Alanna - Das Lied der Loewin
lassen, dass du mich haben kannst, wenn du mich willst.« Er lächelte.
Alanna versuchte, ihn zurückzustoßen. Sie hatte Herzklopfen, und schwummrig war ihr auch. Sie musste ihn unbedingt bremsen. »Können wir Freunde bleiben wie vorher auch?«
»Freunde werden wir bleiben, gute Freunde, hoffe ich. Gib es zu, Kleine – du würdest mich ziemlich vermissen, wäre ich nicht mehr da.«
Alanna machte den Fehler, in seine heiteren Augen hinaufzusehen. Da lag das Problem, da, in seinem Gesicht. Dem, was sie darin sah, war sie absolut noch nicht gewachsen. Erschreckt senkte sie die Augen wieder. »Ich ... ich werde nicht zulassen, dass deshalb unsere Freundschaft zerbricht«, flüsterte sie.
»Und ich werde nicht mehr davon sprechen, bevor du mich darum bittest. Schau mich an, Alanna.«
Alanna sah auf. Georg zog sie eng an sich und küsste sie. Seine Lippen waren warm und tröstlich. Alanna hatte das letzte Mal nicht vergessen und sie hatte bemerkt, dass sie seine Küsse mochte. Sie entspannte sich und ließ es zu, dass er sie fest an sich drückte.
Georg schob sie weg. Zwei rote Flecken brannten auf seinen Wangen. »Das geht zu weit«, sagte er mit rauer Stimme. »Ich ... ich wollte nur, dass du weißt, wie es um mich steht, bevor du in den Krieg ziehst.«
Alanna errötete. »Du hast eine komische Art dich zu verabschieden.«
Er zog spöttisch eine Augenbraue hoch. »So? Im ganzen
Königreich verabschieden sich Liebende auf ebendiese Art und Weise.« Er küsste sie noch einmal, ging zur Tür und zog seine Kapuze über den Kopf.
»Georg?«, rief sie leise, als er den Riegel öffnete. »Ich komme wieder, und wir bleiben Freunde.«
Er nickte und verschwand. Abgesehen von dem lockeren Sattel und der Klette gab es jetzt noch etwas anderes, worüber sie nachdenken musste.
Am nächsten Tag beraumte Roger eine Sitzung seiner Truppenführer an. Diesmal nahm auch Alanna teil. Sie war erleichtert, als sie erfuhr, dass Gary und Raoul zu den Rittern in Jonathans persönlicher Einheit gehörten. Noch erleichterter war sie darüber, dass Alex und Geoffrey bei Roger in der Festung sein würden. Sie vertrug sich wieder mit Alex, aber ihr »Duell« hatte sie nie vergessen.
Als sie allerdings sah, wo Herzog Roger Jonathans Truppe stationieren wollte, war ihr nicht so wohl.
Roger von Conté stand vor einer großen Detailkarte des Drelltals. In der Mitte der Karte, dort, wo die Felder, die den Fluss säumten, am breitesten waren, drängten sich am rechten Ufer die blauen Kreuze, die für die Tusainer Truppenlager standen.
»Wie ihr sehen könnt«, erklärte ihnen Roger und deutete auf die Kreuze, »hat der Feind gegenüber der Festung am anderen Ufer Position bezogen.« Roger deutete auf das Viereck, das die Festung bezeichnete. »Den größten Teil des Heeres werde ich hier in der Festung und in der näheren Umgebung stationieren. Lord Imrah von Leganns Truppe bezieht über der Festung bis zur Flussbiegung unter den Drellfällen Stellung. Unterhalb der Festung hält Graf Hamrath von Königsbucht das Ufer bis hinab zu den Stromschnellen
am Ende des Tales. Da die Klippen und Stromschnellen zu dieser Jahreszeit unüberwindbar sind, erwarten wir kaum Schwierigkeiten für Hamraths Männer.
An den Wasserfällen selbst« – Rogers Finger fuhr wieder nach Norden bis zum oberen Ende des Tales, – »ergibt sich eine interessante Situation. Dort ist der Fluss flach und breit; trotzdem ist die Strömung recht stark. Ein Feind, der wirklich entschlossen ist, könnte eine Überquerung aber möglicherweise schaffen, obwohl am rechten Flussufer auf Grund der Klippen kein Platz für ein ordentliches Lager bleibt. Die Angreifer dürften bei ihrer Überquerung natürlich von keinem der oberhalb der Festung platzierten Späher gesehen werden, doch in einer nebligen Nacht und wenn sie sich schlau anstellen, bestünde tatsächlich eine gewisse Gefahr. Ich habe beschlossen, Prinz Jonathan und seine Ritter gleich unterhalb von den Wasserfällen zu stationieren. Falls es nötig werden sollte, ist Imrah von Legann in Reichweite; zusätzlich werde ich dem Prinzen die gegenwärtige Infanteriegarnison aus der Drellfestung schicken. Es sind mutige Männer, auch wenn sie im Moment ein wenig kampfesmüde sind. Eigentlich müssten wir jede Bewegung des Feindes sehen, lange bevor er versucht den Fluss zu überqueren, deshalb finde ich, dass diese Stelle für meinen jungen Vetter einen ausgezeichneten Befehlsstand abgibt, an dem er keinen unnötigen
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