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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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Seide raschelte, als sich die Höflinge setzten. Roger nahm zusammen mit Botschafter Mikal gleich hinter dem König und der Königin Platz.
    Am einen Ende der Halle zog Dain seine Stiefel aus, machte Dehnübungen und scherzte mit seinen Kameraden. Am anderen Ende stand schweigend Alanna. Sie beobachtete Dain und achtete nicht auf das Gerede ihrer Freunde. Der Tusainer war nicht nervös – gut für ihn. Sie würde ihn lehren, nervös zu werden. Sie übergab Myles ihren Kater, zog die Schuhe aus und streifte die braunen Fechthandschuhe über, die Timon ihr reichte. Sie war sich nicht bewusst, dass sie unbekümmert grinste und dass ein unbarmherziger Ausdruck in ihren violetten Augen lag. Jonathan betrachtete sie nachdenklich. Wenn er nicht so wütend auf Dain gewesen
wäre, hätte er Mitleid mit ihm gehabt. Er wusste, wozu Alanna fähig war, wenn man sie dazu zwang.
    Herzog Gareth trat zu ihnen. Er beugte sich zu Alanna hinunter, die gerade mit ihren Dehnübungen begann.
    »Denk daran: Bring ihn so weit, dass er müde wird, während du ihn einschätzt. Ich kenne diesen Typ. Er wird versuchen dich zu beleidigen und wütend zu machen. Lass es nicht zu – bleib gelassen. Du bist gut, Alan, aber der Beste bist du nicht.«
    Alanna grinste verschmitzt zu ihm empor. »Nein, Herr. Der Beste seid Ihr.«
    Herzog von Naxen schlug ihr leicht auf die Schulter.
    »Sei nicht so frech. Und nimm dich bloß in Acht!«
    Jonathan lächelte. »Kein Sorge, Onkel. Alan behält einen kühlen Kopf, wenn er kämpft.«
    Mikal lehnte sich zu Roger hinüber. Er gab sich keine Mühe leise zu sprechen. »Der Knappe hat Mut, aber das ist Wahnsinn. Dain ist gut – sehr gut. Und er kann sich nicht immer beherrschen. Ich fürchte, dieser Abend wird einen leidvollen Ausgang nehmen.«
    Mit gezogenen, nach unten gerichteten Schwertern traten Alanna und Dain in die Mitte der Kampffläche. Alanna nestelte nervös an dem Glutstein herum, der unter ihrem Hemd hing, und wünschte sich, sie möge ruhiger sein. Der König erhob sich. »Seid ihr bereit?«
    Beide verbeugten sich zu ihm gewandt und grüßten ihn mit ihren Waffen. Schnell verneigten sie sich auch voreinander, grüßten und machten ein paar Schritte, bis sie gerade um eine Schwertlänge voneinander entfernt standen.
    »Kreuzt eure Waffen!«, befahl der König. Alanna und Dain
gehorchten. »Ehrt die Gesetze des Rittertums und die Sitten eurer Länder. Beginnt!«
    Dain schwang sein Schwert, und seine Klinge traf mit einem hellen Ton auf der Alannas auf. Er presste sie nach unten und versuchte, ihre Waffe zu Boden zu zwingen. Alanna biss die Zähne zusammen. Ihre Armmuskeln schmerzten höllisch, doch sie hielt stand. Dains Augen wurden größer; dieser Knappe war viel stärker, als er aussah. Dain löste sich und umkreiste Alanna.
    »Bereite dich auf deinen Tod vor, Junge!«
    Alanna antwortete nicht. Es war üblich, den Gegner lauthals zu beleidigen und zu provozieren, aber das hatte sie schon immer für eine Verschwendung von Atemluft gehalten. Ihr war auch aufgefallen, dass ihr ungewohntes Schweigen den Gegner nervös machte. Stattdessen ließ sie Dain nicht aus den Augen und wartete auf eine Bewegung seines Oberkörpers, die seinen nächsten Hieb verraten würde.
    Er riss sein Schwert nach unten und stieß zu. Alanna schlug es beiseite und ließ ihre eigene Klinge geradewegs auf Dains Herz zuschnellen, war aber durchaus bereit einen Rückzieher zu machen, falls es nötig werden sollte. Dain trat rasch zurück, und auch Alanna machte einen Schritt nach hinten, bevor sie das Gleichgewicht verlor.
    »Ein kindischer Trick!«, höhnte Dain.
    Der König blinzelte Roger zu, der hinter ihm saß. »Dieser ›kindische Trick‹ hätte fast funktioniert«, murmelte er zu Botschafter Mikals sichtbarem Unbehagen.
    Dain umkreiste Alanna, redete und versuchte sie abzulenken, bis er ihre Schwachstelle gefunden hatte. Er machte rasend schnelle Ausfälle, wich wieder zurück und wartete darauf, dass es ihr ein einziges Mal misslingen möge, seinen
Schlag abzuwehren. Alanna parierte und wartete auf eine Gelegenheit ihm das Schwert aus der Hand zu schlagen. An einem Blutvergießen lag ihr nichts. Schweißtropfen liefen ihr über die Wangen und machten sie nervös – was war, wenn ihr ein Tropfen in die Augen geriet? Es war kein Trost für sie, dass Dains Hemd und sein Waffenrock auf der Brust und zwischen den Schulterblättern schweißgetränkt waren und dass er keuchend atmete. Alanna grinste insgeheim. Er

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