Alanna - Das Lied der Loewin
explodierte der Boden. Sie und Trusty wurden niedergeworfen; Sand und Erde prasselten auf sie herab. Hab ich dir doch gesagt , bemerkte Trusty empört und begann sich sauber zu lecken.
Alanna stand auf. Sie gab sich Mühe nicht die Beherrschung zu verlieren und klopfte sich ab. »Das war dumm!«, rief sie. »Ein Unschuldiger hätte verletzt werden können! Ich kam zu dir, um Frieden zu schließen ...«
»Du wirst uns nur Krieg und Hungersnot bringen!«, erklang gedämpft Ibn Nazzirs schrille Stimme aus dem Zelt. »Du verdirbst Halef Seif mit Wollust und mit deinem unflätigen Geschwätz hast du die Stimme der Stämme verhext!«
»Männer und Frauen können Freunde sein, auch ohne Wollust!«, schrie Alanna zurück. »Der Einzige, der hier verhext ist, bist du! Verhext durch deine Eifersucht und deine Dummheit!« Sie brach ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sie bebte vor Zorn. Sie hatte nie viel Nachsicht
mit Dummköpfen gehabt, und das bisschen, das sie hatte, kam ihr gerade abhanden.
Immer noch weigerte sich der alte Mann herauszukommen, obwohl ihr Wortwechsel das ganze Dorf herbeigelockt hatte.
»Du trägst ein Dämonenauge um den Hals!«
Alanna hob die Hand an die Kehle und berührte den Glutstein. »Das ist kein Dämonenauge!«, schrie sie wutentbrannt. »Es ist ein Andenken, das mir die Große Muttergöttin eigenhändig überreicht hat!« Die Zuhörer wichen in ehrfürchtigem Schrecken zurück. Die Muttergöttin war hier ebenso bekannt und verehrt wie im Norden. Keiner von ihnen hätte ihren Namen ohne triftigen Grund in den Mund genommen. Diejenigen, die sich bisher auf die Seite des Schamanen geschlagen hatten, begannen sich zu fragen, ob sie nicht einen schwerwiegenden Irrtum begangen hatten.
»Ich verlange eine Entschuldigung für diese Beleidigung meiner Göttin!«, schrie Alanna mit heiserer Stimme. »Und zwar sofort! Komm heraus und entschuldige dich!«
So, dachte sie zufrieden und wippte auf den Fußballen vor und zurück. Jetzt habe ich es diesem alten Feigling gezeigt.
Trusty wandte sich mit nach vorn gerichteten Ohren dem Zelt des Schamanen zu. Plötzlich begann sein Schwanz zu zucken. Er wird sich nicht entschuldigen, warnte er, als sich der Zelteingang bewegte. Er wird...
Aber Alanna spürte es ebenso wie ihr Kater. Sie hatte gerade noch Zeit, Schutzwände aufzubauen, bevor eine gelbe Flamme aus dem Zelt geschleudert wurde und sie und Trusty umhüllte. Sie zuckte zusammen, als die Flamme auftraf, und konzentrierte sich auf ihren eigenen Zauberspruch. Voller Wut – bei der Unwissenheit und der mangelnden
Kontrolle des Schamanen hätte ein Zuschauer verletzt oder getötet werden können – packte sie den letzten Rest des Feuers und schleuderte ihn zurück. Blitzschnell schoss die winzige Flamme ins Zelt des Schamanen und jagte den alten Mann nach draußen, bevor sie verlöschte.
Alanna starrte Ibn Nazzir an. Sie überlegte in Windeseile. Er trug das Kristallschwert; der Anblick jagte ihr Angstschauer den Rücken hinunter. Was nicht nur daran lag, dass es sie an Herzog Roger von Conté erinnerte, nein, sie wusste auch, dass der Schamane einst ein Reiter gewesen war und zweifellos mit einem Schwert umzugehen verstand. Falls sie sich nicht täuschte, war sie ihm mehr als ebenbürtig, was die Zauberkunst anging, aber seine Fähigkeiten als Schwertfechter waren eine gefährliche Unbekannte. Zumal sie unbewaffnet war.
»Du beleidigst die Göttin, die mir gnädig ist«, sagte sie, als er seine Aufmerksamkeit auf sie richtete. »Du hast mich nun schon zweimal ohne faire Vorwarnung angegriffen, obwohl ich dich überhaupt nicht herausgefordert hatte. Ich war mehr als geduldig mit dir. Sag mir den Grund, warum ich nicht dein Leben fordern soll, wie es mein Recht ist als Mitglied des Stammes.«
Akhnan Ibn Nazzir zog das Kristallschwert und stürzte sich mit einem Schrei auf sie.
Alanna duckte sich weg und wich aus, ohne das wütende Gebrüll zu hören, das die Stammesangehörigen bei dem ehrlosen Betragen ihres Schamanen anstimmten. Auch Ibn Nazzir, dem Wahnsinn nahe, hörte nichts. Sein Mund war zu einem irren Grinsen verzogen, als er, die tödliche Waffe mit beiden Händen schwingend, Alanna erneut angriff.
Sie duckte sich. Blitzschnell bewegte sie sich auf der fest
gestampften Erde. Jedes Mal wenn das Kristallschwert neben ihr herunterfuhr, hörte sie es summen. Ihr wurde ein wenig übel von dem Geräusch, es war, als sei Herzog Roger in der Nähe und dirigierte das Schwert in
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