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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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ihre Freunde fortgingen, um eine Kleinigkeit zu essen und sich die Füße zu vertreten, setzte sie sich zu Jonathan. Es war drückend heiß im Zimmer, doch der Prinz zitterte. Schweiß lief ihm übers Gesicht. Alanna sah zu und sammelte ihre Kraft. Falls der Dunkelgott Jonathans Leben wollte, würde er dafür kämpfen müssen.
    Die Tür ging auf. Alanna sprang auf und verneigte sich tief, als der König und die Königin eintraten. Sie hatte Mitleid mit den beiden. Der König, der sonst immer lächelte, sah sorgenvoll aus. Um seinen Mund herum waren tiefe Linien eingegraben. Er hatte stützend einen Arm um seine Frau gelegt. Königin Lianne sank in den Stuhl, den Alanna
für sie herbeizog. Sie hatte sich noch immer nicht von ihrem eigenen Fieber erholt, und das Gewand schlotterte ihr um den Leib.
    »Alan von Trebond«, sagte der König, und seine tiefe Stimme klang, als zwinge er sich dazu, ruhig zu sprechen. »Wie geht es meinem Sohn?« Alanna schluckte nervös. »Den Umständen entsprechend gut, Majestät. Er hat fast den ganzen Tag geschlafen.«
    Liannes Stimme war leise, doch es lag ein leicht scharfer Ton darin. »Wie kannst du ihm helfen, wo du doch bloß ein kleiner Junge bist, egal, was Herzog Baird sagen mag?«
    »Eure Majestät – zumindest weiß ich, dass es nicht gut ist, die Luft mit Weihrauch zu verpesten und Jonathan mit Menschen, die ihn schon vorab betrauern, zu umgeben«, erklärte Alanna. »Außerdem hat er mich rufen lassen. Er vertraut mir und dabei weiß er nicht einmal, dass ich die Gabe habe.«
    »Bist du jemals ausgebildet worden?«, fragte König Roald.
    »Ich habe alles gelernt, was mir unsere Dorfheilerin beibringen konnte, Majestät. Ich kann heilen – und ich kann zaubern. Mein Bruder Thom ebenfalls, nur kann er außerdem noch die Gedanken der Leute lesen und manchmal in die Zukunft blicken. Das kann ich nicht.«
    »Warum hast du all das nicht gleich bei deiner Ankunft Herzog Gareth erzählt?«, wollte der König wissen. »Warum hat uns dein Vater nicht davon unterrichtet?«
    Sie scharrte mit dem Fuß. »Meine Mutter ist bei unserer Geburt gestorben. Auch sie hatte die Gabe. Mein Vater war zornig – er dachte, ihre Zauberkraft und seine eigene hätten sie retten müssen. Also sagte er, er wolle seine Gabe nie mehr benutzen – und wir sollten es mit unserer ebenso halten. Man durfte uns nicht einmal lehren, wie man sie benutzt.
Aber Maude, die Dorfheilerin, hat uns heimlich unterrichtet.« Alanna ließ den Kopf hängen. »Und was den Rest betrifft, so will ich ein Ritter werden. Irgendwie schien es mir unfair, meine Gabe zu benutzen. Es kam mir so vor, als kämpfte ich mit faulen Tricks.« Roald nickte verständnisvoll. »Aber Maude sagte, ich solle meine Gabe zum Heilen benutzen. Sie sagte, ich hätte mehr Heilkraft als die meisten anderen. Sie sagte, wenn ich nicht heilen würde, könne ich für die Toten, die ich als Ritter einmal zu verantworten hätte, niemals bezahlen. Ich habe nicht auf sie gehört.« Alannas Stimme war sehr leise. »Ich habe ihr nicht gehorcht, und einer meiner Freunde ist gestorben.«
    Der König legte ihr die Hand auf die Schulter. »Du hast getan, was du für richtig hieltest, Alan. Wir können nicht alle in die Zukunft sehen und wir können nicht wissen, was von uns verlangt wird.« Er rieb sich die Stirn. »Ich hätte auf Roger hören sollen«, sagte er eher zu sich selbst als zur Königin oder zu Alanna. »Wenn er jetzt hier wäre und euch Jungs unterrichten würde ...« Er atmete tief ein und sah wieder Alanna an. »Jonathan hat die Gabe. Er hat sie von mir – von der Conté-Linie. Wenn – sobald er wieder gesund ist, werde ich dafür sorgen, dass ihr eine ordentliche Ausbildung bekommt. Auch ich habe diesen Teil unseres Erbes ignoriert. Wie dein Vater dachte ich, unsere Zauberkraft verschwände, wenn man sie ignoriert.« Der König schüttelte den Kopf. »Ein Ritter muss all seine Fähigkeiten entwickeln, soweit er nur kann. Und das Böse geht oft Hand in Hand mit der Magie.«
    Alanna glaubte zu wissen, was der König damit sagen wollte. Hätte man ihr eine bessere Ausbildung ermöglicht, so hätte sie sich jetzt nicht so hilflos gefühlt. Sofern das Fieber
durch einen Zauber verursacht worden war, stürzte sie sich schlecht vorbereitet in den Kampf.
    Lianne fächelte sich Luft zu. »Es ist so heiß hier drinnen«, klagte sie.
    »Wir wollen, dass er das Fieber ausschwitzt, Majestät«, erklärte Alanna. »Es ist das Beste, wenn man es erst mal

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