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Al Wheeler und das unheimliche Haus

Al Wheeler und das unheimliche Haus

Titel: Al Wheeler und das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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fehlte nur noch, daß die Kugel in den
Lauf zurückfuhr, den sie eben verlassen hatte. Er schoß aus jeder denkbaren
Position: über seine Schulter weg, durch die Beine, flach auf dem Rücken
liegend, das Ziel direkt hinter dem Kopf — und schließlich nochmals über die
Schulter weg, diesmal blindlings und ohne Spiegel.
    Ich verbrachte ungefähr fünf
Minuten damit, ihm zu gratulieren, und er schluckte jedes einzelne Wort mit
einer Gier, als sei er seit den letzten fünfzehn Jahren am Verhungern — und in
gewisser Weise, so überlegte ich, war er das wohl auch gewesen.
    »Sie sind ein prachtvolles
Publikum, Lieutnant«, sagte er schließlich. »Es war ein Vergnügen, Ihnen das
alles vorzuführen.«
    »Sie haben Ihre Sache
prachtvoll gemacht, Sebastian«, sagte ich. »Und ich bin Ihnen dankbar dafür.«
Dann, weil ich wußte, daß das endlos so weitergehen konnte, wenn ich nicht
aufpaßte, stellte ich die erste beste Frage, die mir in den Sinn kam.
    »Welches ist der schwierigste
Trick beim Schießen?«
    »Ah!« Er fletschte wieder kurz
auf seine teuflische Weise die Zähne und lächelte mir verständnisvoll zu. »Was
meinen Sie, Lieutnant?«
    Ich überlegte eine Weile. »Eine
Kugel zwischen den Zähnen auf fangen, glaube ich.«
    »Ja?« Sein Grinsen wurde
breiter.
    »Oder ist das immer Schwindel —
Taschenspielerei — und solches Zeug?« fragte ich.
    »Es ist sehr oft Schwindel,
Lieutnant«, sagte er ernsthaft. »Aber möglich ist es, obwohl es nur wenigen
gelingt.« Er machte eine wirkungsvolle Pause. »Wenn es tatsächlich gemacht
wird, so ist es das zweitschwierigste Schießkunststück auf der Welt.«
    »Und das schwierigste?« bohrte
ich ihm zu Gefallen weiter.
    Sofort verfiel er in die
Jekyll-Hyde-Tour und erschien wieder als der Mann des Geheimnisses.
    »Ich fürchte, das muß für den
Augenblick mein Geheimnis bleiben, Lieutnant«, sagte er mit milder Stimme.
»Erinnern Sie sich daran, was ich Ihnen über die absolute Perfektion gesagt
habe? Darin liegt die Antwort!« Danach betrachtete er schlichtweg das Thema als
abgeschlossen.
    Wir stiegen aus dem
Kellergeschoß hinauf zu der monströsen Bar im Wohnzimmer und ließen uns für ein
paar Drinks vor dem Essen nieder.
    »Als Sie sich — äh —
zurückzogen«, sagte ich, »sind Sie da hierhergekommen?«
    »Ja«, sagte er. »Zum
erstenmal.«
    »Und haben Sie seither immer
hier gelebt?«
    »Von Zeit zu Zeit, ja.« Die
Unterhaltung schien ihn zu langweilen. »Es bekommt einem nicht, wenn man sich
nicht zumindest gelegentlich einmal von seiner Arbeit absetzt, Lieutnant. Ich
finde, daß das konstante Streben nach Perfektion erschöpfend wirkt, wenn es zu
lange hintereinander anhält.«
    »Pop Livvys Einrichtung hier
fasziniert mich«, murmelte ich. »Wie steht es mit Bruno Breck? Lebt er immer
hier?«
    »Ebenso wie ich nur von Zeit zu
Zeit, aber wir kommen immer zu Pop zurück. Er ist wie ein Bruder — vielleicht
sogar noch besser.«
    »Antonia kommt und geht
ebenfalls?«
    Sebastian schüttelte leicht den
Kopf. »Antonia lebt immer hier. Das ist auch das beste für sie — die Welt
draußen kann zu jemandem wie ihr so entsetzlich grausam sein. Sie hat nichts
als ihre Riesenkräfte. Verstehen Sie, Lieutnant? Und das reicht nicht aus, um
in der harten Wirklichkeit einer skrupellosen Welt bestehen zu können.«
    »Sie haben vermutlich recht«,
pflichtete ich bei. »Bleibt also noch Celeste.«
    »Sie ist erst seit drei Monaten
hier«, sagte er kurz. »Es ist ihr erster Besuch, und ich glaube nicht, daß sie
viel länger bleiben wird — die Jugend ist zu ungeduldig.«
    »Sie haben recht«, sagte ich
etwa zum fünfzigstenmal in der letzten Stunde zu ihm. »Wohin würden Sie denn
gern gehen, wenn Sie einmal zur Erholung dieses Haus eine Weile verlassen?«
    Er zuckte in der müden Weise
des Playboys, der die ganze Welt langweilig findet, weil er dort doch nur
dieselben Leute antrifft, die ihn schon zu Hause zu Tode gelangweilt haben, die
Schultern.
    »Rio mag ich gern«, gab er
brummig zu. — Paris kann recht unterhaltend sein, wenn man nicht zu lange an
einem Stück dort bleibt. Tahiti war hübsch, bevor es kommerzialisiert wurde —
in zehn Jahren wird es ein zweites Honolulu sein!« Er schauderte bei dem
Gedanken wohlerzogen.
    Ein plötzliches ebenso scharfes
wie bösartiges Gelächter ließ uns herumfahren. Bruno Breck stand unmittelbar
hinter uns, und seine lehmfarbenen Augen durchbohrten uns abwechselnd mit
durchdringenden und zugleich erwartungsvollen

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