Alarm auf Burg Schreckenstein
auf, änderte seine Lage, schlief wieder ein und wachte abermals auf. Schließlich fiel ihm ein, es müsse am Durst liegen, daß er keine Ruhe fand. Im Dunkeln stand er auf, tastete nach seinen Turnschuhen und öffnete die Tür. Da hörte er ein Geräusch. Von den Angeln der Zimmertür kam es nicht, die hatte er selbst frisch eingefettet, dieses tiefe Quietschen kam von seinem Schrank. Er kannte es deshalb so genau, weil er die Ursache noch nicht gefunden hatte. Da sah er auch einen schmalen Lichtschein. Am Boden vor seinem offenen Schrank kauerte eine Gestalt und stöberte in den Taschen seiner Hosen und Jacken herum. Eigentlich hätte sie ihn bemerken müssen, war aber wohl zu beschäftigt. Stephan trat hinter sie und riß ihr mit sicherem Griff einen Arm auf den Rücken.
„Aua, loslassen!“ fauchte sie. Es war Beatrix.
„Du suchst wohl das Armband?“ fragte er und mußte innerlich lachen, baumelte es doch an der Hand, mit der er sie festhielt. Statt einer Antwort versuchte sie ihn zu beißen, verfehlte aber das Ziel. Ihr Atem roch nach Wein. Darum hatte sie ihn nicht gehört! „So und jetzt räumst du wieder schön alles ein“, flüsterte er und drehte ihr den Arm weiter nach oben, daß sie sich ganz von allein bückte. „Die Mühe hättest du dir sparen können. Das mit dem Armband besprechen wir morgen, wenn du wieder nüchtern bist.“
„Gemeiner Schuft!“ zischte sie.
„Du bist nicht fair“, antwortete er. „Wir sitzen doch im selben Boot. Wenn du rausspringst, hält uns das nur auf.“
„Ach Mensch, ihr hattet wieder eure geheimnisvolle Rittertour. Da weiß man nie, woran man ist.“
Im Schlafanzug, wie er war, führte er sie durch den Westflügel in den Nordflügel, wo die große Freitreppe in den Burghof hinunterführt. Willig und ohne einen Versuch, sich frei zu machen, ging sie mit.
Er fragte: „Wie bist du überhaupt reingekommen? Da ist doch nachts zu.“
„Es war offen“, antwortete Beatrix und gähnte. Stephan nickte. „Hier werden zur Zeit zu viele Streiche gemacht.“
Sie gähnte wieder und ließ sich mehr führen als abführen. Wie recht hatten doch die Ritter, wenn sie keinen Alkohol tranken! Für Streiche war der völlig unbrauchbar. Am Fuß der Treppe legte sie den Kopf auf seine Schulter und schlief sozusagen im Gehen.
Trotzdem blieb er vorsichtig, lockerte nicht den Griff, schon gar nicht im stockdunklen Durchgang zu den Sportanlagen, bog nach rechts ab durch den Prinzengarten und brachte sie bis zum Torbogen zu Mauersäges Hof.
„So“, sagte er, „und jetzt schlaf schön, damit du morgen bei Stimme bist.“
Mißklang nach dem Schlußakkord
Als die Tenöre und Bässe, der Organist und die beiden „Kompressoren“ pünktlich eine halbe Stunde vor Beginn der Trauungszeremonie, die knarrende Treppe zur Empore hinaufstiegen, wurden sie von Sopran, Alt und Chorleiterin bereits erwartet.
„Na, gut geschlafen?“ alberte Klaus.
„Danke“, sagte Ingrid. „In fürstlichen Fremdenzimmern.“ Stephan kam an Beatrix vorbei. „Grüß dich“, raunte er, doch sie gab ihm keine Antwort. Jeder stellte sich an seinen Platz, Strehlau schloß die Orgel auf, Mini-Ritter und Klein Kuno verschwanden dahinter, nur Ottokar und Stephan gingen zuerst zum Dirigentenpodium, wo sie Sonja begrüßten. Da ertönte ein seltsamer Akkord.
„He!“
Ritter und Mädchen drehten sich um. Strehlau prüfte seine Hände auf den Tasten, schlug einen neuen Akkord an, der noch falscher klang als der erste, und dann einen dritten. Der war nur noch Dissonanz. Mini-Ritter Eberhard kam hinter der Orgel hervor und fragte: „Was ist denn?“
„Ich verstehe das nicht“, murmelte Strehlau, ohne vom Manual aufzuschauen und probierte Fingerläufe. Bald verstand er. „Irgendwelche Vollidioten müssen die Pfeifen umgesteckt haben. Das C klingt Es, drücke ich E, kommt Gis und so weiter. „
„Bist du sicher?“ fragte Stephan.
„Anders ist das nicht zu erklären.“ Strehlau sah Stephan an und der den Musterschüler, schließlich sagte er: „Es gibt nur zwei Möglichkeiten.“
Stephan nickte. „Ja, du hast recht.“ Er verschwand hinter der Orgel und brachte nach Gepolter und unverständlichen Lauten, den Mini-Ritter und den kleinen Kuno im Polizeigriff nach vorn.
„Was wolltet ihr?“ herrschte er sie an.
„Einen Streich machen“, jammerte der Mini-Ritter.
„Immer macht ihr alles ohne uns.“
„Wenn wir die Orgel nicht rechtzeitig wieder in Ordnung bringen, ist die
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