Al Wheeler und die Callgirls
Lächeln. »Erzählen Sie mir bloß nicht, daß hier
das Rezept Ihres Großvaters mit seiner Wirkung am Ende ist — Sie Faultier, Al!«
»Al der Fleißige«, berichtigte
sie sich zwei Sekunden später.
»Al der Kluge«, schnurrte sie
zehn Minuten später.
»Al der Gewaltige«, sagte sie
respektvoll etwa eine Stunde später.
»Al der Unglaubliche«, sagte
sie müde gegen ein Uhr nachts,
»Al?« Ihre Stimme hatte einen
Unterton von Hysterie, als das graue Licht der Dämmerung ins Zimmer drang, aber
ich war nur im Begriff, nach einer Zigarette zu greifen.
6
Sheriff Lavers paffte
selbstzufrieden an seiner Zigarre und ließ mir ein wohlwollend-väterliches
Lächeln zukommen. »Sie haben mich gebeten, Nick Kutters Privatleben zu
überprüfen, und genau das habe ich getan, Wheeler.«
»Prima!« sagte ich.
»Ein großer Verlust für unsere
Stadt.« Er schüttelte den Kopf, und alle seine Kinne wackelten mitfühlend. »Ein
tragischer Verlust. Er war ein Typ, den man in jeder Stadt nur selten findet.
Er hatte den Trieb zum Erfolg, aber nicht nur in seiner Arbeit, sondern auch
darin, seinen weniger erfolgreichen Mitmenschen zu helfen.«
»Sie denken an Leute wie den
County-Sheriff, mit seinen Werbekosten während der Wahlzeit?« fragte ich.
In seinem Gesicht erschienen
rote Flecken. »Eine solch billige Bemerkung wäre vielleicht komisch, wenn es
sich dabei nicht um einen Mann handelte, der vor kurzem ermordet wurde.«
»Er hat also sein Dasein im
wesentlichen seiner Arbeit und der Öffentlichkeit gewidmet. Wie steht’s mit
seinem Privatleben?«
»Hervorragend!« schnaubte
Lavers. »Seit zwei Jahren verheiratet, und er und seine Frau sind einander sehr
ergeben. Es hat nie einen Hauch von Skandal um die beiden gegeben.«
»Sheriff«, sagte ich traurig,
»Sie haben sich mit den Jungens vom Rathaus unterhalten.«
Er kniff die Augen zusammen.
»Was, zum Teufel, soll das heißen?«
»Wie Sie bereits sagten, war er
derjenige, der als Einzelperson die höchsten Beiträge in die Parteikasse
gezahlt hat, deshalb müssen wir natürlich alle seine Erinnerung in Ehren halten
und hoffen, daß im Verlauf der Zeit sein überlebender Bruder in seine
Fußstapfen tritt, zumindest was seine Einstellung zur Parteikasse anbetrifft.«
Ich zündete mir eine Zigarette an, blickte über den Schreibtisch zu Lavers
hinüber und fixierte seine Backen, während er mich voll tiefster Konzentration
betrachtete. »Was wollen Sie eigentlich«, fragte ich mit neutraler Stimme, »seinen
Mörder oder seine Reputation schützen?«
»Diese Bemerkung paßt mir
überhaupt nicht — schon gar nicht von Ihnen.« Seine Stimme klang mühsam
beherrscht, und seine dicklichen Finger trommelten wild auf die
Schreibtischplatte. »Ich hätte dies nach all der Zeit, die wir zusammenarbeiten,
für eine überflüssige Frage gehalten. Sie wissen verdammt gut, was ich will.
Kutters Mörder!«
»Okay.« Ich beruhigte mich ein
wenig. »Bis vor einem Monat hatte er eine Geliebte. Eine Frau namens Lisa
Landau — das L. L. in seinem schwarzen Notizbuch. Seine Frau hatte einen
Liebhaber, den sie neulich nachts zu Besuch erwartete, aber Kutter kam
unerwartet zurück und erklärte ihr, er wisse alles über den Burschen, der sich
bei ihr die Zeit vertreibe, wenn er, Kutter, weg sei. Er verbannte sie und ihr
Mädchen auf ihr Zimmer und wartete dann in seinem Arbeitszimmer auf den
Herzallerliebsten seiner Frau, der sich durch die Haustür einschleichen
sollte.«
Lavers’ Gesicht wurde schlaff.
»Sind Sie da sicher?« Er beantwortete seine eigene Frage mit dem nächsten
Atemzug. »Natürlich — solch eine Geschichte würden Sie nicht erfinden.«
Ich erzählte ihm von Mike
Donovan und außerdem all das, was mir Lisa Landau über ihre Beziehungen zu Nick
Kutter berichtet hatte, einschließlich ihres Hinweises auf Burt Evans. Lavers’
Gesicht zerfiel immer mehr, während er sich die Evanssche Version dessen, was
sich in Santo Bahia ereignet hatte, anhörte. Schließlich erzählte ich ihm, wie
Toni Morris zugegeben hatte, gewußt zu haben, daß Mrs. Kutter einen Liebhaber
hatte.
»Und Sie haben ihr geglaubt,
daß sie den Namen des Mannes nicht wußte?« fragte Lavers, als ich geendet
hatte.
»Sie ist keine so gute
Lügnerin«, sagte ich. »Klar, ich habe ihr geglaubt. Es gibt eine einfache
Möglichkeit, den Namen herauszufinden — nämlich Mrs. Kutter danach zu fragen.
Das gedenke ich zu tun, wenn ich von hier weggehe.«
»Wissen Sie was? Ich habe
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