Alarm in Sköldgatan
er sich nicht ganz im klaren, was man bei solchen Unternehmungen trug. Auf jeden Fall nicht einen der unauffälligen Konfektionsanzüge, die in seinem Schrank hingen. Schließlich fuhr er in die Wohnung seiner Eltern nach Kungsholmen und lieh sich von seinem jüngeren Bruder einen Anzug. Seine Mutter hatte zum Abendbrot Hacksteak zubereitet, und er blieb gleich zum Essen da. Bei Tisch gab er mit seinem gefahrvollen Leben als Detektiv an, erzählte einige völlig aus der Luft gegriffene Geschichten und brüstete sich vor seinen erstaunten und stolzen Eltern mit einem Vorfall, den Gunvald Larsson einmal erlebt hat.
Als er nach Abrahamsberg zurückkam, zog er sofort den Anzug an. Er fühlte sich etwas fremd darin, war aber sofort zufrieden, als er sich im Spiegel sah. Bestimmt besaß keiner seiner Kollegen bei der Polizei ein ähnliches Schmuckstück.
Die Jacke war lang und lag eng um die Hüfte; sie hatte schräg eingesetzte Taschen und einen großen Kragen. In die Hosen mußte er sich hineinzwängen; um die Oberschenkel saßen sie wie ein Trikot und wurden nach unten immer weiter. Wenn er sich bewegte, flatterten sie störend um die Fußgelenke. Der Anzug war aus hellblauem Manchestersamt, dazu gehörte ein grell orangefarbenes Oberhemd mit Polokragen.
Benny fühlte sich bis zur Unkenntlichkeit verkleidet, als er kurz nach zehn den Nachtklub betrat. Das Lokal befand sich in einem Keller (ehe er die Treppe hinuntergehen durfte, wurden ihm fünfunddreißig Kronen als Mitgliedsbeitag abgeknöpft) und bestand aus zwei großen Räumen und einem kleineren Raum. Es roch nach Zigarettenqualm und Körperausdünstungen. In dem einen der großen Räume wurde zu den ohrenbetäubenden Klängen einer Pop-Band getanzt, in dem anderen trank man Bier. Verständigen konnte man sich nur schreiend. Nur in dem kleineren Raum war es relativ ruhig. Er schien denjenigen vorbehalten zu sein, die am Tisch sitzen und etwas essen, eine Flasche Wein trinken oder einfach beim flackernden Kerzenschein Händchen halten wollten. Daß sich die Gäste hier drin so ruhig verhielten, war wahrscheinlich den Kerzen zuzuschreiben. Natürlich erstickten die Anwesenden beinahe aus Mangel an Sauerstoff.
Er drängte sich an die Bar, und nach einer Weile gelang es ihm, einen Humpen Bier zu ergattern. Mit dem Steinkrug in der Hand wanderte er umher und besah sich das Publikum. Viele Mädchen sahen aus, als ob sie vierzehn und keinen Tag älter seien, und er sah mindestens fünf männliche Gäste, welche die Fünfzig überschritten hatten, aber sonst lag das Durchschnittsalter zwischen fünfundzwanzig und dreißig.
Skacke beschloß, sich erst einmal anzuhören, worüber die Gäste sprachen, ehe er selbst eine Unterhaltung anfing. Er schob sich geschickt in die Nähe von vier Männern, die in einer Ecke standen. Den Gesichtern nach zu urteilen, war ihr Gesprächsthema ernster Natur, sie zogen die Stirn kraus, nippten nachdenklich an ihren Bleigläsern, hörten dem, der gerade sprach, aufmerksam zu und ergänzten seine Worte ab und zu mit vielsagenden Gesten. Skacke verstand kein Wort, ehe er direkt neben ihnen stand.
»Die weiß doch gar nicht, was eine Libido ist«, bemerkte einer von ihnen. »Eher würde ich schon Rita vorschlagen.«
»Die macht es nur allein«, sagte ein anderer. »Da ist Bebban schon besser.« Die anderen beiden brummten zustimmend.
»Also los«, sagte der erste. »Wir nehmen Bebban, dann haben wir wenigstens drei. Kommt, suchen wir sie.«
Die vier verschwanden zwischen den Tänzern. Benny Skacke blieb stehen und überlegte, was eine Libido wohl sein mochte. Er würde im Lexikon nachschlagen, wenn er zu Hause war.
Das Gedränge an der Theke hatte sich gelichtet, und es gelang Skacke, sich nach vorn durchzuboxen. Als der Barmann zu ihm kam, bestellte er ein Bier und fragte nebenher: »Hast du Berra Olofsson hier gesehen?«
Der Mann trocknete sich die Hände an seiner karierten Schürze ab und schüttelte den Kopf. »In den letzten Wochen nicht.«
»Ist von seinen Freunden einer da?«
»Weiß nicht. Ach ja, doch. Olle war vorhin hier.«
»Wo ist er denn jetzt?«
»Irgendwo wird er sein.« Der Mann ließ seinen Blick über die Menge gleiten. Er nickte einer Gruppe schräg hinter Skacke zu. »Da steht er ja.«
Skacke drehte sich um und sah mindestens fünfzehn Personen, die gemeint sein konnten.
»Wie sieht er denn aus?«
Der Mann hinter der Theke zog verwundert die Augenbrauen hoch. »Ich dachte, du kennst ihn. Da drüben steht
Weitere Kostenlose Bücher