Al Wheeler und die gespenstige Lady
Dinge, die sich am Vortag
ereignet hatten, wieder ereignen würden.
Nachdem
ich auf den Klingelknopf gedrückt hatte, blickte ich hoffnungsvoll durch das
Glasfenster, für den Fall, daß meine Vermutungen, was die Geschehnisse des
vorhergehenden Tages anbetraf, wirklich zutreffen sollten. Aber diesmal kam
kein rothaariger Nackedei sorglos den Korridor entlanggeschlendert. Ich drückte
erneut auf den Klingelknopf und wartete ungeduldig. Nachdem ich nun schon
einmal den Entschluß gefaßt hatte, Georges Arm zu verdrehen, konnte ich kaum
mehr erwarten, ihn zwischen die Finger zu kriegen.
Weitere
zwei Minuten verstrichen langsam, und ich drückte ein letztes Mal auf die
Klingel. Eben wollte ich mich von der Haustür abwenden, als eine heisere Stimme
krächzte: »Wer ist draußen ?«
»Lieutenant
Wheeler«, sagte ich forsch. »Vom Büro des Sheriffs.«
»Sie
Mistkrücke«, sagte die Stimme in inbrünstigem Ton.
Nun
hatte ich die Wahl. Ich konnte einfach stehenbleiben, wo ich war, oder ich
konnte stehenbleiben, wo ich war, und ein dummes Gesicht machen .
Während ich mich noch zu entscheiden versuchte, wurde das Problem plötzlich
dadurch gelöst, daß jemand die Haustür öffnete. Ich drehte mich wieder um,
wobei ich mich fragte, wie wohl das alte Weib aussähe, das über eine derart
heisere Stimme verfügte, und erblickte ein gekrümmt dastehendes rothaariges
Mädchen, das ein blutiges Beefsteak gegen das linke Auge preßte.
»Loraine ?« sagte ich zweifelnd.
»Das
ist alles Ihre Schuld«, sagte sie verbittert. »Sie mußten natürlich bei den
Harveys Ihren großen Mund aufreißen! >Loraine hat gesagt...< Sie hätten
es vertonen sollen — es muß sich ohnehin die Nacht über wiederholt haben wie
ein Pausezeichen !«
»Loraine,
Süße«, sagte ich mitleidig, »was um alles auf der Welt ist denn passiert ?«
Sie
drehte sich langsam um und hinkte mit gequälter Langsamkeit und
vornübergebeugt, als könne sie sich nicht aufrecht halten, den Korridor
entlang. Ich half ihr die drei Stufen hinab und hinaus in den Patio, wo sie
unglücklich stöhnte, während ich sie auf einen Stuhl gleiten ließ. »Bringen Sie
mir etwas zu trinken !« knurrte sie, sobald sie saß.
Ich
holte mir ebenfalls ein Glas und brachte beides hinaus in den Patio. Sie nahm,
während sie trank, das Beefsteak vom Auge, und ich sah, daß sie das
Nonplusultra eines blauen Auges hatte, verstärkt durch alle Farben des
Regenbogens.
»Was
ist passiert ?« wiederholte ich.
»Ich
habe es Ihnen doch schon gesagt«, knurrte sie. »Ich habe Ihnen gestern nachmittag streng
vertraulich einiges über die Harveys erzählt, und Sie haben den Rest der Nacht
damit zugebracht, mich in voller Lautstärke drüben zu zitieren. George war reif
für die Gummizelle, als er nach Hause kam — ich habe ihn vorher schon wütend
erlebt, aber diesmal hat er mich zu Tode erschreckt. Er raste herum wie ein
Wahnsinniger, schrie und brüllte mich die ganze Zeit über an, und das meiste,
was er von sich gab, war völlig unsinnig .«
Sie
senkte ihr Glas und hob das Beefsteak wieder ans Auge. »Ich saß auf der Couch
im Wohnzimmer — genau da, wo Sie mich gestern nachmittag verlassen hatten — , als er hereinkam. Bevor ich
begriff, was los war, hatte ich seine Faust im Auge, und ich flog vollkommen
betäubt von der Couch auf den Boden. Das kam dem lieben George gerade recht. Er
spazierte zweimal auf mir auf und ab, kam dann zu dem Schluß, er könnte meinen
Anblick nicht länger ertragen, und stieß mit dem Fuß so lange nach mir, bis ich
unter dem Tisch verschwunden war. Da bin ich dann heute morgen aufgewacht .«
»Das
ist doch wohl ein Witz ?« fragte ich in flehendem Ton.
»Wirklich?«
Sie riß die Bluse aus dem Gurtband ihres Rocks und schob sie über die Brust
hoch.
Die
weiche weiße Haut um ihren Solarplexus herum wies ein Muster aus blauen Flecken
auf, die alle ungefähr die Größe eines Zehncentstücks hatten.
»Trägt
George immer spitze Schuhe ?« knurrte ich.
»Ich
sollte eine Riesenwut auf Sie haben, Al Wheeler«, sagte sie in sanfterem Ton.
»Aber Sie waren gestern nachmittag wirklich nett zu mir, also kann ich gar nicht so wütend auf Sie sein. Oder?«
»Ich
wollte, ich verdiente Ihre Freundlichkeit«, sagte ich. »Aber ich habe gestern
gar nichts getan .«
»Das
meine ich ja eben«, sagte sie leise. »Ich werde nicht oft wie eine Dame
behandelt, und schon gar nicht, wenn ich betrunken bin. Sie waren sozusagen ein
einmaliges Erlebnis für mich, Al, das
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