Al Wheeler und die Besessene
Gesicht.
»Da habe ich mich getäuscht«,
sagte ich gelassen. »Ich habe Sie da ein bißchen in die Enge getrieben — an sich
zu Recht. Aber meine Gründe waren falsch .«
Sie starrte mich einen
Augenblick verblüfft an. »Das verstehe ich überhaupt nicht .«
»Sie haben diese naheliegende
Frage deshalb nicht gestellt, weil Sie nichts mit der ganzen Sache zu tun haben
wollten«, erklärte ich sorgfältig. »Und nicht — wie ich zuerst angenommen habe
weil Sie bereits die Antwort wußten.«
»Das ist die verdammteste Entschuldigung, die ich je gehört habe,
Lieutenant«, sagte sie scharf.
»Vermutlich ja«, gab ich zu.
»Aber Sie sind wie Margie Travers. Sie haben wegen irgend etwas ein schlechtes Gewissen — es muß sich um
etwas sehr Persönliches handeln—, und es löst bei Ihnen beiden ein
überwältigendes Gefühl der Scham aus. Deshalb sind Sie auch so nervös, wenn ich
da bin .«
Unter der olivfarbenen
Sonnenbräune nahm ihr Gesicht eine graue Färbung an, während sie mich erregt
anstarrte. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden !« stammelte sie hastig. »Sie sind wohl nicht bei Trost !«
»Darf ich eine persönliche
Frage an Sie richten, Miß Ross ?«
» Was? «
»Sind Sie wirklich Graphikerin ?«
»Natürlich! Wie kommen Sie
darauf ?«
»Ich dachte nur, es könnte sich
auch um ein hübsches Aushängeschild handeln, falls Johnny hier die Miete
bezahlt und die Brötchen kauft .«
»Das ist eine Beleidigung,
Lieutenant !« Tief in ihren dunklen Augen sprühten
zornige Funken. »Ich komme für mich selber auf, vielen Dank !«
»Seit wann kennen Sie ihn ?«
»Das geht Sie nichts an .«
»Miß Ross !« Ich verlieh meiner Stimme einen plötzlichen barschen Ton und blickte sie
finster an. »Glauben Sie vielleicht, ich komme hier heraus und stelle zu meinem
eigenen verdammten Vergnügen Fragen? Ich stelle Ermittlungen in einem Mordfall
an. Zufällig ist der Mord an einem Mädchen begangen worden, das ihre gute
Freundin war .«
Sie senkte plötzlich die Augen
und wandte den Blick ab. »Entschuldigung — Lieutenant. Ich glaube, ich kenne
Johnny seit einem Jahr, vielleicht etwas länger .«
»Wissen Sie, wovon er lebt ?«
»Ja, natürlich«, murmelte sie.
»Er ist die rechte Hand des Leiters einer Lagerfirma in der Stadt .«
»Travers und Bladen GmbH .« Ich seufzte leicht. »Sie werden es zwar ohnehin nicht
glauben, aber Sie sollten die Wahrheit wissen, Miß Ross .«
»Ober Johnny?« Sie hob mit
einem schnellen Ruck den Kopf.
»Diese Lagerfirma ist mehr oder
minder eine Tarnung. Sie gehört einer Verbrecherorganisation. Es ist Travers’
und Bladens Aufgabe, alle illegalen Unternehmen ihres
Gangstersyndikats im Gebiet von San Diego zu kontrollieren. Travers ist
verschwunden, und ich bin davon überzeugt, daß er tot ist — ermordet. Somit
bleibt Bladen als einziger, mit der Kontrolle über San Diego Beauftragter übrig
— zusammen mit seinem Hauptassistenten Johnny Crystal .«
»Das glaube ich nicht !« Sie legte mit einer kindlichen Gebärde beide Hände über
die Ohren. »Das kann ich nicht glauben !«
»Was kannst du nicht glauben,
Darling ?« sagte eine barsche Stimme von der Haustür
her.
»Johnny!« Nina Ross sprang auf, rannte
auf ihn zu und warf sich in seine Arme, umhalste und küßte ihn halb lachend,
halb weinend. »Darling!« Sie umklammerte ihn noch fester. »Er hat fortgesetzt
solch gräßliche Dinge über dich gesagt, und ich
konnte es nicht ertragen. Nun bist du da und kannst ihm vor seiner Nase
beweisen, daß er ein Lügner ist !«
Johnny Crystal hatte eine
schöne vielfarbige Beule direkt zwischen den Augen, wie ich vergnügt
feststellte. Er hielt das Mädchen mit beiden Armen umschlungen, aber seine
tiefliegenden blauen Augen betrachteten mich mit einem glitzernden Haß, der
alle Arroganz über Nacht aus ihnen vertrieben hatte. Statt
dessen lag eine leichte Patina von Furcht über ihnen.
»Sie sehen ja großartig aus,
Johnny«, sagte ich vergnügt. »Mit Ausnahme der Stelle, wo Sie gegen eine Wand
oder sonst irgend etwas gerannt sind.«
Seine Pupillen erweiterten sich
in blinder Wut, und sein ganzer Körper begann zu zittern. »Warten Sie nur, Sie
Schleicher«, sagte er mit erstickter Stimme. »Sie kommen auch noch an die
Reihe! Ich kriege Sie noch, Sie Polyp, und wenn ich zehn Jahre lang darauf
warten muß! Ich kriege Sie !«
Er ließ das Mädchen plötzlich los,
fuhr in einem Anfall von Wut zur Wand herum und begann, mit wirbelnden Fäusten
auf sie
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