Alarm in Sköldgatan
umlackierten blauen Prefect 51, der seit 1964 nicht zugelassen gewesen war, erinnern konnten. Niemand hatte sich gemeldet. Was übrigens ganz natürlich war, wenn man bedenkt, daß sich das Land langsam, aber sicher in einen riesigen Autofriedhof verwandelt, in dem die verbeulten alten Kisten im Leichentuch aus giftigen Abgasen ihrer Nachfolger ausruhen.
Mänsson legte die Berichte beiseite, verließ sein Arbeitszimmer und bald danach auch das Polizeigebäude. Mit hängendem Kopf schlurfte er über den Davidhallstorg zum Systembolaget, dem staatseigenen Spirituosengeschäft. Er dachte an seine Wasserleiche.
Mänsson war sowohl verheiratet als auch Junggeselle. Vor zehn Jahren, nachdem ihre Tochter einen südamerikanischen Ingenieur geheiratet hatte und nach Ekuador gezogen war, waren seine Frau und er sich gegenseitig auf die Nerven gefallen. Er hatte sich eine Junggesellenwohnung in der Regementsgatan in der Nähe des Fridhemstorg gesucht, und dort wohnte er die meiste Zeit. Aber jeden Freitagabend fuhr er nach Hause zu seiner Frau, und dort blieb er bis Montagmorgen. Das war eine sehr kluge Lösung, fand Mänsson. Alle Gereiztheit war verschwunden, und in der zweiten Hälfte der Woche freuten sich beide auf das gemeinsame Eheleben am Wochenende. Mänsson saß gern in seinem alten verschlissenen Sessel und trank einige Schnäpse, bevor er sich hinlegte. So auch an diesem Montagabend.
Der Montagabend war ein anderer Höhepunkt der Woche. Einerseits hatte er genug von seiner Frau und die angenehme Aussicht vor sich, daß er sie bis zum Freitag nicht zu treffen brauchte, obwohl ihm klar war, daß er sich schon am Donnerstag auf sie freuen würde; andererseits hatte er an den letzten drei Tagen nicht mal zum Essen ein Glas Bier bekommen. Alkohol gab es im Haushalt seiner Frau nicht mehr.
Er mischte seinen dritten Gripenberger und dachte an seine Wasserleiche. Der Gripenberger besteht aus zirka acht Zentiliter Gin, einer drittel Flasche Grapetonic und kleingehacktem Eis. Ein finnischer Kavallerieoffizier, der, wie man sich denken kann, Gripenberg hieß, hatte ihm gleich nach dem Krieg in Villmanstrand diese Mischung empfohlen. Damals war Grapetonic noch ein exklusives Getränk, und seit der Zeit war er bei diesem Rezept geblieben. Mänsson hatte schon viele Verbrechen mit aufgeklärt, aber in seinem Erfahrungsschatz gab es nichts, was ihm in diesem Fall weiterhalf. Daß es sich um einen kaltblütigen Mord handelte, war klar. Außerdem hatte der Mörder eine Waffe benutzt, die ebenso einfach wie wirksam war, keinerlei Aufsehen erregte und der Polizei so gut wie keine Hinweise gab. Runde Steine gibt es überall, und der Besitz eines schwarzen Herrenstrumpfs ist völlig unverdächtig.
Der Mann im Auto war mit einem einzigen Schlag getötet worden, dann hatte der Mörder die Leiche in ein altes, schrottreifes Auto befördert und das Fahrzeug ins Wasser versenkt.
Demnächst würden sie irgendwann herausfinden, wer der Mann war. Aber er hatte das unbehagliche Gefühl, daß der Verbrecher sich deswegen kaum Sorgen zu machen brauchte.
Der Fall schien ungeahnte Schwierigkeiten zu bringen. Mänsson machte sich darauf gefaßt, daß es sehr lange dauern würde, ehe sie ihn aufklären konnten. Wenn das überhaupt möglich war.
22
Doris Märtensson kam am Sonnabend, dem 20. April, nach Hause.
Jetzt, am Montagmorgen um 8 Uhr, stand sie vor dem großen Spiegel im Schlafzimmer, bewunderte ihre Sonnenbräune und freute sich auf die neidischen Blicke ihrer Kolleginnen. Sie hatte einen häßlichen Bluterguß auf dem rechten Oberschenkel und zwei weitere auf der linken Brust. Während sie den Büstenhalter zuhakte, überlegte sie, daß es wohl besser sei, diese Stellen in der nächsten Woche oder besser noch in den nächsten zehn Tagen nicht zu zeigen, um neugierigen Fragen aus dem Weg zu gehen.
Es klingelte an der Tür. Sie zog das Kleid über, schlüpfte in die weißen Pantoffeln, ging hin und machte auf. Die ganze Breite der Tür wurde von einem riesigen blonden Kerl in Tweedhosen und kurzer offener Sportjacke eingenommen. Er starrte sie mit dunkelblauen Augen an und fragte: »Wie war es in Griechenland?«
»Wunderbar!«
»Wissen Sie, daß die Militärjunta Tausende von politischen Häftlingen in den Gefängnissen verfaulen läßt und daß täglich Menschen zu Tode gefoltert werden? Daß man Frauen an eisernen Haken aufhängt und ihnen mit elektrischen Stahlklammern die Brustwarzen abtrennt?«
»Daran denkt man doch nicht,
Weitere Kostenlose Bücher