Alanna - Das Lied der Loewin
Menschen ...«
»Hier waren auch viele«, versicherte ihm Alanna. »Myles hat sie hinausgeworfen.«
Der Prinz lächelte. »Das hätte ich gern gesehen.«
»So, und jetzt musst du schlafen«, sagte Alanna.
An Jonathans Blick konnte man ablesen, dass er eben im Begriff war, noch weitere Fragen zu stellen, also benutzte Alanna noch einmal ihre Zauberkraft. Sie strich Jonathan über die Schläfen und sah ihm tief in die Augen.
»Schlaf jetzt, Jonathan.«
Ihre raue, jungenhafte Stimme war seltsam zwingend. Myles ertappte sich dabei, wie er gähnte.
»Schlaf.« Jonathan kam es so vor, als ertränke er in Lila. Er schlief ein.
Coram kehrte mit Feuerholz beladen zurück. Timon kam mit den Decken und den anderen Dingen auf Alannas Liste. Sie schickte ihn noch einmal los, um Backsteine zu besorgen. Dann setzte sie sich vor das Feuer. Sorgsam braute sie aus Met, Honig, Kräutern und Zitronensaft einen Sirup gegen Jonathans Husten. Ihre Hand zitterte, während sie rührte. Myles bemerkte es und nahm ihr den Löffel ab.
»Was ist los mit dir?«, fragte er, während er rührte. »Du zitterst schon, seit du Jonathan zum Einschlafen brachtest.«
Sie setzte sich erschöpft nieder. »Herzog Baird hatte recht.« Sie nahm das Glas Wein entgegen, das ihr Coram einschenkte, und trank es leer. »Dieses Fieber – es erschöpft mich wie nichts anderes, was ich jemals verspürt habe.« Sie seufzte. »Myles? Könntet Ihr mit dem König und der Königin reden? Sie werden sich Sorgen machen ...«
Der Ritter übergab Coram den Löffel. »Du brauchst nichts weiter zu sagen«, erklärte er ihr. Er verließ den Raum, wobei er versuchte, sich sein struppiges Haar glatt zu streichen.
Coram beobachtete sie, während er weiterrührte. »Ich hoffe, du weißt, was du da tut?«
Alanna rieb sich den Kopf, der schon jetzt schmerzte. »Das hoffe ich auch.«
Als Timon die Backsteine brachte, erhitzte Coram sie im Feuer und wickelte sie in Tücher. Alanna packte sie um Jonathan herum ins Bett. Dann häufte sie mit Timon zusammen weitere Decken über den Prinzen. Schon nach kurzer Zeit begann Jonathan noch mehr zu schwitzen. Ein heftiger Husten schüttelte ihn. Alanna ließ den Sirup ein klein wenig abkühlen und flößte Jonathan etwas davon ein.
Alle zwei Stunden wechselten sie das schweißgetränkte Bettzeug und packten Jonathan in Decken und Tücher mit frisch angewärmten Backsteinen. Es war glühend heiß im Zimmer. Die Kleider klebten ihnen am Körper. Coram und Timon zogen ihre Hemden aus. Als Myles zurückkehrte, wurde er fast ohnmächtig von der Hitze.
»Herzog Baird ist bei der Königin«, erklärte er Alanna. »Er wird dafür sorgen, dass sie nicht die Nerven verliert und hier herkommt. Caynnhafen wurde von Piraten angegriffen. Seine Majestät ist im Kriegssaal und unabkömmlich. Sie müssen sich beide darauf verlassen, dass Herzog Baird weiß, was er sagt. Sie werden uns in Ruhe lassen.«
Alanna schaute sich um. Drei nass geschwitzte Männer – und nicht nur die, sondern alle im Palast – beobachteten sie und warteten, was sie wohl als Nächstes tun würde. Das jagte ihr ziemliche Angst ein. War es möglich, dass die Erwachsenen gar nicht so selbstsicher und stark waren, wie sie immer geglaubt hatte?
Aber sie hatte nun keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. »Timon! Sir Myles wird dich jetzt ablösen«, erklärte sie. »Du musst dich ausruhen und etwas essen.«
Timon gehorchte. Myles half nun mit, wenn sie mit
Coram zusammen Jonathan in frische Decken packte. Und Myles war es auch, der den Prinzen hielt, während ihm Alanna ihren Sirup einflößte. Als Timon zurückkehrte, befahl sie Coram sich auszuruhen. Am späten Nachmittag begann Jonathan das Zeug auszuhusten, das seine Lungen belegte. Als es dämmerte, schlief er ein, doch sein Fieber stieg noch immer. Alanna schickte die anderen fort, damit sie aßen und sich ausruhten, während sie bei ihrem Freund Wache hielt.
Herzog Baird warf einen kurzen Blick herein und verschwand wieder – es war sein dritter Besuch dieser Art, und er sagte nie etwas. Alanna nickte ihm nur zu. Sie hatte keine Energie mehr übrig für ein Gespräch. Myles kehrte mit einem Essenstablett zurück. »Iss!«, befahl er. »Und ich stelle in Jonathans Ankleidezimmer eine Liege auf. Jetzt bist du an der Reihe dich auszuruhen.«
Alanna wusste, dass er recht hatte. Sie aß, legte sich im Ankleidezimmer hin, schlief augenblicklich ein und erwachte erst wieder, als die Nacht anbrach. Während
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