismus automatisch verdrängt, wobei es keine Rolle
spielt, wie kurz der Vorfall zurückliegt.«
    »Das klingt sehr
eindrucksvoll«, sagte Pop in bewunderndem Ton. »Das würde erklären, weshalb ich
das Ganze so schnell vergessen habe. Die Erinnerung war also noch immer zu
belastend für mein Empfinden?«
    »Vermutlich«, sagte ich. »Und
Sie haben ja die Leiche nur gefunden. Stellen Sie sich einmal vor, was für ein
Explosivstoff sich im Unterbewußtsein eines Mörders ansammelt!«
    »Ich kann nur sagen, ich bin
froh, daß ich nicht der Mörder bin«, sagte er und räusperte sich dann resolut.
»Lieutnant, darf ich Sie einmal geradeheraus etwas fragen?«
    »Nur zu.«
    »Warum sind Sie

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