Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
Vom Netzwerk:
und vollführte einen weit gezogenen Bogen – das war der so genannte Schmetterlingsschlag –, mit dem sie eine Locke von Rogers Haar abschnitt. Sie wechselte ihr Schwert in die linke Hand und nun machte sie endlich Ernst. In einer spiegelverkehrten Variante des Schmetterlingsschlags von eben riss sie ihr Schwert nach unten und im Bogen herum. Diesmal durchtrennte sie Rogers Gürtel. Mit einem Rückhandschlag riss sie den Waffenrock des Herzogs auf. Roger parierte verzweifelt und wich zurück, als sie ihn nun so heftig bedrängte. Plötzlich bildete sich eine große orangefarbene Wolke um den Herzog herum. Die Zuschauer keuchten auf und wichen zurück, als sich die Wolke ausbreitete und nach Alanna, Jonathan und dem danebenstehenden König griff. Alanna sah die Gefahr, in der die beiden Männer schwebten, und vergaß ihre eigene.
    »Göttin!«, schrie sie und stürzte vorwärts. Blitz traf die Wolke, zerteilte sie und fand Roger in der Mitte. Die orangefarbene Masse flammte auf und blendete alle Umstehenden. Alanna spürte, wie Blitz in ihrer Hand zuckte. Roger schrie auf, und sie schlug noch einmal und noch fester zu. Diesmal schnitt das Schwert noch tiefer. Alanna öffnete die Augen und blinzelte, um wieder klar sehen zu können.
    Da stand Roger und versuchte, sich das Schwert aus dem Körper zu ziehen. Eine tiefe Wunde an seiner Schulter blutete
stark. Der Herzog starrte Alanna verwundert an, während er langsam zu Boden sank. Alanna riss ihr Schwert heraus. Schwankend und zitternd vor Wut, Angst und Erschöpfung, stand sie über Rogers Körper gebeugt.
    Sie schaute auf. Alle im Saal – sogar Jonathan und Thom – starrten sie entsetzt an. Eine Minute lang hatte sie Angst vor sich selbst.
    Sie hatte den Neffen des Königs getötet. Sie hatte ihren größten Feind, den mächtigsten Zauberer der Ostländer, umgebracht.

Epilog

    »Bist du sicher, dass du’s dir nicht noch mal anders überlegen willst?«, fragte Jonathan und nahm ihre Hand. Der Winterwind peitschte Farbe auf seine Wangen, und seine Augen schienen noch blauer als jemals zuvor. »Ich habe wirklich das Gefühl, dass ich ›Sir Alanna‹ überhaupt nicht kenne.«
    Alanna lächelte und schüttelte den Kopf. »Ich muss alleine sein; na ja, nicht gerade alleine«, gab sie zu und grinste zu Coram hinauf, der warm eingepackt auf sie wartete. »Ich muss eine Weile weg von hier und nachdenken.«
    »Falls du wegen Roger immer noch unglücklich bist, dann hör auf damit«, sagte Gary schroff. »Du hast getan, was getan werden musste.«
    »Ich weiß. Aber ich habe diese Reise schon so lange geplant und jetzt habe ich mehr Grund als je zuvor, von hier zu verschwinden. Ich muss über diese Sache mit Roger nachdenken. Und darüber, was es bedeutet, ein weiblicher Ritter zu sein. Und was ich mit meinem Leben anstellen will. Dann komme ich wieder.«
    Sie sah sich um und vergewisserte sich, dass all ihre Satteltaschen, auch die, die der Lastmaulesel trug, gut befestigt waren. Dann lächelte sie ihrer Eskorte zu, die aus Jonathan,
Gary, Raoul und Georg bestand. »Ganz bestimmt. Ich halte es nicht lange aus ohne euch.«
    Gary klopfte Raoul, der ganz unglücklich dreinschaute, auf die Schulter. »Verabschiede dich, Raoul«, sagte er und warf einen bedeutungsvollen Blick zu Jon hinüber.
    Raoul packte Alannas Hand so fest, dass es schmerzte. »Mir geht es wie Jonathan – ich habe das Gefühl, als kenne ich ›Sir Alanna‹ überhaupt nicht«, meinte er. »Pass gut auf sie auf, Coram.«
    »Mach ich«, nickte der Diener.
    Alanna beugte sich hinunter und küsste Raoul auf die Wange. »Diese ›Sir Alanna‹, von der ihr unentwegt sprecht, ist lediglich Alan ohne die Lüge drum herum«, erklärte sie. »Ich habe mich nicht geändert. Pass auf dich auf, Raoul.«
    Gary war der Nächste. Er umarmte sie kurz, aber fest. »Wenn du lange wegbleibst, kommen wir dich suchen«, drohte er. »Gute Reise, Alanna.« Er zog Raoul ein Stück beiseite, damit Alanna ungestört mit Jonathan und Georg reden konnte.
    »Vergiss das Zeichen der Diebe nicht, das ich dir beibrachte«, mahnte Georg sie. »Und benutz es, wenn dir Gefahr droht!«
    Alanna drückte ihn an sich und blinzelte brennende Tränen weg. »Ich werde dich vermissen, alter Freund«, flüsterte sie.
    Georgs Augen glänzten unnatürlich, als er sie ansah. »Umso mehr Grund zu mir zurückzukehren, wenn du alles überlegt hast, was es zu überlegen gibt. Meine Liebe begleitet dich, Alanna.« Er schnalzte seiner Stute zu und

Weitere Kostenlose Bücher