Al Wheeler und die Callgirls
wäre. Ich wollte es nicht
glauben und dachte, es sei irgendeine Fassade, die er präsentierte, um mich
davon zu überzeugen, daß ich ihm wesentlich mehr geschadet hätte, als es der
Wirklichkeit entsprach.«
»Das war das letztemal, als Sie
ihn gesehen haben — vor einem Monat?«
Er paffte wieder heftig an
seiner Zigarre, und als sich der Rauch zerteilte, lag in seinen dunklen Augen
noch immer ein grübelnder Ausdruck. »Ich weiß nicht recht«, sagte er langsam.
»Vielleicht sollte ich hier den Mund zumachen und, wenn ich schon reden muß,
dies nur durch meinen Rechtsanwalt tun.«
»Wollen wir nicht ein nettes
freundschaftliches Abkommen treffen?« sagte ich. »Sie machen sich keine
Gedanken wegen Ihres Anwalts, und ich mache mir keine Gedanken darüber, ob ich
Sie zum Verhör mit auf die Polizei nehmen soll.«
»Sie haben etwas wirklich
Überzeugendes, Lieutenant.« Er grinste zögernd. »Okay, erlassen Sie mir also
die Handschellen. Ja? Zum letztenmal habe ich Nick Kutter gestern abend
gesehen.«
»Wo?«
»Hier. Merle öffnete ihm die
Tür und fiel vor Schreck beinahe tot um. Er sprach etwa zwanzig Minuten lang
mit mir, und ich glaubte ihm kein einziges Wort. Ich konnte es nicht glauben.
Da war er — der kaltblütigste Bastard, den ich in meinem ganzen Leben je
kennengelernt habe — und fiel beinahe auf die Knie, während er mich anflehte.
Er wisse, daß das, was er mir in Santo Bahia angetan habe, falsch gewesen sei,
und er wolle nicht mehr kämpfen. Was ich dafür, daß ich aufhörte, ihn zu hetzen,
haben wolle? Geld, Land, ja sogar einen beträchtlichen prozentualen Anteil in
einer Partnerschaft mit ihm. Ich brauchte es nur zu sagen. Ich erklärte ihm, er
sei übergeschnappt. Nichts könne mich davon abhalten, ihn ebenso zu erledigen,
wie er mich in Santo Bahia erledigt hatte. Er hörte nicht einmal zu, während
ich ihn beleidigte. Er bettelte nur darum, ihm zu sagen, was ich wolle.« Evans
spreizte weit die Hände. »Ich begriff es nicht, Lieutenant, und ich begreife es
nach wie vor nicht. Es war kaum zu glauben, daß dies derselbe Nick Kutter war.«
»Wann war das?«
»Er kam gegen acht Uhr dreißig
und ging kurz nach neun.«
»War Silver hier?«
»Nein, nur ich und Merle. Er
hatte gestern abend eine Verabredung mit einer anderen tollen Puppe.«
»Was taten Sie, nachdem Kutter
gegangen war?«
»Ich trank etwas — das hatte
ich nötig — und dann noch einiges. Ich glaube, ich war schließlich ziemlich
betrunken, und Merle erzählte mir, sie hätte mich gegen ein Uhr morgens ins
Bett gesteckt.«
»Was haben Sie vor, nachdem Kutter
nun tot ist?«
»Noch länger hierzubleiben.« Er
ließ den Stummel seiner Zigarre in den nächsten Aschenbecher fallen und
beobachtete die blaue, sich nach oben windende Rauchspirale wie etwas, was das
ganze Geheimnis seiner Zukunft enthielt. »Ich habe hier noch einiges zu
erledigen; und nun, nachdem mir Nick nicht mehr im Weg steht, ist das Gebiet
weit offen für mich.«
»George Kutter wird Ihnen noch
im Weg stehen«, sagte ich.
»Dieser Knilch!« Seine Stimme
klang verächtlich. »Der kann noch nicht mal eine Würstchenbude leiten,
geschweige denn eins von Kutters kleinsten Projekten. Nick war der Kopf der
Firma, und nun, nachdem er nicht mehr da ist, wird die ganze Sache ins Nichts
fallen.«
Die rotbäckige Blonde kam ins
Zimmer zurückgehüpft. Sie war ein wenig besser angezogen, aber nicht viel. Sie
trug einen schwarz-weiß karierten Hosenanzug, der sie zehn Zentimeter kleiner
und zwanzig Zentimeter breiter um die Hüften erscheinen ließ. Zumindest hatte
sie ihr Haar gebürstet, und vermutlich mußte man für kleine Annehmlichkeiten
dankbar sein.
»Burt!« Ihre Stimme klang
ausgesprochen ungeduldig. »Hast du denn ganz vergessen, daß wir heute abend
auswärts essen wollten?«
»Ich spreche noch mit dem
Lieutenant«, sagte er milde. »Du wirst warten müssen.«
»Ich wollte ohnehin gerade
gehen.« Ich stand auf, dankbar, dem Folterstuhl entfliehen zu können. »Ich
werde irgendwann morgen zurückkommen, um mit Silver zu sprechen.«
»Na, dann fort mit Schaden!«
keifte die rotbäckige Blonde und blieb vor Evans’ Stuhl stehen, die Hände in
die Hüften gestemmt, die Ellbogen weit gespreizt. »Du! Steh auf! Mach und zieh
dich um und beeil dich; ich möchte nicht, daß wir zu spät kommen!«
Er stand auf, blickte sie einen
Augenblick lang mit einem vagen Lächeln auf dem Gesicht an, dann fuhr sein
rechter Arm blitzschnell zurück. Es gab einen
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