Al Wheeler und die Malerin
auf das Rufzeichen, und dann japste eine vertraute
Stimme: »Hier bei Mr. Martin Mayer !«
»Hallo, meine Schöne«, sagte
ich leise, »wie geht’s an diesem schönen Morgen ?«
»O du Bestie, Al Wheeler !« sagte sie in leisem leidenschaftlichem Flüsterton. »Was
für ein Sadist du doch bist, daß du mir diesen Burschen Walnuß wieder herausgeschidct hast! Mir zittern schon die
Knie, und er läuft mehr und mehr heiß. Ich hasse dich. Was willst du ?«
»Ist Vernon bei euch draußen ?«
»Nein, heute
morgen ist er noch nicht aufgetaucht .«
»Wenn er auftauchen sollte, sag Polnik , ich habe angerufen und er soll ihn ins Büro
des Sheriffs bringen .«
»Ich werde ihm das über den
höchsten Zaun hinweg zuschreien«, sagte sie verbittert. »Ich weiß, was er will.
Aber wieso bleibt er bloß so beharrlich bei dem Glauben, ich fände ihn unwiderstehlich?
«
»Er hat eine Theorie, was dich
anbelangt, Süße«, sagte ich belustigt. »Nach außen hin seist du eiskalt, aber
dahinter hält er dich für ein Pulverfäßchen , an das
nur die Lunte gehalten werden muß, damit es in einer prachtvollen Flamme explodiert .«
»Ich glaube, mir wird
schlecht«, stöhnte sie schwach.
»Wenn es hart auf hart kommt«,
sagte ich, da mich mein Gewissen leicht zu zwicken begann, »erkläre ihm, daß
du, wenn er die Sache nicht aufgibt, seine Frau anrufen und ihr erzählen
würdest, du seist Verkäuferin in einem der schicken Warenhäuser der Innenstadt.
Es sei ein großes Geheimnis, aber Sergeant Polnik sei
im Augenblick bei dir und überlege sich, was für ein teures Geschenk er ihr und
ihrer Mutter nach Hause bringen könne; deshalb habest du gedacht, du wolltest
smart sein und dich erkundigen, was sie sich wünschten.«
»Das ist gemein hinterhältig,
Al Wheeler«, sagte sie in bewunderndem Ton. »Das gefällt mir .«
»Es ist so hinterhältig, daß es
garantiert seine Wirkung tut«, versicherte ich ihr. »Untersteh dich, dich zu
vergnügen, bevor wir uns wiedertreffen !«
» Vergiß nicht, daß du dann an der Reihe bist, die lasagne zu machen«, sie
kicherte hilflos, »und die schwarzen Spitzen zu tragen !« Ich legte den Hörer auf und bedankte mich bei dem Mädchen.
»Gehen Sie jetzt, Lieutenant ?« fragte sie mit ausdrucksloser Stimme.
»Ich bin schon beinahe weg«,
versicherte ich ihr.
»Sie kommen doch viel herum«,
sagte sie mit derselben ausdruckslosen Stimme. »Wenn Sie zufällig von einer
freien Stelle für eine Empfangsangestellte hören, deren Nerven im Eimer sind
und die gelegentlich an Halluzinationen leidet — würden Sie mich dann bitte
anrufen ?«
»Wenn Sie wollen«, sagte ich in
einem plötzlichen Ausbruch widerlicher Großmut, »gehe ich jetzt sofort in Mayers
Büro zurück und erkläre ihm, es sei völlig meine Schuld und ich hätte Ihnen
einen albernen Streich gespielt .«
»Ich weiß Ihr Angebot zu
schätzen«, sagte sie lustlos. »Aber ich glaube, es würde jetzt nicht mehr viel
ändern. Als ich aus Leibeskräften schreiend in sein Büro gerannt kam — sehen
Sie, ich glaube, das hat eine permanente Schockwirkung auf sein Nervensystem
gehabt. Es wäre ihm also jetzt ziemlich egal, was mich zu meinem Verhalten
veranlaßt hat — er wird mich einfach für den Rest seines Lebens unsympathisch
finden, weil ich mich so benommen habe !«
»Süße«, sagte ich, »das klingt
alles ein bißchen verwirrt .«
»Ich bin so verwirrt«, sagte
sie hilflos, »daß ich vielleicht sogar heiraten werde .«
Von Mayers Büro aus fuhr ich
durch die Stadt zu der Adresse, die Polnik mir
gegeben hatte. Das Appartementgebäude entsprach nicht dem Dekkers, aber dem
meinen war es weit überlegen. Kent Vernons Wohnung lag im fünften Stock, und
ich drückte ohne wirkliche Hoffnung, ihn anzutreffen, auf den Klingelknopf.
Vernon war ein Bursche, der die Begabung besaß, sich in Luft aufzulösen, wann
immer er es für angebracht hielt, dachte ich. Die offensichtliche Erklärung
hierfür, überlegte ich mürrisch, war die, daß Vernon in Wirklichkeit gar nicht
existierte — daß er nur eine Ausgeburt meiner eigenen
gequälten Phantasie war.
Ich hörte ein vages Klicken,
und ein paar Sekunden später fragte eine ungeduldige Stimme: »Was wollen Sie ?«
Ich blickte auf und sah die
Ausgeburt meiner gequälten Phantasie mit einem ungeduldigen Ausdruck auf dem
Gesicht auf der Türschwelle stehen. »Ich möchte ein paar Fragen an Sie
richten«, sagte ich. »Sie sind ein schwer erreichbarer Mann, Mr. Vernon .«
»Vielleicht
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