Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Al Wheeler und das unheimliche Haus

Al Wheeler und das unheimliche Haus

Titel: Al Wheeler und das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
eigentlichen Nummer. Wenn der Zeitpunkt gekommen war, sie für
mein großes Finale in einer Reihe aufzustellen, hatte ich nie viel Zeit, sie
mir genau anzusehen. Das war mein einer tragischer Fehler. Ich erfuhr später,
daß dies die erste Zigarre im Leben des dicken Mannes war, und er hielt sie die
ganze Zeit über zwischen diesen gräßlichen hervorstehenden Zähnen und paffte
unaufhörlich.«
    Sebastian schauderte leicht.
»Die Erinnerung daran verfolgt mich noch immer! Sie können sich vielleicht
vorstellen, wie begrenzt, mit dem den drei zugewandten Rücken und nur einem
Taschenspiegel als Hilfe, die Sicht ist. Ich hatte es mir zur Gewohnheit
gemacht, immer genau auf das glühende Ende jeder Zigarre zu zielen — ich
achtete darauf, besonders lange Exemplare auszuteilen, so daß ich sicher sein
konnte, daß sie im Augenblick des Schießens noch mindestens acht bis neun
Zentimeter lang sein würden. Das, wie gesagt, war mein Sicherheitskoeffizient.
Auch an diesem Abend schien es nicht anders zu sein. Eins! Zwei! Drei!
    Ich drehte mich um, um den
gewohnten Applaus entgegenzunehmen, und wurde statt dessen von einer
schreienden Meute empfangen, die mich beschuldigte, den dicken Trottel
absichtlich ermordet zu haben, und die nicht nur bereit, sondern vor allem
willens war, mich auf der Stelle zu lynchen.«
    Er lehnte mein Angebot einer
Zigarette mit unglücklichem Kopfschütteln ab, und so zündete ich mir selber
eine an.
    »Ich möchte nicht taktlos
sein«, sagte ich vorsichtig, »aber hatten Sie den Dicken umgebracht?«
    Sebastian schnaubte vor Wut.
»Der Idiot hatte die Zigarre bis zu einem Stummel heruntergeraucht, genau
genommen bis auf einen Zentimeter und sechs Millimeter herab — ich hatte etwas
später am Abend Gelegenheit, es nachzumessen. Die Zähne standen vor, das gab
mir einen weiteren Sicherheitskoeffizienten in Gestalt weiterer sechs bis
sieben Millimeter. Die Kugel schlug ihm geradewegs durch die Zähne, und
anscheinend wurden selbst Leute in der zwölften Reihe noch von feinen
Partikelchen übersprüht. Das war es, was den Aufruhr verursachte — natürlich
waren sie danach überzeugt, ich hätte den Mann umgebracht.«
    »Also war der Bursche,
abgesehen vom Verlust seiner Zähne, gar nicht weiter verletzt?« fragte ich.
    Das krampfhafte Zucken um
Sebastians Mund bewies, daß er die grimmige Ironie des Schicksals zur Kenntnis
nahm. »Er stellte später Schadenersatzansprüche. Ich kann noch immer das
Dokument, das er mir präsentierte, Wort für Wort zitieren.« Er schloß fest die
Augen und begann, langsam aufzusagen. »Als Ersatz für den mir von Sebastian,
dem >Tödlichen Scharfschützen< zugefügten Schaden erhebe ich Anspruch
auf: ein volles Gebiß im Wert von vier Dollar und fünfzig Cent. Besagtes Gebiß
wurde in Swickeys Warenhaus gekauft. Quittung anbei.«
    »Und seit diesem Abend sind Sie
nie mehr öffentlich aufgetreten?« fragte ich.
    »Nie mehr«, knurrte er. »Und
ich werde es auch nie mehr tun, bis ich die absolute Vollkommenheit erreicht
habe, die ich suche.«
    »Wieweit steht es denn im
Augenblick mit der absoluten Vollkommenheit?«
    Sein Gesicht erhellte sich
sofort. »Dürfte ich Ihnen das demonstrieren, Lieutnant?«
    »Bitte«, sagte ich.
    Sebastian sprang auf und machte
sich daran, die Blechbüchsen mit einer wütenden Energie, die mich allein schon
durch das Zuschauen ermüdete, aufeinanderzustellen. Als er damit fertig war,
sah der Keller wie die Konservenabteilung eines Supermarktes aus. Ich hatte das
unangenehme Gefühl, die ganze Nacht hier zu sitzen und darauf warten zu müssen,
bis er endlich die letzte Blechbüchse heruntergeschossen hatte.
    Er schlenderte gemächlich zu
dem Waffenständer, wählte eine Zweiunddreißiger mit langem Lauf aus,
untersuchte sie sorgfältig, kam damit zu mir zurück und verbeugte sich anmutig.
»Lieutnant!«
    »Ich erachte es als große Ehre,
von dem größten Scharfschützen der Welt mit einer persönlichen Vorführung
bedacht zu werden!« sagte ich, um ihm nicht an Höflichkeit nachzustehen. Dann
setzte ich mich zurück, um zuzusehen, grimmig entschlossen, mit keiner Wimper
zu zucken, selbst wenn er nicht eine einzige Blechbüchse treffen sollte.
    Die nächste halbe Stunde saß
ich dann ganz allein da und beobachtete eine virtuose Vorführung der
Schießkunst, wie sie gleichwertig allenfalls noch von zwei anderen Schützen im
Land geboten werden konnte. Sebastian bot so ungefähr alles, was im
Kunstschießen menschenmöglich war — es

Weitere Kostenlose Bücher