Alarm in Sköldgatan
Vielleicht ist er da?«
Rönn schüttelte den Kopf. »Hat er Ihnen nicht gesagt, daß er verreisen wollte?« Bertil Olofssons Mutter hob abwehrend die Hände. »Nein. Wir sprechen nicht mehr oft miteinander. Ich weiß nie, was er vorhat oder wo er sich aufhält. Hier ist er zum Beispiel seit mehr als einem Jahr nicht gewesen, und da kam er auch nur, um sich Geld von mir zu leihen.«
»Hat er in der letzten Zeit auch nicht angerufen?«
»Nein. Nun waren wir allerdings drei Wochen in Spanien, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß er während der Zeit angerufen hat. Wir haben praktisch keine Verbindung.« Sie schluckte. »Mein Mann und ich haben schon lange die Hoffnung aufgegeben, daß Bertil zur Vernunft kommt. Bergauf wird's wohl kaum noch mit ihm gehen.«
Rönn schwieg eine Weile und blickte die Frau an. Ihre Züge hatten sich verhärtet.
»Kennen Sie jemanden, der vielleicht weiß, wo er sich befindet? Vielleicht ein Mädchen oder einen Freund oder so?«
Sie lachte kurz und hart. »Nein. Und ich bin froh, daß ich keine von denen kenne, mit denen er sich herumtreibt.«
Sie starrte in den leeren Kamin und blickte dann zu Rönn hoch.
»Ich will Ihnen eins sagen. Er war früher mal ein richtig netter Junge, aber er ist in schlechte Gesellschaft geraten. Er war immer leicht zu beeinflussen und wollte von mir, meinem Mann und seinem Bruder nichts mehr wissen, ja, er stellte sich praktisch gegen uns alle. Dann wurde er in die Jugendstrafanstalt eingewiesen, und da wurde es natürlich nicht besser. Dort lernte er die Gesellschaft noch mehr hassen, machte auch seine erste Bekanntschaft mit dem Rauschgift.«
Sie sah Rönn feindselig an. »Aber inzwischen ist es ja ganz normal, daß unsere Schulen und Anstalten die ersten Stufen zu Rauschgiftsucht und Kriminalität sind. Das, was Sie mit Fürsorge bezeichnen, ist in meinen Augen absolut sinnlos.«
Rönn stimmte ihr eigentlich zu, wußte aber nicht recht, was er sagen sollte.
»Ja«, meinte er schließlich. »So sieht es vielleicht aus.« Dann riß er sich zusammen und fuhr fort: »Es war nicht meine Absicht, hierherzukommen und Sie zu beunruhigen. Darf ich Sie nur noch eine Sache fragen?«
Sie nickte.
»Wie ist der Kontakt zwischen Ihren Söhnen? Treffen sie sich noch, oder stehen sie in Verbindung miteinander?«
»Jetzt nicht mehr. Gert ist Zahnarzt und hat eine eigene Praxis in Göteborg. Aber als er noch hier auf die Zahnärztliche Hochschule ging, gelang es ihm tatsächlich, Bertil zu überreden, zu ihm zu kommen und sich seine Zähne in Ordnung bringen zu lassen. Gert ist ein so netter und freundlicher Junge. Sie waren eine Zeitlang richtig gute Freunde. Aber dann ist irgendwas passiert, und danach haben sie sich nicht mehr getroffen. Ich glaube nicht, daß es einen Zweck hat, Gert zu fragen, denn jetzt weiß er auch nicht viel mehr über Bertil. Da bin ich ganz sicher.«
»Wissen Sie, aus welchem Anlaß sich die beiden entzweiten?«
»Nein«, sagte sie abweisend. »Ich habe keine Ahnung. Irgendwas ist geschehen. Irgendwas passiert ja dauernd mit Bertil, nicht wahr?«
Sie sah Rönn starr an.
Der hüstelte umständlich. Vielleicht war es Zeit, das Gespräch zu beenden? Rönn stand auf und streckte die Hand aus. »Vielen Dank für Ihre Hilfe, Frau Lundberg.«
Sie gab ihm die Hand, sagte aber nichts. Er nahm seine Visitenkarte heraus und legte sie auf die Tischkante.
»Wenn Sie etwas von ihm hören, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mich anrufen würden.«
Sie sagte immer noch nichts, aber sie begleitete ihn hinaus und öffnete die Haustür.
»Auf Wiedersehen«, sagte Rönn.
Als er den halben Weg zum Gartenzaun zurückgelegt hatte, drehte er sich um und sah sie aufrecht und regungslos in der Türöffnung stehen und ihm nachblicken. Sie sah jetzt bedeutend älter aus als vorhin, als er gekommen war.
17
Das Bild von Bertil Olofsson war deutlicher geworden, allerdings nur ein wenig. Man wußte, daß er mit gestohlenen Autos gehandelt hatte, die er wahrscheinlich umlackierte und mit neuen Schildern versah, ehe er sie verkaufte. Man nahm auch an, daß er Rauschgift verkaufte. Er war kein großer Händler sondern gehörte mit ziemlicher Sicherheit zu der Gruppe von Rauschgiftsüchtigen, die den Stoff verkaufen, um ihren eigenen Bedarf zu finanzieren. Keines dieser Ergebnisse war besonders sensationell. Da Olofsson der Polizei seit Jahren bekannt war, wußte man schon so ungefähr, womit er sich beschäftigte. Das, was Malm eventuell hätte verraten
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