Al Wheeler und die Besessene
Bruchteil einer Sekunde
durch sie verschwunden, ehe das schwere Eisenlineal genau gegen den Fleck an
der Wand prallte, an dem sich mein Kopf befunden hätte, hätte ich gezögert. Na
ja, vielleicht nicht haargenau, aber ganz in der Nähe!
Ich änderte meinen Entschluß,
sofort nach Pine Bluffs hinauszufahren, und beschloß statt dessen , mich zuerst in die niederen Gefilde zu
begeben. Es dauerte nur zehn Minuten, um dorthin zu gelangen — das Lagerhaus
trug die stolze Inschrift TRAVERS & BLADEN GmbH. Am Tor stand ein
Individuum, das aussah, als sei es aus einer Kinospätvorstellung aus Versehen
in die wirkliche Welt getreten und ärgere sich darüber.
»Hm ?« begrüßte er mich.
»Ich möchte Mr. Bladen
sprechen«, sagte ich.
»Um was dreht sich’s ?«
»Ich heiße Wheeler«, sagte ich.
»Wenn Sie wollen, können Sie’s auch P-O-L-I-Z-E-I buchstabieren .« Aber er war schon weg.
In mir unwahrscheinlich kurz
scheinender Zeit wurde ich aus der unrealen Welt des Individuums am Tor in das
elegante Büro von Mr. Dana Bladen im zweiten und obersten Stock des Lagerhauses
befördert.
Es war das erstemal ,
daß ich ihn aus der Nähe sah. Ein untersetzter Bursche mit breiten aggressiven
Schultern und einem Ausdruck der Hartnäckigkeit im Gesicht, der mit den Jahren
einen Zug ins Mürrische erhielt. Seine kalten grauen Augen beobachteten mich
mißtrauisch unter den gesträubten schwarzen Brauen durch.
»Sie sind Wheeler«, sagte er
mit heiserer Stimme, ohne sich von seinem Stuhl hinter dem Schreibtisch
wegzurühren. »Ich bin Dana Bladen .«
»Ich glaube, wir haben uns gestern abend in Valley Heights knapp verfehlt ?« sagte ich höflich.
»Setzen Sie sich, Lieutenant .« Er wies auf einen der Besucherstühle. »Ich frage mich,
was für ein Gesellschaftsspiel wir eigentlich gestern abend gespielt haben ?«
»Was heißt spielen ?« Ich zuckte leicht die Schultern. »Der Ärger mit
Gesellschaftsspielen ist immer, daß niemand weiß, wann Zeit zum Aufhören ist —
solange gespielt wird. Manchmal könnte man direkt meinen, es handle sich um
eine Sache auf Leben und Tod. Aber wer erinnert sich schon noch daran, wenn er
am nächsten Tag wieder zur Arbeit muß ?«
Er grinste leicht. »Nicht
schlecht! Ich habe von Ihnen gehört, Lieutenant .«
»Der einzige Egoist aus dem
Büro des Sheriffs, ohne Zweifel ?« brummte ich.
»Ich nehme es zurück«, sagte
er. »Aber Sie sind doch nicht etwa hierhergekommen, um einen Freundschaftsbesuch
zu machen, Lieutenant ?«
»Ich hätte gern gewußt — ganz
inoffiziell natürlich—, was Sie von Ihrem früheren Partner Paul Travers gehört
haben«, sagte ich beiläufig.
»Nicht das geringste! Was haben
Sie denn gehört, Lieutenant ?«
»Dasselbe.«
Wir saßen da und blickten uns
ein paar Sekunden lang an.
»Nun, nachdem Sie hier sind,
würden Sie sich gern im Lagerhaus umsehen ?« schlug er
schließlich vor.
»Sehr gern«, sagte ich.
Der unergiebige Rundgang
dauerte eine gute halbe Stunde. Dana Bladen war das, was man als gründlich
bezeichnet. Aber am Ende schienen wir jeden verdammten Zentimeter sämtlicher
Stockwerke durchforscht zu haben, und ich hatte genügend Tonnen und
Lattenkisten gesehen, um für mein Leben damit bedient zu sein.
»So, nun haben Sie alles
gesehen«, krächzte er.
»Wenn Sie Gelegenheit hätten,
Ihre hundertfünfzigtausend zurückzuerhalten — durch amtliche Kanäle—, würden
Sie sie dann anfordern, Mr. Bladen ?« sagte ich.
»Und ob wir das tun würden«,
sagte er schnell. »Die Summe kann bis zum letzten Cent belegt werden. Die
Steuern sind bezahlt, mit dem Geld war alles in Ordnung, Lieutenant .«
»Klar !« sagte ich. »Wie wär’s, wenn Sie mir den Ort zeigten, wo es verschwunden ist ?«
Er zögerte einen Augenblick und
blickte mir scharf ins Gesicht. »Sollte das vielleicht ein Witzchen gewesen
sein, Lieutenant ?«
»Wenn Sie vorhaben, das Geld
als Ihr legitim erworbenes Eigentum anzufordern, wenn es gefunden wird«, sagte
ich sachlich, »so können Sie mit Recht erwarten, daß die Polizei versucht, es
für Sie zu finden, Mr. Bladen .«
Für eine Sekunde war nur noch
das Weiße in seinen Augen zu sehen, dann faßte er sich schnell. »Lassen Sie uns
in mein Büro zurückgehen .«
Angrenzend an sein eigenes
befand sich ein unbenutztes Büro, das dem vermißten Paul Travers gehört hatte. Es war ein wenig größer, sah aber, was das Mobiliar
anbelangte, ungefähr so wie das Bladens aus. Die der
Tür gegenüberliegende Wand war
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