Alanna - Das Lied der Loewin
inzwischen die ganze Gegend auf den Kopf gestellt, um nach mir zu suchen. Ich muss zurück.«
»Ich habe nicht gesagt, dass ich mit dir nach Corus zurückkehren will, und du hast mich nicht gefragt, bevor du den Leuten befahlst für mich zu packen.«
»Ich nahm an, wir wollten mit den Vorbereitungen für unsere Hochzeit beginnen. Ich dachte nicht, dass du noch warten wolltest.«
»Ich habe dir mein Jawort noch nicht gegeben«, erinnerte ihn Alanna mit Nachdruck.
Überrascht sah er sie an. »Aber – ich weiß doch, wie du für mich fühlst.«
»Mit dir verheiratet zu sein ist eine große Verantwortung. Ich brauche mehr Zeit, um es mir zu überlegen.«
»Mehr Zeit?«
Nicht zu fassen, er findet die ganze Angelegenheit wohl amüsant, dachte Alanna. Sie wurde immer wütender.
»Im Ernst. Nach all diesen Jahren dürfte deine Antwort ja wohl klar sein.«
Sie hatte so fest die Zähne zusammengebissen, dass ihr der Kiefer wehtat, als sie den Mund öffnete.
»Mir nicht.«
Jonathan knallte das aufgerollte Pergament auf den Tisch. Er war mit seiner Geduld so ziemlich am Ende. »Hör auf, Alanna! Ich habe auf deine mädchenhafte Scheu nun lange genug Rücksicht genommen...«
»Meine mädchenhaften Scheu?«, schrie sie. »Wann habe ich jemals mädchenhafte Scheu an den Tag gelegt?«
»Schrei nicht so!«, sagte er in scharfem Ton. »Willst du, dass dich der ganze Stamm hört? Was ist denn überhaupt in dich gefahren? Ich dachte, es wäre alles besprochen.«
»Ich sagte dir, dass ich Zeit zum Nachdenken brauche!« Ihre Stimme war zwar jetzt leiser, aber ihre violetten Augen blitzen immer noch wütend.
Jonathan lächelte überlegen. »Das sagen alle Frauen, wenn ein Mann um ihre Hand anhält.«
»Wirklich?«, fauchte Alanna. »Vermutlich bist du Experte, was Heiratsanträge angeht!«
»Genauso wie du«, fauchte er zurück.
»Wenn ich sage, ich will Zeit zum Nachdenken, dann will ich Zeit zum Nachdenken!«
Jonathan seufzte müde. »Na gut, du hast Zeit zum Nachdenken gehabt. Wie lautet deine Antwort?«
»Dass ich noch mehr Zeit zum Nachdenken brauche!«
Jon starrte sie einen Augenblick an; seine Wangen färbten sich rot. »Lächerlich!«, rief er. »Gut, ich hätte daran denken sollen, dass du es nicht magst, wenn man Pläne macht, ohne dir Gelegenheit zu geben, dich dazu zu äußern, aber ich dachte, alles sei geregelt.«
»Ist es nicht! Wie kannst du es wagen, mein Einverständnis als selbstverständlich vorauszusetzen?«
»Nun, du hast mir ganz gewiss keinen Grund zur Annahme gegeben, dass du ablehnen könntest. Oder irre ich mich?«, erkundigte er sich mit zornig geballten Fäusten. »Überleg es dir gut, bevor du mich noch mehr reizt, Alanna von Trebond! Es gibt Frauen, die alles tun würden, um mich zu heiraten.«
»Warum hast du dann nicht eine von denen gefragt?«, sagte Alanna. »Weißt du, was dein Problem ist, Jonathan? Du wurdest von all diesen feinen Damen am Hof viel zu sehr verwöhnt und deshalb kamst du überhaupt nicht auf die Idee, ich könnte Nein sagen!«
»Und wen willst du nehmen, wenn nicht mich, Frau-die-wie-ein-Mann-reitet?« , wollte er wissen. »Vermutlich ist Georg eher dein Geschmack.«
»Georg?«, stieß sie hervor. Die neue Richtung, aus der Jons Attacke kam, überraschte sie.
»Hältst du mich für blind? Ich habe gesehen, wie er dich anschaut!«
»Was ist mit all den Frauen im Palast und damit, wie die dich anschauen?«, meinte Alanna. »Und dass du mit einigen von ihnen ein Verhältnis hattest, weiß ich wohl. Sie haben aus dir einen eingebildeten ...«
»Zumindest sind es Frauen, Lady Alanna!«, sagte er. »Und sie wissen, wie man sich als Frau zu benehmen hat!«
Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, während sich Alanna nur schwer zurückhielt, ihm eine Ohrfeige zu geben oder einfach in Tränen auszubrechen. Schließlich zischte sie: »Ich weigere mich, dich zu heiraten.« Jonathan war inzwischen weiß vor Wut. »Und ich glaube, dass ich gerade noch mal Glück hatte, bevor es zu einer Katastrophe gekommen wäre!«
»Da hast du wohl recht!«, erwiderte sie scharf. »Such dir eine, die fraulicher ist als ich, Jonathan von Conté!« Damit stürzte sie aus dem Zelt.
Kara und Kourrem waren beim Packen und sahen erstaunt auf, als Alanna in ihr eigenes Zelt marschiert kam. »Ich bleibe hier!«, sagte sie gereizt. »Und wenn nächstes Mal jemand sagt, ich ginge weg, dann fragt ihr erst mal mich!«
Sie verbeugten sich und eilten mit weit aufgerissenen Augen aus
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