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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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jahrelang gelogen hatte,
was ihr Geschlecht betraf. Da er ein ruhiger Mann war, der es vorzog, Eintracht an seinem Hof zu halten, hatte er nicht viel gesagt. Er hatte jedoch keinen Zweifel daran gelassen, dass er ihr Tun missbilligte.
    Und überhaupt – Tortall kannte sie schon. Sie wollte in Gegenden, die sie nicht kannte, Gegenden, die auf den meisten Tortaller Karten fehlten – wie zum Beispiel die Gebiete südlich von Carthak oder das Dach der Welt und was dahinter lag. Wenn sie die zivilisierten Regionen erst einmal hinter sich gelassen hatte, würden bestimmt neue Aufgaben auf sie warten.
    Moonlight blieb stehen und warf nervös den Kopf hin und her. Inzwischen war es so neblig, dass Alanna den Weg unter den Hufen ihrer Stute nicht mehr erkennen konnte. Sie stieg ab und nahm die Zügel, um das Pferd zu führen, aber schon ein kleines Stück weiter blieb Moonlight mit schreckhaft angelegten Ohren stehen und rührte sich nicht mehr von der Stelle, sosehr Alanna sie auch drängen mochte. Sie war beunruhigt. Moonlight war ein vorsichtiges Tier, aber ängstlich war sie nicht. Wenn sie sich so aufführte, als ginge da irgendwas nicht mit rechten Dingen zu, hieß es aufpassen. Sie warf Trusty einen Blick zu. Ihr Kater saß ruhig und mit gespitzten Ohren in seinem Sattelkorb. Sie waren vom Nebel eingeschlossen, der sogar das Klirren des Geschirrs dämpfte.
    Jetzt spürte auch Alanna etwas Seltsames. Sie musste niesen. Der Glutstein, den sie am Hals trug, leuchtete hell und wurde warm auf ihrer Haut. Vor ihnen verwob und verflocht sich der Nebel, bis eine große Frau mit grünen Augen und schwarzem Haar daraus hervortauchte. Sie strahlte Zauberlicht um sich aus, der Nebel war ihr Gewand, auf dem Wassertröpfchen glitzerten.

    Alanna hatte diese Frau erst einmal gesehen. Damals hatte sie ihr den Glutstein geschenkt. Jetzt ließ sie die Zügel los, sank auf die Knie und senkte den Kopf. »Göttin«, flüsterte sie.
    »Wohin reitest du, meine Tochter?« Die Stimme der Unsterblichen war herrlich und schrecklich zugleich. Ein Widerhall von Wind und bellender Hundemeute lag darin. »Ist es nicht spät für einen Spazierritt?«
    »Ich konnte nicht schlafen, meine Mutter.«
    Eine kühle Hand legte sich unter Alannas Kinn und zwang sie, den Kopf zu heben. Sie erwiderte den Blick der Großen Muttergöttin, ohne mit der Wimper zu zucken, auch wenn sie am ganzen Körper bebte. »Du hast alles erreicht, was du wolltest, nicht wahr? Ein Schild ist dein, und zu Recht. Du hast deinen größten Feind erschlagen. Wonach strebst du nun, Alanna?«
    Alanna zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Ich habe das Gefühl, dass es etwas Wichtiges gibt, was ich tun müsste, aber ich habe keine Ahnung, was es ist. Ich lasse mich einfach treiben. So kam ich hierher, um die Karte übersetzen zu lassen. Vielleicht weist sie mir einen Weg – oder braucht Ihr mich für irgendetwas?«, erkundigte sie sich hoffnungsvoll.
    Die Göttin lächelte. »Ich plane nicht das Leben der Sterblichen, Alanna – das musst du schon selber tun. Halte dich an die Karte – der Weg, den sie dir weist, wird dir gefallen. Aber gebrauche deinen Verstand, während du reitest.« Sie hob Trusty hoch, der zu ihren Füßen gewartet hatte. »Und du? Wirst du dein ganzes Leben lang umherwandern?«
    Trusty hatte eigenartige, leise Geräusche gemacht und mit dem Schwanz gezuckt. Jetzt, da ihm die Muttergöttin Beachtung schenkte und ihn anlächelte, hörte er gar nicht mehr
auf. Alanna konnte sich anstrengen, sosehr sie wollte, sie verstand nicht, was er sagte.
    Schließlich setzte ihn die Göttin wieder auf den Boden. Ihre Umrisse verschwammen, verschmolzen mit dem Nebel. »Noch eine Weile, mein Freund«, sagte sie zum Kater. »Enttäusch mich nicht.« Trusty kehrte zu Alanna zurück, sie nahm ihn hoch und presste ihn an sich. Die Unsterbliche war jetzt nur noch ein Schatten, ihre Stimme klang wie aus der Ferne. »Was wird aus dir werden, Alanna?« Dann war sie verschwunden.
    Zum ersten Mal, seit Alanna Moonlight gesattelt hatte, sah sie sich nun um. Sie befand sich in einem Wald; es war ihr unbegreiflich. Auf diesem Weg war sie mit Coram nach Berat geritten. Am Morgen hatten sie den Wald gleich nach Tagesanbruch verlassen und waren auf Äcker und Wiesen gelangt. Wie war es möglich, dass sie jetzt, in ein paar wenigen Stunden, eine Strecke geritten war, für die man sonst einen ganzen Tag brauchte?
    Der Nebel war immer noch zu dicht, um gefahrlos zu reiten, und als sie einen

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