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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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Gefahren ausgesetzt ist.«
    Alanna, die hinter Jons Stuhl stand, sah, wie der Prinz vor Wut erstarrte. Rasch warf sie dem König einen Blick zu, doch der nickte zustimmend. Herzog Gareth hatte geplant Jon bei sich in der Festung zu behalten, damit der Prinz aus allernächster Nähe mitbekam, wie man einen Krieg führte. Aber das hielt Roger offensichtlich für unnötig. Herzog von
Conté fuhr fort: »Da mein Vetter zum ersten Mal eine Truppe befehligt, wird ihm Sir Myles als Berater zugeteilt. Wir – mein Onkel und ich – hoffen, der Prinz möge auf diesen Mann, der so viel Weisheit besitzt, gut hören.«
    »Und sehr wenig Kampferfahrung«, hörte Alanna Myles in seinen Bart brummen.
    »Ich habe noch eines hinzuzufügen«, sagte der König und erhob sich. »Bis wir die moralische Seite der Frage, ob wir auf das rechte Flussufer des Drell, das bis zu den Zeiten unserer ehrwürdigen Väter Tusain gehörte, Anspruch erheben wollen, geklärt haben, erteile ich euch den königlichen Befehl, lediglich das linke Flussufer zu verteidigen. Ich verbiete euch, den Fluss zu überqueren, sei es nun, um den Feind zu verfolgen, sei es, um ihn anzugreifen.«
    Die Truppenführer wurden unruhig und begannen zu murmeln. Sie durften den Fluss nicht überqueren? Sie durften die Tusainer nicht hinter ihre Grenze zurücktreiben? Die Stimme des Königs fuhr durch den Raum wie eine Peitsche. »Wir kämpfen nur um das linke Ufer! Sorgt dafür!«
    Alle standen auf und verneigten sich, als der König den Raum verließ. Als sich die Tür schloss, seufzte Hamrath von Königsbucht: »So, Jungs, ruht euch aus. Das wird ein langer Sommer werden.« Er sah Herzog Roger an: »Euer Gnaden?«
    »Das ist alles«, erklärte Roger. »Wir reiten morgen, eine Stunde nach Morgengrauen.«
     
    Zwölf Tage lang ritten sie ostwärts. Als sie schließlich den Pass erreichten, der ins Flusstal des Drell hinunterführte, zügelte Jon sein Pferd Darkness und ließ die lange Reihe der Soldaten an sich vorüberziehen. »Schau, Alan!«
    Unter ihnen erhob sich der Drellfluss. Auf der anderen
Seite des Flusses schwärmten Tausende von Männern in Tusainer Uniform. Sie bezogen gerade ihr Hauptlager. Alanna folgte Jons ausgestrecktem Finger flussaufwärts, bis sie durch die Bäume einen weiß-silbernen Schimmer sah.
    »Die Drellfälle«, erklärte ihr Jon. »Unser neues Zuhause.«
    Trusty, der in einer an Moonlights Sattelhorn hängenden Schale saß, verkündete lauthals, sein altes Zuhause sei ihm lieber gewesen. Alanna streichelte ihren staubigen Kater. Sie musste ihm Recht geben. Sie hatte ein unangenehmes Gefühl, was diese neue »Heimat« betraf – ein ausgesprochen unangenehmes Gefühl.

5
Am Fluss

    Die Männer, die bis zur Ankunft des königlichen Heeres die Drellfestung verteidigt hatten, lagerten unterhalb der Wasserfälle und warteten auf Prinz Jonathan. An ihrem ordentlichen Lager und daran, wie gut vorbereitet sie wirkten, konnte man erkennen, dass sie Veteranen waren. Alanna fühlte sich gleich wohler, als sie die Männer sah: Sie spürte, dass diese einfachen Soldaten mit den grimmigen Gesichtern gute Kämpfer waren. Sie hatten ihr die Arbeit abgenommen, für Jonathan und Myles Zelte aufzuschlagen. Dafür war sie dankbar. Aram, einer der Soldaten, erklärte ihr, er sei beauftragt, sich um die Pferde zu kümmern. Alanna, die bei diesem Feldzug Jonathan und Myles zu versorgen hatte, musste nur noch deren Sachen zurechtlegen.
    Bis es Mittag wurde, war sie fast am Verhungern. Sie hätte zur Festung hinunterreiten können, um dort mit Jon, Myles und den anderen Rittern zu essen, die sich dort versammelt hatten, um Kriegsrat abzuhalten. Aber sie war sicher, sie müsse Hungers sterben, bevor sie dort überhaupt ankam. Also ließ sie Trusty auf ihrem Feldbett schlafend zurück und durchsuchte das Lager, bis sie das Messezelt fand. Das war keine schwierige Aufgabe – sie folgte einfach ihrer Nase.

    Nachdem sie ihren Teller mit Bohnen und Fleisch vollgehäuft hatte, nahm sie an einem der langen Tische Platz. Kurz darauf ließ sich ein großer und gut gebauter Infanterist zu ihrer Rechten nieder. Voller Neid sah Alanna, dass sich seine Muskeln deutlich unter der derben Kleidung abzeichneten. Sein gebräuntes und wettergegerbtes Gesicht war von einem dichten roten Bart umrahmt. Als ihn die anderen Männer lauthals begrüßten, antwortete der riesige Kerl mit einer tiefen, polternden Stimme. Alanna konzentrierte sich auf ihr Essen und ließ sich dabei kein Wort

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