Al Wheeler und die Malerin
versuchen.
»Behalten Sie meine Theorie
noch ein bißchen länger im Auge, Mr. Vernon«, sagte ich freundlich. »Es gibt
einen weiteren wichtigen Schritt, den Mayer unternommen haben könnte, bevor er
daranging, Hardacre zu ermorden und Sie als den
offensichtlich Schuldigen hinzustellen .«
»Wirklich, Lieutenant? Was denn
zum Beispiel?«
»Zum Beispiel dafür zu sorgen,
daß Sie für die Zeit des Mordes kein Alibi haben«, sagte ich.
Sein Mund preßte sich langsam
zusammen, während er mir ins Gesicht starrte. Gleich darauf begannen seine
Augen, unsicher zu flackern, und er wandte den Blick ab.
»Sie haben sich das alles sogar
noch besser ausgedacht, als es der wirkliche Mörder getan hat .« Er lachte kurz. »Nun, es ist sehr interessant gewesen. Ist das alles,
Lieutenant ?«
»Wenn Sie für den Zeitpunkt, an
dem Hardacre ermordet wurde, ein Alibi hätten, so
hätten Sie mir das bereits mitgeteilt«, knurrte ich. »Sie hätten der
Gelegenheit, mich als den Dummen hinzustellen, nicht widerstehen können. Oder?«
»Erwartet man von mir, daß ich
bei jeder Nacht in meinem Dasein in Rechnung stelle, jemand könnte ermordet
werden und ich brauchte dann ein Alibi ?« knurrte er
mich an. »Zufällig habe ich wirklich kein Alibi für diese Zeit. Wird deshalb
ein Versäumnisurteil gegen mich ergehen ?«
»Es könnte den Verdacht gegen
George Mayer noch verdichten, wenn jemand Sie so sorgfältig in etwas
hineinmanövriert hätte, das Sie daran hinderte, für diese Nacht ein Alibi
erbringen zu können«, sagte ich kalt. »Wollen Sie sich das einmal durch den
Kopf gehenlassen, Mr. Vernon ?«
»Ich habe nicht die Absicht,
Ihre Frage zu beantworten — so oder so«, fuhr er mich an.
»Ich kann Sie natürlich nicht
dazu zwingen«, sagte ich. »Aber es ist sehr interessant — ja geradezu
faszinierend !«
Sein Mund preßte sich erneut
mit heftigem Ruck zusammen. »Was soll das heißen, Wheeler, sofern es überhaupt
etwas zu bedeuten hat ?«
»Ich habe Sie beinahe offen
dazu aufgefordert, mir beizustehen und Mayers Schuld zu bestätigen«, sagte ich
wahrheitsgemäß. »Ich habe Ihnen beinahe die Worte in den Mund gelegt. Alles,
was Sie zu tun hatten, war, mir beizupflichten und irgendeine wilde Geschichte
von einem anonymen Telefonanruf zu erfinden, der Sie zwang, an einen
unbewohnten, hundert Kilometer von hier entfernten Ort zu fahren. Aber das
haben Sie nicht getan .«
»Sie trauen mir wohl von Grund
auf keine Ehrlichkeit zu, Lieutenant ?« fragte er kalt.
»Ich weiß nicht was man unter
Ehrlichkeit von Grund auf versteht«, sagte ich. »Die einzige Möglichkeit,
Ehrlichkeit zu erkennen, besteht darin, daß eine Reihe von Umständen eindeutig
stimmen. Aber ich gestehe Ihnen in dieser Angelegenheit den Drang zu, jemanden
zu decken. Meiner Ansicht nach verschließen Sie sich nur deshalb wie eine
Muschel, weil Sie eine Heidenangst haben, einen anderen in die Sache
hineinzuziehen. Wenn Sie mir zum Beispiel erzählten, was sich in der Nacht des
Mordes ereignet hat, müßten Sie damit gleichzeitig zugeben, daß Sie und Janine
Mayer ein Verhältnis miteinander haben .«
»Ich glaube nicht, daß ich all
das noch viel länger anhören kann«, knurrte er. »Wenn Sie so weitermachen,
Wheeler, werde ich Ihnen gleich an die Gurgel fahren .«
»Nun«, sagte ich liebenswürdig,
»ich bin ein strikter Gegner von Gewalt, warum unterhalten wir uns nicht über
etwas anderes? Hal Dekker hat mir erst gestern abend erzählt, wie er entdeckte, daß Gil Hardacre aus Los Angeles hierher gezogen war. Ein Freund
von Ihnen, ein Schriftsteller, hatte den Maler erwähnt, der in seinem Haus
wohnte und so weiter. Dekker faßte das Ganze mit einer einzigartigen Redensart
zusammen, so ähnlich wie >die Welt sei doch klein<. Nachdem ich Lambert
Pierce bereits kennengelernt habe, kann ich Dekker nur beipflichten .«
»Pierce hat einen brillanten
Kopf«, brummte Vernon. »Man kann nicht umhin, ihn zu bemitleiden — ein solcher
Kopf, eingesperrt in einen mißgestalteten und
verkümmerten Körper .«
»Ja«, sagte ich bedächtig. »Nur
empfand ich bei ihm dasselbe wie bei so vielen Leuten. Aus der Entfernung
können sie einem leid tun , aber wenn man ihnen näher
rückt, lösen sie andere Gefühle aus .«
»Was meinen Sie damit ?« In seinem Gesicht wurde einen Augenblick lang echtes
Interesse sichtbar. »Ich meine, soweit es Lambert Pierce betrifft ?«
»Er ist krank .«
»O Himmel !« sagte er angeekelt. »Er unterscheidet sich von der Norm,
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