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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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Man hat uns gesagt, dass der Zauber des Zimmers durch gar nichts beeinflusst werden kann. Wenn sie die Prüfung übersteht, kann keiner sagen, sie habe ihren Schild nicht verdient, ob sie nun ein Mädchen ist oder nicht.«
    Alanna kam abgetrocknet und angezogen aus dem Bad. Wie Gary bemerkte, war sie ein wenig blass, doch ansonsten war sie ruhig.
    »Bist du bereit für die Einweisung?«, fragte er sie förmlich.
    Alanna fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Jetzt ging es los. »Ich bin bereit«, flüsterte sie.
    »Wenn du die Ritterprüfung überlebst«, sprach Jonathan in den Worten, die das Ritual erforderte, »wirst du Ritter des Königreichs. Du wirst den Eid ablegen, jene zu beschützen, die schwächer sind als du, deinem Oberherrn zu gehorchen, auf eine Art und Weise zu leben, die deinem Königreich und deinen Göttern zur Ehre gereicht.«
    »Den Ritterstand zu tragen ist eine bedeutende Angelegenheit«, fuhr Gary fort. »Es bedeutet, dass du dich über keinen Hilferuf hinwegsetzen darfst. Es bedeutet, dass sich Reich und Arm, Jung und Alt, Mann und Frau um Hilfe an dich wenden dürfen, und du kannst es keinem abschlagen.«
    »Du bist verpflichtet das Gesetz zu unterstützen«, sagte Jonathan. »Du darfst den Blick nicht vom Unrecht abwenden. Du darfst keinem helfen das Gesetz des Landes zu brechen, und zu allen Zeiten und in jedem Fall musst du einen Gesetzesbruch verhindern.«
    »Du bist deiner Ehre und deinem Wort verpflichtet«, erinnerte Gary sie. »Verhalte dich so, dass du dich nicht zu schämen brauchst, wenn du dem Dunkelgott gegenübertrittst.«
    »Du hast die Gesetze gelernt, die für einen Ritter gelten«,
fuhr Jonathan fort. »Bewahre sie in deinem Herzen. Benutze sie als Rat, wenn die Dinge am hoffnungslosesten scheinen. Sie werden dich nicht im Stich lassen, wenn du sie mit Menschlichkeit und mit Güte auslegst. Ein Ritter ist gütig. Seine höchste Pflicht ist es, verständnisvoll zu sein.«
    Alanna hörte aufmerksam zu. Nichts davon war neu, doch heute Abend war es bedeutungsvoller als jemals zuvor. Heute Nacht würde sie vor dem Prüfungsraum Wache halten  – ihr erster Schritt, um endlich zu beweisen, dass sie einen Ritterschild verdiente. Und morgen?
    Über morgen denke ich morgen nach, sagte sie sich entschlossen.
    Gary und Jon brachten sie zu der Kapelle, in der die Prüfung stattfand, und erinnerten sie nur noch daran, sie dürfe von jetzt ab bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie am nächsten Tag den Raum verlassen würde, keinen einzigen Laut von sich geben. Gary schlug ihr auf die Schulter; Jonathan küsste sie auf die Wange. Dann waren sie fort, sie war allein in der Kapelle und sah die schwere eiserne Tür an, die in den Raum führte. Vor vier Jahren hatte sie hier neben Jonathan gekniet, hatte sein Gesicht betrachtet und sich gefragt, woran er dachte. Nun war sie an der Reihe und sie wusste immer noch nichts über seine Gedanken in jener Nacht. Hatte er Herzklopfen gehabt so wie sie jetzt? Hatte er Angst gehabt? Es war schwer, nicht sprechen zu dürfen. Nur nachdenken durfte sie, sonst nichts.
    Nach einer Weile begannen ihre Gedanken zu wandern. Coram war zwei Abende zuvor eingetroffen. Sie waren die halbe Nacht aufgeblieben und er hatte ihr seinen letzten Bericht als Verwalter von Trebond gegeben. Jetzt oblag dem jungen Ormen die zweifelhafte Freude, diesen Posten auszufüllen,
und Alannas alter Freund freute sich darauf, mit ihr auf Reisen zu gehen. Sie war stolz, dass ihr erster Lehrer so beeindruckt war von dem, was sie in den vier Jahren geleistet hatte. Alanna wies sein Lob zurück und erklärte, sofern sie ihre Sache gut gemacht habe, läge das nur daran, dass er so ein guter Lehrer gewesen sei. Die restliche Nacht hatten sie über Karten gebrütet und entschieden, wohin sie sich auf ihrer Abenteuersuche aufmachen wollten. Alanna lächelte ein bisschen traurig vor sich hin.
    Komisch, dachte sie. Es gab Zeiten, da konnte ich es kaum erwarten, wegzukommen von hier. Und nun, da es so weit ist, will ich gar nicht mehr weg. Warum kann ich nicht glücklich sein – oder warum kann ich mich nicht wenigstens entscheiden?
    Wo war Thom? Er hatte vorgehabt bis zum Mittwinterfest im Palast zu sein, aber bis jetzt war er noch nicht eingetroffen. War er auf der Jagd nach einem irgendeinem alten Zauberspruch und hatte sie vergessen? In mancher Hinsicht erinnerte er sie an ihren Vater, der einen Großteil seines Lebens seinen hochgeistigen Träumen gewidmet hatte.
    Sie ließ ihre

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